Nachdem ich euch Anke Höhl-Kaysers „Ronar“ vorgestellt habe, wollte ich die Autorin einmal selbst zu Wort kommen lassen. In dem folgenden Interview könnt ihr euch nun ein genaueres Bild von der „Ronar“-Schöpferin und ihrem Fantasy-Roman machen:

Bereits 1984 kam Dir die erste Idee zu „Ronar“, bis zur Veröffentlichung sollten aber noch 25 Jahren vergehen. Wie kam es dazu? Was hat den Ausschlag gegeben, Ronars Geschichte nach so langer Zeit doch noch zum Leben zu erwecken?

Autorin zu sein war mein größter Wunsch seit Kinderzeiten. Doch im Laufe meines Studiums der Literaturwissenschaften habe ich mich gegen eine Schriftstellerkarriere entschieden – sie schien mir zu „entrückt“, zu unrealistisch, und der Erfolg zu unwahrscheinlich. Deshalb habe ich die damals entstandenen Manuskripte ruhen lassen. Aus dem Kopf gegangen ist mir der Wunsch, als Schriftstellerin tätig zu sein, jedoch nie. Und 2008 bin ich dann einfach durchgestartet und habe mich entschlossen, Ronar endlich das Licht der Welt erblicken zu lassen. Er war sozusagen mein erstes literarisches Kind. Ich finde, es wäre schade gewesen, ihn in seiner Schublade verstauben zu lassen.

Was inspirierte Dich zu der Geschichte um das Findelkind? Wo hast Du Dir Anregungen für die einzelnen Charaktere und Ronars Welt geholt?

Ronar hat einige Wesenszüge seiner Schöpferin abbekommen. Er ist ein Träumer, ein Außenseiter, hineingesetzt in eine Welt, die seiner Andersartigkeit nur durch Unverständnis und Grobheiten begegnen kann. Ronars Einsamkeit ist unfreiwillig, er sucht nach Lebewesen, die so sind wie er und bei denen er sich aufgehoben fühlen kann. Ronars magische Welt habe ich auf endlosen einsamen Waldspaziergängen mit meinem damaligen Hund erträumt – Geheimnisse unter dem Mondlicht, zauberhafte, freundliche Wesen in morgendlichen Nebelschleiern. Eine Welt, in die ich mich immer wieder gern zurückziehe und die sich auch in meiner Lyrik immer wiederfindet – eine kleine Flucht, sozusagen.

Gibt es bestimmte Autoren oder Bücher, die Dich in deinem Leben oder speziell im Arbeitsprozess zu „Ronar“ geprägt haben?

Im Hinblick auf Ronar hat mich besonders Otfried Preußlers „Krabat“ sehr geprägt. Preußlers bildhaften, genial einfachen und dennoch so aussagestarken Stil kann ich nur bewundern. Ich liebe alle Preußler-Bücher, bin damit aufgewachsen, aber der „Krabat“ hat es mir ganz besonders angetan. Ich habe ihn wieder und wieder gelesen. Meiner Meinung nach ist „Krabat“ das beste Fantasy-Jugendbuch aller Zeiten, nicht zuletzt deshalb, weil Preußler mittels Zugrundelegung einer sorbischen Volkssage eine solide Basis für seine Geschichte geschaffen hat. Aber auch J.R.R.Tolkiens „Herr der Ringe“ hat mich beeinflusst, speziell in der Darstellung des Volkes der Elthen.

„Ronar“ hebt sich stark von den gegenwärtigen Trenderscheinungen im Fantasy-Genre ab. Gegen den Strom zu schwimmen birgt Unsicherheiten und Risiken. Was hat Dich bewogen, sich nicht dem Mainstream anzuschließen?

Ich wollte nie – schon damals nicht, als ich in Jugendjahren den Traum hegte, Autorin zu werden – etwas schreiben, das ausschließlich auf Publikumswirksamkeit ausgerichtet ist. Es ist mir wichtig, meine eigene Aussage in meinen Büchern nicht verbiegen zu müssen, um allgemein gängige Vorlieben und Klischees zu bedienen. Natürlich möchte ich wie jeder Autor auch von vielen Menschen gelesen werden, andererseits habe ich jedoch den Wunsch, dass meine Bücher kein Konsumgut sind, die – gerade ausgelesen – schon zur Seite gelegt und vergessen werden. Ich wünsche mir für meine Leser, dass meine Bücher nachhaltig wirken, zum Nachdenken anregen und im Gedächtnis bleiben. Was aber auch bedeutet, dass es keine Trendbücher sind.

Welches Wesen oder welcher Teil der Welt fiel Dir besonders leicht oder schwer zu kreieren? Verbindest du mit einem Moment oder Charakter eventuell sogar etwas Bestimmtes?

Mein ganz besonderer Liebling ist der Elthenherrscher Athanian. Er ist eine idealisierte Vaterfigur, liebevoll und klug, geheimnisvoll und magisch. Er scheint allmächtig, was ihn zu einem idealen Beschützer macht. Gleichzeitig kommt er aber immer wieder in Situationen, in denen Ronar ihm helfen und ihn retten muss, wodurch seine Verletzlichkeit sichtbar wird.

Die Fortsetzung zu „Ronar“ ist bereits erschienen. Sind weitere Teile geplant?

Ja. Ronar ist als Trilogie gedacht. Ich habe vor vierzehn Tagen den dritten Teil, das große Finale, fertiggestellt, er befindet sich gerade im Lektorat. Damit soll dann eigentlich Schluss sein mit Ronar – wenn meine Kinder mich denn lassen.

Worauf dürfen sich Deine Leser in der nächsten Zeit freuen?

In den nächsten Tagen erscheint die von Manu Wirtz herausgegebene Anthologie „Krimis mit Fell und Schnauze“ (ISBN 978-3-842-37050-0) unter Mitwirkung acht verschiedener Autoren. Ich habe dazu den Kurz-Tierkrimi Das Fenster zum Garagenhof beigetragen. Alle beteiligten Autoren haben auf ihr Honorar verzichtet, der Erlös geht an die „Tiertafel Deutschland“.

Der dritte Teil von Ronar, mit dem Titel Ronar – Die drei Ähren wird voraussichtlich im Herbst diesen Jahres herauskommen.

Demnächst wird auf meiner HP www.hoehl-kayser.de ein Live-Mitschnitt meiner Lesung aus Ronar im Unperfekthaus in Essen am 2.7. zu sehen sein.

Ich habe soeben ein Projekt fertiggestellt, in dem ich die Krebserkrankung, Operation und Bestrahlung unseres Berner Sennenhundes Baloo schildere – eine Art Behandlungstagebuch nicht aus rein medizinischer, sondern aus Sicht des Hundebesitzers – ich begebe mich damit also auf ganz anderes Terrain. Der Erscheinungstermin ist allerdings noch ungewiss.

Außerdem schreibe ich gerade an einer Fantasy-Geschichte für Mädchen. Dieses Buch habe ich meiner Tochter versprochen, die sich nicht mehr mit den ständig männlichen Hauptfiguren bei Ronar abfinden konnte.

Für die interessanten Antworten und vor allem die gute Zusammenarbeit möchte ich mich an dieser Stelle noch einmal herzlichst bei Anke Höhl-Kayser bedanken! Für „Ronar“ und die weitere schriftstellerische Karriere wünsche ich alles erdenklich Gute!