Zu meinen letzten Lektüren gehörten Geschichten von Poe und Fitzgerald, was mich unweigerlich zu der Frage führte, ob man ohne schlechtes Gewissen Werke von Autoren lesen kann, deren Handeln und Denken den eigenen Moral- und Wertvorstellungen widersprechen.
Ist es okay, Geschichten eines Autors zu lesen, dem wie F. Scott Fitzgerald Antisemitismus unterstellt wird oder der wie Poe Sklaverei befürwortete? Kann man guten Gewissens Kinderbücher von Autoren wie Lewis Carroll oder James Matthew Barrie lesen, denen immer wieder der Vorwurf der Pädophilie gemacht wird?
Ich befinde mich im Zwiespalt. Denke ich zurück an die Diskussion um Sybille Lewitscharoff, die in vitro gezeugte Kinder abfällig als Halbwesen betitelte, so muss ich sagen, dass Lewitscharoff mit ihrer Rede dafür sorgte, dass ich nie eines ihrer Bücher lesen werde. Doch wenn ich in mein eigenes Bücherregal schaue, muss ich gestehen, dass dort mit Poe, Barrie und Carroll nicht nur Autoren vertreten sind, die aus ethischer Sicht fragwürdig sind, sondern deren Geschichten auch zu meinen Lieblingsbüchern zählen. Ist das verwerflich?
Natürlich könnte man anführen, dass die Ansichten Poes und Fitzgeralds für die damalige Zeit nichts Ungewöhnliches waren, dass ihre Einstellungen durch ihre jeweilige Sozialisation bewirkt wurden, schließlich war Sklaverei zu Poes Zeiten etwas Selbstverständliches und Judenfeindlichkeit zur Zeit Fitzgeralds auf einem historischen Höhepunkt. Doch ist das keine Entschuldigung, denn – wie uns schon unsere Eltern und Großeltern lehrten – jeder hat einen eigenen Kopf zum Denken, jeder kann und soll sich eine eigene Meinung bilden. Was indes Carroll und Barrie betrifft, so wurde der Pädophilie-Verdacht in keinem Fall nachgewiesen und alles beruht auf Spekulationen. Auch Carrolls Fotos von jungen, leichtbekleideten Mädchen lassen sich nicht als Beweis betrachten, da derartige Fotos zur damaligen Zeit nichts Verwerfliches waren, sondern ziemlich gewöhnlich und von den Eltern gestattet. Zudem müsste man dann auch so manchem heutigen Comic- und Trickfilmzeichner Pädophilie vorwerfen, werden doch kleine Mädchen und weibliche Jugendliche selbst in Serien für Kinder nicht selten ziemlich sexualisiert dargestellt (vgl. hierzu auch einen Beitrag in der Fachzeitschrift „TV Diskurs“).
Wie also umgehen mit den Werken von diesen und anderen Autoren, deren Ethik man eigentlich kritisiert?
Normalerweise lese ich Bücher ohne mich vorher über die Autoren zu informieren. In der Regel beschäftige ich mich mit Autoren nur dann näher, wenn ich mehrere ihrer Werke gelesen habe, eines ihrer Bücher einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen hat oder ich mit dem Autor in Kontakt stehe/stand. Vermutlich geht es vielen anderen Lesern ähnlich – zumindest diejenigen, die nur gelegentlich zu Büchern greifen, werden dies wohl ohne Hintergrundwissen zum jeweiligen Autor tun. In diesem Fall kann man den Leser kaum für seine Lektüre kritisieren. Doch wenn man nun weiß, dass der Autor beispielsweise rassistisch ist? Sollte man dessen Bücher dann entsorgen, auch wenn sie – wie im Fall von Poe, Fitzgerald, Carroll und Barrie – literarische Klassiker sind? Oder erachtet man ihre moralischen Werte als der damaligen Zeit geschuldet, akzeptiert dies und genießt ihre grandiosen Geschichten? Die genannten Autoren haben zu ihrer Zeit mit ihren Geschichten die Literatur nachhaltig beeinflusst, zum Teil gänzlich Neues präsentiert. Poes fiktive Figur C. Auguste Dupin („Der Doppelmord in der Rue Morge“, „Der entwendete Brief“, „Das Geheimnis der Marie Rogêt“) gilt beispielsweise als erster Detektiv der Literatur und hat spätere Detektivgeschichten wie jene um Sherlock Holmes maßgeblich beeinflusst. Liest man die Bücher also ausschließlich um ihrer Geschichten wegen und schätzt ihren literarischen Wert – losgelöst von dem Hintergrund des Autors? Oder entscheidet man sich als Leser aufgrund der eigenen ethischen Prinzipien gegen die Lektüre?
