Nachdem es Mayra und ihrem Freund Djuma am Ende des ersten Bandes gelang, eine große Katastrophe abzuwenden und den König Terrestras zu stürzen, ist der Planet nun ohne politisches Oberhaupt. Was den Beginn einer Demokratie und einen Neuanfang für alle Menschen auf Terrestra bedeuten könnte, wird – natürlich – nicht von allen begrüßt. Wo es um Macht geht, sind Intrigen nicht weit. Diese Erfahrung bleibt auch Djuma bzw. Prinz Ragnar nicht erspart. Während er sich einem gespaltenen Volk und einem Kontrahenten, der über Leichen gehen würde, gegenübersieht, muss Mayra ihren ganz eigenen Weg gehen. Ihre Mutter holt sie kurzerhand nach Unionia zurück. Auf ihrem Heimatplaneten angekommen, wird Mayra gegen ihren Willen ins Lampenlicht gerückt, um von dem Leben auf Terrestra und ihren neuen, magischen Fähigkeiten zu sprechen. Schnell wird Mayra dabei zum Spielball unterschiedlicher Akteure: ganz vorne dabei natürlich die Medien, die nach Aufmerksamkeit und Schlagzeilen gieren, aber auch Einzelpersonen, die Mayras Gunst gewinnen möchten, um eigene Ziele zu erreichen. So fechten Mayra und Djuma Lichtjahre voneinander getrennt jeweils eigene Kämpfe aus, immer gewillt, das Richtige zu tun und doch weitestgehend machtlos …

Vier Jahre sind seit meiner Lektüre von Marita Grimkes Jugendroman „Mayra und der Prinz von Terrestra“ vergangen und so war ich gespannt, wie mir die Rückkehr auf die Planeten Terrestra und Unionia nach so langer Zeit gefallen würde. Einerseits freute ich mich, da ich den ersten Band der Terrestra-Saga in guter Erinnerung hatte, andererseits lese ich heute anders als vor vier Jahren – das könnte auch zu Enttäuschungen führen. In der Tat war es am Ende so, dass ich „Mayra und das Geheimnis der Magie“ gern gelesen habe, aber mir das ein oder andere stärker auffiel, als dies früher das Fall gewesen wäre.

Zu Beginn fürchtete ich beispielsweise, dass die Beziehung von Mayra und Djuma zu sehr in den Vordergrund geraten könnte. Auf den ersten Seiten erwartet die Lesenden nämlich ein glückliches Pärchen mit den üblichen Symptomen der frischen Verliebtheit. Das währt jedoch nicht lange und Marita Grimke konzentriert sich schnell auf die eigentliche Geschichte um die politische Situation auf Terrestra und innerhalb der Föderation der Planeten. Besonders gern verfolgt habe ich dabei die Ereignisse um die Wahl von Terrestras künftigem Regenten. Marita Grimke schildert beispielsweise, wie die Wahl organisiert wurde, um die überwiegend analphabetischen Bewohnerinnen und Bewohner abstimmen zu lassen. Sie greift aber auch die Spaltung der Bevölkerung auf, die durch gravierende Veränderungen entsteht und die durchaus Parallelen zur aktuellen Debatte um die EU bzw. den Brexit aufweist: Da sind jene, die in dem Bündnis die Chance auf bessere Lebensbedingungen sehen, aber auch andere, die zu viel Fremdbestimmung, eventuelle Ausbeutung und den Verlust ihrer Jobs befürchten. Gerne hätte ich hierüber noch mehr in „Mayra und das Geheimnis der Magie gelesen“ – ebenso wie über die Kranken auf Unionia. Auf dem hochtechnologisierten Unionia geht es um das Funktionieren. Wer eine nach außen sichtbare Erkrankung hat, darf zwar noch auf Unterstützung und Akzeptanz hoffen. Bei einer psychischen Störung oder einer nicht offensichtlichen Krankheit, wird jedoch stigmatisiert und die Betroffenen werden sich selbst überlassen. Wer nicht arbeiten kann, ist in den Augen der Föderation nutzlos. In Zeiten, in denen wir über ein bedingungsloses Grundeinkommen und eine Neudefinition des Wertes von Arbeit diskutieren, greift Marita Grimke damit brandaktuelle Fragestellungen auf, die hoffentlich im dritten Band weiterverfolgt werden.

