Woran denkt ihr bei dem Wort „Poesie“? An sprachliche Schönheit? An leise, magisch anmutende Zwischentöne in Büchern? Oder vielleicht doch nur an die Poesie-Alben aus unserer Kindheit? Und vor allem: Welche Rolle spielt Poesie eigentlich in eurem Alltag? Keine oder nur eine geringe? Dann geht es euch wie wohl den meisten Menschen. Genau deshalb rief die UNESCO im Jahr 2000 erstmals den Welttag der Poesie aus. Anlässlich des diesjährigen Welttages der Poesie lud Viking Österreich mich ein, die Vielfalt und Schönheit der Sprache zu feiern – und stellte mich damit vor die Frage, was Poesie eigentlich für mich bedeutet.

Was ist Poesie und wozu ein World Poetry Day?

Natürlich ist mir Poesie nicht fremd. Gerade wir Buchblogger*innen beschreiben Bücher gelegentlich als „poetisch“, wenn eine Geschichte nicht nur Action und Drama, sondern durch eine ruhige, aber eindrucksvolle Erzählweise, ein Gefühl der Leichtigkeit und eine schöne Sprache überzeugt und wenn sie es schafft, den Zauber (alltäglicher) Augenblicke einzufangen.

Originär bedeutet Poesie „Dichtkunst“ und ist der Oberbegriff für alle Formen der drei literarischen Gattungen Epik, Dramatik und Lyrik. Heute wird Poesie jedoch vorrangig synonym zur Lyrik verwendet und umfasst damit zum Beispiel Balladen und Lieder. Waren lyrische Texte früher in schriftlicher und insbesondere auch mündlicher Form gang und gäbe. Heute lesen wir dagegen eher Romane. Seit 2000 wird daher, auf Initiative der UNESCO, jedes Jahr am 21. März der World Poetry Day begangen, um Lyrik wieder stärker ins Bewusstsein der Menschen zu rücken und die Vielfalt von Sprache zu zelebrieren. Dabei geht es nicht nur darum, Texte zu lesen oder zu hören, sondern auch darum, seine Gedanken selbst festzuhalten. Schreiben hilft uns, Ideen zu präzisieren, zu strukturieren und Klarheit zu schaffen, kann aber auch eine Art „reinigende“ Wirkung haben, wenn unser Gedankenkarussell mal wieder nicht aufhört, sich zu drehen. Wie genau Schriftsprache und Wohlbefinden zusammenhängen und wie sich das Schreiben überhaupt entwickelte, könnt ihr auf dem Blog von Viking nachlesen.

Lyrik im Alltag

Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so scheinen mag, ist unser Alltag ist gar nicht so „unpoetisch“ und Lyrik begegnet uns öfter, als wir meinen: Dank Poetry Slams feiern lyrische Texte eine Art Renaissance und es gibt wohl kaum jemanden, der/ die nicht hin und wieder auf einen Songtext stößt, der berührt oder einfach das momentane Lebensgefühl auszudrücken scheint.

Ich gehöre zu jenen, denen der Text eines Liedes besonders wichtig ist. Zu Musik ohne Text finde ich selten Zugang und ein Song kann auf musikalischer Ebene noch so überzeugend sein, nervt mich aber, wenn der Inhalt flach ist. Ein gutes Lied erzählt mir eine Geschichte und kann mich in wenigen Zeilen in ein komplett anderes Leben eintauchen lassen – oder ein Spiegel meines eigenen Lebens sein. Die Musik von Clueso wird beispielsweise für mich immer der Sound meiner Jahre in Erfurt bleiben (auch wenn ich mit den neueren Titeln weniger anfangen kann). Ich muss nur ein paar Takte, eine Zeile hören und bin sofort zurück am Anger, auf der Krämerbrücke und auf dem Petersberg. Unter allen Liedern ist dabei „Barfuß“ jenes, das auch mein Leben am besten auf den Punkt bringt.

Back to the roots mit Hero und Leander

Manchmal können Lieder aber auch dazu führen, dass man sich über den Text hinaus mit den darin aufgegriffenen Themen und Motiven beschäftigt – und dadurch zum Beispiel bei einer griechischen Sage landet, die im Laufe der Jahrtausende mehrfach neu erzählt wurde.

Im letzten Jahr lief bei mir in Dauerschleife das Live-Album des Musicaldarstellers Aaron Tveit (u. a. „Catch Me If You Can“, „Moulin Rouge“, „Next to Normal“, „Wicked“, Enjolras in der Verfilmung von „Les Misérables“). Auf diesem Album findet sich auch ein Cover von Adam Guettels „Hero and Leander“. Je öfter ich dieses Lied hörte, desto aufmerksamer lauschte ich und irgendwann wollte ich mehr über Hero und Leander erfahren.

Wie die meisten Liebesgeschichten ist auch die von Hero und Leander tragisch: Jeden Abend schwimmt Leander durch das Meer, um die Nacht mit seiner geliebten Hero zu verbringen, die auf der gegenüberliegenden Seite der Meerenge wohnt. Eine Kerze leuchtet ihm dabei den Weg – bis ihr Licht eines Nachts erlöscht und Leander in den Fluten ertrinkt. Konfrontiert mit seinem Tod nimmt Hero sich das Leben.

Die Handlung kommt euch vertraut vor? Natürlich: Die Ballade „Es waren zwei Königskinder“ basiert auf der griechischen Sage. Doch auch andere haben sich der Geschichte angenommen, weshalb ich mir bereits im vergangenen Jahr vornahm, verschiedene Interpretationen zu lesen. Den Auftakt machte im Herbst die Version von Musaios, die ich sehr genossen habe, weil sie von Marion Giebel hervorragend übersetzt wurde und eine gelungene Mischung aus Unterhaltung und Dramatik bietet.

Darüber hinaus besorgte ich mir die Balladen von Friedrich Schiller, Lord Alfred Tennyson und Christoper Marlowe – die ich jedoch bis heute nicht gelesen habe, da zunächst mit #TeamDickens und #Dostopie zwei andere, große Blogprojekte dazwischenkamen.

Viking Österreich und der Welttag der Poesie haben mir Hero und Leander nun wieder ins Gedächtnis gerufen und so wird es auf Phantásienreisen bald einen Rückblick auf die verschiedenen Auseinandersetzungen mit der griechischen Sage geben.

Wie denkt ihr über Poesie? Gibt es ein Gedicht, ein Lied, mit dem ihr etwas Besonderes verbindet?

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Viking Österreich stellte mir im Rahmen des World Poetry Day Stifte, Papier und andere Materialien zur Verfügung, um meine Lieblingssätze in Szene zu setzen. Ich habe für den Beitrag jedoch kein Geld erhalten und den Artikel gänzlich allein und unabhängig geschrieben.