Ich selbst habe für mich entschieden, Poe & Co. nicht aus dem Regal zu verbannen, da ich 1) keine Details über die Autoren kannte, als ich mich erstmals ihren Werken widmete und 2) zu sehr schätze, was diese geschrieben haben. Allerdings werde ich wohl nie (bewusst) zu Büchern heutiger Autoren greifen, deren Ansichten und Handeln meinen Werten widersprechen. Ob das so richtig ist? Ich weiß es nicht, vermutlich gibt es auch nicht DIE einzig wahre Lösung.
Doch wie sieht dies bei euch aus? Wie geht ihr mit Büchern von Autoren um, deren Ansichten oder Taten nicht mit euren eigenen Ansichten vereinbar sind? Ethik oder Geschichte – was ist für euch entscheidend?
Eine wirklich gute Frage (auf die ich auch keine definitive Antwort habe, aber jetzt wieder ein paar neue Denkanstöße bekommen habe!).
Ich freu mich, dass ich dir damit ein paar Anregungen geben konnte. Falls du dich später noch in irgendeiner Art näher mit dem Thema auseinandersetzen solltest, wäre ich neugierig auf deine Gedanken.
Vielen Dank für diesen anregenden Beitrag!
Die Frage stellte ich mir kürzlich selbst einmal und kam dann zu dem Schluss, dass ich differenzieren sollte zwischen Autor und Künstler oder aber, ich werfe einen kritischen Blick auf das Werk und setze es in Bezug zum Autor. Letzteres finde ich ohnehin viel spannender, denn a) liefert es Rückschlüsse auf die Persönlichkeitsentwicklung (so sich denn im Werk überhaupt etwas von den Moralvorstellungen widerspiegelt) und b) gibt es Aufschluss über den jeweiligen Stand der kulturellen Entwicklung. Diese Aspekte finde ich äußerst wichtig und sehr interessant, vielleicht auch, weil ich Geschichte studiere. Generell sollte man ja immer kritisch mit dem Erfahrenen umgehen und reflektieren. Nichts sollte man einfach so hinnehmen, von daher sehe ich kein Problem darin, etwas zu lesen und für gut zu befinden, auch wenn die Person von zweifelhaftem Ruf ist.
Nehmen wir aktuelle Skandalträger, dann merkt man, dass Menschen sich auch gerade für so etwas „begeistern“ können und dann oftmals enttäuscht sind, dass vieles von dem im Vorfeld propagierten nur Schall und Rauch ist oder keinen literarischen, wissenschaftlichen, politischen Wert hat.
Mal davon ab gibt es ja auch kunstphilosophische Theorien, die eine wirklich strikte Trennung zwischen Kunstwerk und Künstler ziehen. Das Kunstwerk steht allein für sich und hat aus sich selbst heraus seinen Wert, der Künstler fungiert nur als Übertragungsmittel, um es zu materialisieren.