Eine weitere Stärke des Buches liegt in dem Einbezug der Familie. Ich bin immer irritiert, in wie vielen Jugendbüchern Eltern, Geschwister und Großeltern keinerlei Rolle spielen und die jugendlichen Hauptfiguren alles durchstehen, ohne während der 300 bis 500 Seiten auch nur einmal Familienmitglieder zu sehen. In „Mayra und das Geheimnis der Magie“ haben die Eltern und Großeltern deutlich mehr Auftritte und zum Teil tragende Rollen. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf der Beziehung zwischen Mayra und ihrer Mutter, die nicht gerade von Harmonie geprägt ist.

Es gibt jedoch auch Dinge, die mir beim Lesen Bauchschmerzen bereiteten. So ist Mayra im zweiten Band immer wieder sehr naiv und fällt zu leicht auf Personen rein, die aus dem Nichts heraus als Unterstützer und Wohltäter auftreten. Zudem lässt Mayra sich erstaunlich viel gefallen. Hat sie im ersten Band Djuma gegenüber durchaus Kritik geäußert und ihn mit Fehlverhalten konfrontiert, nimmt sie es nun immer wieder leichtfertig hin, dass Djuma bei jedem Kontakt zu einem anderen Jungen eifersüchtig wird und sie wie sein Eigentum behandelt. Bei einem Buch, das sich an Personen richtet, die gerade selbst erste Erfahrungen in Sache Liebe und Beziehungen sammeln, finde ich es problematisch, ein solches Verhalten nahezu unkommentiert stehen zu lassen. Hier hätte ich mir eine klare Positionierung Mayras gewünscht.

Auch Mayras Freundschaft zu Fredi habe ich in diesem Band kritischer gesehen, da sie mir sehr einseitig erscheint. Fredi tut alles für Mayra und ist immer für sie da. Selbst nachdem Mayra seine Gefühle verletzt hat, widmet er seine ganze Zeit ihren Problemen. Er recherchiert pausenlos und hackt sich in die Regierungsserver, um Mayra und Djuma zu helfen. Und Mayra? Die meldet sich im Prinzip nur bei Fredi, um sich auszuweinen, ihre Sorgen zu teilen und Hilfe zu erbeten. Immer geht es nur um sie. Was sich in Fredis Leben tut oder was Mayra – auch als Dank – für ihren besten Freund tun kann, scheint nicht wirklich von Interesse zu sein.

Darüber hinaus kann sich „Mayra und das Geheimnis der Magie“ leider auch nicht von den üblichen Schwächen vieler Fantasyromane und Science Fiction für Jugendliche freisprechen: Manche Wendungen – insbesondere was zwischenmenschliche Beziehungen angeht – vollziehen sich zu stark in zu kurzer Zeit und etliche Probleme lassen sich zu leicht lösen. Insbesondere dass Fredi in der Lage ist, sich in sämtliche Regierungssysteme zu hacken, erscheint zu unrealistisch und simpel. Auch nimmt dies den Ereignissen auf Dauer die Brisanz, da deutlich wird, dass alle Probleme schon rechtzeitig beseitigt werden.

Fazit:

Der zweite Band der Terrestra-Saga konzentriert sich auf die politischen Umwälzungen. Es geht um Macht, Gier in allen erdenklichen Formen, Ränkespielchen, Manipulation und den Missbrauch einer guten Sache für eigene Ziele – zeitlose Themen, die gelegentlich durchaus Parallelen zu konkreten Ereignissen der Gegenwart aufweisen. Als Jugendbuch lässt sich all das leicht lesen und ist gut miteinander verknüpft. Dennoch ist „Mayra und das Geheimnis der Magie“ nicht frei von Schwachstellen. Insbesondere das Verhalten der beiden Protagonisten empfand ich gelegentlich als problematisch.

Marita Grimke: „Mayra und das Geheimnis der Magie“ (Terrestra-Saga Band 2), CreateSpace Independent Publishing Platform 2018, ISBN: 978-1724717498/ ASIN: B07J3BXPV9