Inhaltswarnungen / Content Notes
- Depressionen
- Suizid(versuche)
- Trauer
- Tierquälerei
Zwischen all dem muss Frankie sich noch mit der Liebe, mit Waschbären und „Hollywood“ auseinandersetzen. „Und dann muss ich ja auch noch in der Sonne liegen und in den Himmel schauen.“ (S. 80f.)
Liest man den Klappentext und die ersten Seiten von Jochen Gutschs und Maxim Leos Roman entsteht schnell der Eindruck, es handele sich bei „Frankie“ um eine Geschichte über Depression und wie sehr ein Tier Trost, Halt, Kraft und Lebensmut schenken kann.
Von diesem Gedanken müssen sich Lesende aber schnell verabschieden. In „Frankie“ geht es zwar durchaus auch um Depression, um Suizidgedanken und um Trauerbewältigung. Aber all das wird nur gelegentlich angesprochen – und dann auch nur oberflächlich und mitunter stereotyp. So interessant ich den Ansatz finde, Depressionen aus der Perspektive eines Tieres zu schildern, hätte ich mir einen sensibleren Umgang mit der Thematik und mehr Respekt gegenüber Betroffenen gewünscht. Wenn bspw. Gold immer wieder den Begriff „Klapse“ verwendet, trägt das absolut nicht dazu bei, dass die Erkrankung ernst genommen wird.
Blendet man diese Aspekte aus, so ist „Frankie“ in erster Linie die Slice-of-Life-Story eines Streunerkaters. Die Freundschaft zwischen Gold und Frankie rückt immer wieder in den Hintergrund und wir verfolgen in erster Linie, wie ein Kater die Welt um sich herum erlebt und interpretiert: von den sinnlichen Eindrücken der Natur über das Miteinander mit anderen Tieren bis hin zu den Eigenheiten und Absurditäten, die das Leben der Menschen prägen.
Das alles ist locker, leicht und in dem Frankie eigenen unverblümten Tonfall geschrieben. Als Streunerkater redet er immer frei raus, sagt, was er denkt und meint, was er sagt. An Konsequenzen denkt er nicht oder erst zu spät und in ungewohnten Situationen agiert der Kater durchaus naiv.
Wer selbst mit Katzen lebt oder gelebt hat, wird so manches wiedererkennen, nachvollziehen und amüsant finden. Ich persönlich konnte die Lektüre von „Frankie“ – wann immer ich die missratene Auseinandersetzung mit Depressionen ausblendete – sehr genießen und habe es geliebt, die Welt aus Katerperspektive zu entdecken. Frankie und seine (tierischen) Freunde sind mir ans Herz gewachsen und in so mancher Szene hat mein Katzenhalterinnen-Herz gelitten. Als Katzen-Roman war „Frankie“ für mich demnach eine unterhaltsame Feel-Good-Lektüre, die ich momentan wirklich brauchte und auch ein zweites Mal lesen würde. Ob Menschen an dem Buch gefallen finden, die gar keinen Bezug zu Katzen haben, bezweifle ich allerdings.
Daneben hatte ich beim Lesen immer wieder der Eindruck, dass der Roman mit Ausblick auf eine Verfilmung entstand. Die ganze Dramaturgie und die starken inhaltlichen Reduktionen erinnern sehr an den Aufbau eines Filmes. Das Buch könnte theoretisch also leicht 1:1 und ohne Kürzungen oder Umschreiben von Szenen adaptiert werden.
Fazit:
„Frankie“ ist ein gelungener, unterhaltsamer Slice-of-Life-Roman eines Katers. Wer Katzen mag, wird sich in Frankies Welt schnell wohlfühlen. Für die Auseinandersetzung mit Depressionen und Suizidgedanken hätte ich mir von Jochen Gutsch und Maxim Leo jedoch mehr Sensibilität und Respekt gewünscht – man kann eine Erkrankung durchaus ernst nehmen und sich der Thematisierung dennoch mit Humor nähern.
Jochen Gutsch und Maxim Leo: „Frankie“, Penguin Verlag 2023, ISBN: 978-3-328-60183-8
Geplauder