Ich werde es also auch zukünftig so handhaben, dass ich Werke an sich betrachte und für mich überprüfe, ob ich in ihnen einen Wert entdecken kann. Ein Werk (in der heutigen Zeit!), das dazu aufruft diverse Minderheiten zu diskriminieren und auszugrenzen wird keinen Bestand für mich haben. Aber ich kann nicht ausschließen, dass mir mal ein Buch gefallen wird, in dem nichts davon angesprochen wird, aber sein Verfasser genau das denkt. Die Meinung dieser Person würde ich verurteilen, aber wenn er ein Werk (ob Kunst, Musik oder Buch) geschaffen hat, das von seiner Meinung unabhängig von literarischem Wert ist.. nun, dann würde ich es eventuell auch als wertvoll betrachten.
Kein Interesse habe ich hingegen an Büchern von Menschen wie Sarrazin oder Pirincci, die in ihnen ihre dubiosen Meinungen breittreten. Nein Danke!
Liebe Buchmacherin,
kein Grund, sich für den Beitrag zu bedanken! Mich hat dieses Thema seit ca. zwei Wochen beschäftigt und das Niederschreiben gab mir die Möglichkeit, meine Gedanken dazu endlich einmal zu sammeln, mir selbst Klarheit darüber zu verschaffen, wie ich damit umgehen möchte und zu erfahren, wie andere das handhaben.
ich freue mich aber zu sehen, dass es den meisten ähnlich wie mir geht und die Trennung von Autor und Werk bzw. die Entscheidung von Fall zu Fall durchaus legitim oder sogar angebracht ist.
Du hast noch zwei Punkte angesprochen, die ich für wichtig halte, nämlich die Fragen danach, aus welchem Grund man ein Buch liest und inwieweit sich das Weltbild des Autors in seinem Werk widerspiegelt. Wie du, würde ich zum Beispiel nie Bücher von Sarrazin lesen, der in seinen Werken seine Wertvorstellungen regelrecht propagiert. Im Gegenteil, ich halte es sogar für bedenklich, diese Bücher sozusagen „einfach so“ zu lesen. Allerdings spricht nichts dagegen, zu diesen Büchern zu greifen, wenn man herausfinden möchte, warum bspw. Sarrazin so denkt, wie er denkt, und wie er seine Ansichten darlegt bzw. welche rhetorischen Strategien er anwendet, um andere von seinen Ansichten zu überzeugen, wenn man sich dem ganzen also eher analytisch nähert.
Die von dir angesprochene kunstphilosophische Theorie, dass der Autor sozusagen nur eine „Vermittlerfunktion“ erfüllt, finde ich interessant und sie war mir bislang unbekannt. Im Alltag ist es ja meistens tatsächlich so, dass man bei der Rezeption eines Buches, Filmes o.ä. nur das Werk für sich allein stehen lässt und man die Hintergründe (insbesondere des Autors/Künstlers) außen vor lässt.
Diese Frage habe ich auch immer wieder angeregt diskutiert, zuletzt als ich ein Referat über Ernst Jünger gehalten habe. Ich finde die Frage danach, ob sich Werk und Autor getrennt voneinander betrachten lassen, immer wieder spannend. Zuletzt las ich einen Artikel in der ZEIT über das neue Album des Musikers Beck, der Mitglied von Scientology ist. Der Journalist warf die Frage auf, ob man sich losgelöst dessen an der Musik erfreuen darf.
Ich habe keine klare Antwort auf diese Frage, ich glaube sowieso, dass sich diese Frage nur von Fall zu Fall entscheiden lässt. Ich tendiere aber dazu, Bücher als Bücher zu lesen, losgelöst von dem, der sie geschrieben hat und losgelöst davon, was dieser für eine Meinung oder Haltung vertritt.
Liebe Grüße
Mara
Liebe Mara,
schön, zu sehen, dass auch dich die Frage beschäftigt – und du trotz mehrere Diskussionen zu keiner klaren Antwort gefunden hast. Wie sind denn deine Erfahrungen aus den Diskussionen mit anderen? Ich kann mir vorstellen, dass sich im Austausch mit anderen noch ganz neue Perspektiven eröffnen und Argumente angeführt werden, an die man womöglich selbst nicht dachte.
