Als ich nach vier Jahren am verregneten Samstag wieder die Glashalle der Leipziger Buchmesse betrat und die Cosplays der Manga-Comic-Con sah, fühlte es sich an, als käme ich nach langer Reise wieder nach Hause. Trotz all der Menschenmassen, der stickigen Luft und dem beständigen Hintergrundrauschen fühlte ich mich sofort wieder wohl und bekam gute Laune. Die Frankfurter Buchmesse ist zwar größer, angebotsreicher und hat die deutlich besseren Gastland-Auftritte, aber die LBM und MCC sind down to earth, entspannter und fühlen sich für mich an wie ein großes Literaturfestival im überdimensionierten Wohnzimmer.

Außerdem heißt Leipzig immer: Wiedersehen mit liebgewonnenen Menschen wie Steffi von Miss Booleana oder Sindy. So war ich an meinem einzigen Messetag fast nie allein unterwegs, entdeckte Stände, Bücher und Comics, die ich sonst übersehen hätte, und konnte mich direkt über gemeinsam besuchte Stände und Programmpunkte austauschen.

Allzu viel Programm nahm ich während der LBM24 und MCC24 allerdings nicht wahr – nicht nur, weil ich lieber mit Sindy und Steffi durch die Hallen streifte, sondern auch weil ich das Messeprogramm dieses Mal wenig abwechslungsreich fand: Young Adult, New Adult sowie die alljährlichen Bestseller-Autor*innen dominierten das Programm. So gab es nur wenige Veranstaltungen, die mein Interesse weckten – und natürlich fanden diese parallel statt.

Meinen ersten Programmpunkt hatte ich daher auch erst zur Mittagszeit: Zusammen mit Steffi lauschte ich dem Literarischen Zuschauer*innen-Quartett. Die drei Gast-Kritiker*innen sprachen mit Thea Dorn (was für eine großartige, souveräne und sympathische Moderatorin!) über Nathan Hills „Wellness“, Diane Olivers „Nachbarn“ und Bodo Kirchhoffs „Seit er sein Leben mit einem Tier teilt“. Ein sehr angenehmes Format abseits elitärer, versnobter und selbstgefälliger Literaturkritik, das wirklich Lust auf die besprochenen Titel macht – aber viel zu schnell vorbei war. Auf die Kurzgeschichten von Diane Oliver wurde ich während des Quartetts so neugierig, dass das Buch direkt in meinen Messebeutel wanderte.

Nachdem Steffis und meine Wege sich für kurze Zeit trennten, wollte ich zur Lesung aus „Kikis kleiner Lieferservice“. Das Event mit Kiki-Synchronsprecher*in Oska Melina Borcherding war allerdings so voll, dass ich nur noch einen der hintersten Stehplätze bekam und leider gar nichts hören konnte. Also zog ich weiter, aber gönnte mir natürlich noch die literarische Vorlage zum gleichnamigen Ghibli-Film.

Nach ein paar Touren durch die Messehallen – und diversen Buchkäufen – besuchte ich den letzten Programmpunkt auf meiner Merkliste. MDR-Journalistin Katrin Schumacher stellte ihren ersten Roman „Liste der gebliebenen Dinge“ vor. Tatsächlich hätte ich gerne mehr Passagen aus dem Roman gehört und auch mehr über die Geschichte erfahren, bspw. wie das angekündigte Schaurig-Mysteriöse mit dem Nature Writing und der Liebesgeschichte verwebt ist. Der gewählte Auszug aus dem Buch gab zwar einen guten Eindruck von Katrin Schumachers sehr an den Sinnen orientierten Erzählstil, der Gerüche und Geschmäcker fast erlebbar macht, aber verriet nichts über die Geschichte. Auch das mit der Lesung verbundene Gespräch drehte sich eher um Katrin Schumachers Arbeit und das Schreiben an sich. So wurde der Roman für mich noch nicht greifbar genug, um ihn zu kaufen. Auf die Merkliste ist „Liste der gebliebenen Dinge“ dank des sinnlichen Erzählens und des Klappentextes aber gewandert.

Ansonsten bestand mein Tag aus vielem Laufen und Stöbern, wunderbaren Entdeckungen, dem Genießen des Messeflairs und etlichen Heißgetränken. Sehr angenehm fand ich, dass der Comic- und Manga-Bereich nicht mehr komplett in Halle 1 gequetscht wurde, sondern sich auch in Halle 3 entfalten durfte. Das hat für eine deutliche Entzerrung der Publikumsmassen gesorgt und machte ein zügiges Vorankommen in allen Hallen möglich. In den letzten 10 Jahren war dieser LBM-Besuch der erste, bei dem ich mich sicher fühlte und mich nicht verängstigt fragte, ob wir im Falle einer Massenpanik oder eines Notfalls unverseht aus den Hallen kommen. Das Messe-Team hat also definitiv aus den Vorjahren gelernt.

Sehr positiv fiel auch der Stand des KATAPULT-Magazins auf – zuerst wegen seiner starken und sehr präsenten Botschaft, danach wegen seiner Inhalte.

Enttäuschend waren dagegen die Leere in der Glashalle sowie der Gastland-Auftritt der Niederlande und von Flandern, der viel zu klein, unscheinbar, einfallslos, monoton und absolut charakterlos gestaltet war.

Fazit:

Auch wenn das Programm und der Gastland-Auftritt der LBM24/MCC24 für mich eine Enttäuschung waren und ich das Gefühl hatte, nicht einmal die Hälfte der Messe gesehen zu haben, war es ein schönes Gefühl, wieder hier zu sein, wieder Teil dieses Lesefestes zu sein und die weit verbreitete Liebe zu Büchern, Comics und Mangas so gebündelt zu spüren.

Leipzig, wir sehen uns nächstes Jahr!