Grundsätzlich stimm ich dir zu: Man sollte seine Leseentscheidung allein von dem jeweiligen Buch abhängig machen bzw. von Fall zu Fall entscheiden. Ich weiß allerdings nicht, ob ich unvoreingenommen an ein Buch herangehen könnte, wenn ich wüsste, dass die Ansichten des Autors im Widerspruch zu meinen eigenen stehen.
Oh weh, was für eine schwere Frage. Ich glaube, wenn ich nichts über den Autor weiß, dann kann ich das Buch losgelöst betrachten und lesen, aber es ginge mir auch so: wenn ich über einen Autor wüsste, dass seine Einstellungen meinen Wertevorstellungen widersprechen, würde ich seine Bücher nicht kaufen, auch, weil ich davon ausgehe, dass sie mir nicht gefallen werden. Natürlich kann man jetzt sagen, dass das im Fall von Poe und Fitzgerald nicht zutrifft, aber… ja, hier wird es richtig schwierig. Wie Mara denke ich, dass man das wohl nur von Fall zu Fall entscheiden kann. Merkwürdigerweise wäre es mir bei zeitgenössischen Autoren deutlich wichtiger, dass ihre und meine grundsätzlichen Wertevorstellungen kompatibel sind.
Liebe Grüße
Mareike
Hallo Mareike,
mir geht es wie dir: Gegenüber zeitgenössischen Autoren wäre/bin ich deutlich strenger, da ich einfach nicht nachvollziehen kann, dass es noch immer Menschen gibt, die andere aufgrund ihrer Herkunft, ihres Aussehens o.ä. beurteilen bzw. abwerten. So ganz glücklich bin ich allerdings nicht darüber, mit zweierlei Maß zu messen. Doch vermutlich muss man wohl, wie von Mara und Buchmacherin angesprochen, Autor und Werk getrennt betrachten und von Fall zu Fall entscheiden. Sicherlich spielt auch eine Rolle, inwieweit sich die Weltanschauung der Autoren in den Büchern wiederfindet und aus welchen Gründen man als Leser zu diesen Büchern greift.
Hat dies auf booksandmore81 rebloggt und kommentierte:
Wer sich beim Lesen auch Ethikfragen stellt, für den ist dieser Artikel interessant für den Meinungsaustausch…
Sehr interessanter Artikel :-) Ich versuche mich meistens über die Werke an den jeweiligen Autor heranzutasten. Wenn ich nämlich den umgekehrten Weg einschlage und erst Informationen über den Autor einhole (die mir dann evtl. nicht gefallen) kann es sein, dass ich interessante Geschichten verpasse, nur weil ich zuerst über die Person urteile, anstatt mir in Ruhe das ein oder andere von ihm/ ihr zu Gemüte zu führen.
Bis jetzt hatte ich allerdings noch keine grundlegenden Probleme mit den Einstellungen diverser Autoren bzw. anderer Leute.
Das ist es eben: Man würde sicher oft etwas verpassen, wenn man sich wegen der Ansichten des Autors den Büchern verweigert. Ein Mensch kann ja trotzdem großartig schreiben und spannende Geschichten kreieren, in denen seine Meinungen vielleicht nicht einmal wiederzufinden sind. Wenn ich nun – wie bei Sybille Lewitscharoff – weiß, wie der Autor/ die Autorin denkt, kann ich vermutlich nicht unvoreingenommen an ein Werk herangehen.
Danke auch fürs Rebloggen :)
Liebe Grüße nach Wales!
Ein toller Artikel! Wo hast du das mit Fitzgerald gelesen? Davon wusste ich bisher nichts. Ginge es allerdings danach,dürfte auch niemand mehr Disneyfilme sehen, auch Walt Disney war ein ziemlicher Antisemit. Ich denke nicht, dass man Werke deshalb grundsätzlich aus dem Regal verbannen sollte, gerade bei Autoren wie Carroll oder Barrie, wo man nichts Genaues weiß. Ich beschäftige mich eigentlich ganz gern mit den Menschen hinter den Büchern und wenn sie – für mich – fragwürdige Positionen vertreten, behalte ich das im Hinterkopf, reflektiere vor diesem Hintergrund vielleicht auch das ein oder andere im Text. Denn ich glaube nicht, dass man ein Kunstwerk völlig von seinem Erschaffer trennen kann. Irgendetwas von ihm fließt immer hinein, nicht zuletzt seine Sprache. Ich glaube aber, dass ein Buch oder auch Filme und Musik nicht automatisch dadurch an Wert verlieren, dass sie von jemandem gemacht worden sind, der krude Ansichten hatte. Das finde ich beispielsweise in der Lewitscharoff-Debatte bedauerlich. Ich habe „Blumenberg“ noch im Regal und ich gedenke nicht, es jetzt dem Altpapier zu überantworten, bloß weil die Frau offenbar seltsame Vorstellungen hat. Man darf es beim Lesen und Nachdenken darüber nicht völlig vergessen, aber es sollte die Lektüre auch nicht ständig überlagern.
LG, Sophie
Hallo Sophie,
vielen Dank für dein Lob und deine Gedanken!
Du hast natürlich recht, dass ein Buch dadurch nicht automatisch an Wert verliert – sicher würde einem auch vieles entgehen, wenn man seine Lektüreauswahl nur von den Autoren abhängig macht. Ich kann auch verstehen, dass du trotz allem „Blumenberg“ lesen möchtest. Ich selbst könnte allerdings nun, da ich ihre Ansichten kenne, wohl nicht mehr objektiv an eines ihrer Bücher herangehen – müsste ich jetzt etwas von ihr lesen und beurteilen, fände ich das auch der Autorin gegenüber nicht fair. Ich ziehe meinen Hut vor jedem, der noch unvoreingenommen an ihre Bücher herangehen und so allein die Bücher auf sich wirken lassen kann. Ich bin daher gespannt, wie dein Urteil zu „Blumenberg“ ausfallen wird!
Was Fitzgerald betrifft: In einem Artikel des Guardian hatte ich gelesen, dass Geschichten von Fitzgerald nun erstmals unzensiert veröffentlicht werden und sich darin auch antisemitische Äußerungen finden. Hier ist natürlich fraglich, ob dies seine Ansichten sind oder sie eher als Spiegel der damaligen Gesellschaft zu sehen sind. Ich hatte daher noch etwas weiter im Internet gestöbert und bin dabei öfters auf Kritik an der Figur des Meyer Wolfsheim aus „The Great Gatsby“ gestoßen – Fitzgerald wird in diesem Zusammenhang vorgeworfen, dass Meyer Wolfsheim als Jude zu stereotyp und negativ dargestellt wird. DIe Literaturprofessorin Sarah Churchwell sieht darin Antisemitismus, betont jedoch, dass sich Fitzgeralds Ansichten im Laufe der Jahre änderten (z.B. Chat auf http://www.theguardian.com/books/booksblog/2013/may/27/live-webchat-sarah-churchill-fitzgerald-gatsby).
Liebe Grüße und einen schönen Sonntag wünscht dir
Kathrin
Liebe Kathrin,
wow, ein klasse Artikel am Sonntagmorgen :) !
Zuerst einmal finde ich deinen Gedanken wichtig, dass man viele Dinge in seiner Zeit sehen muss. Würde mancher dieser Autoren vielleicht ganz anderer Meinung sein, wenn er, wie wir, die Dinge von heute aus in geschichtlichem Zusammenhang betrachten könnte? Keine Entschuldigung dafür die Dinge vielleicht nicht hinterfragt zu haben. Gerade geistigen Größen würde man ein wenig Nachdenken doch zutrauen. Leider kann man niemanden von ihnen mehr fragen.
Im Großen und Ganzen tendiere ich wie Mara aber dazu Bücher eben der Bücher wegen zu lesen. Wird mir eine Überzeugung, der ich definitiv selbst nicht bin, dabei nicht die ganze Zeit um die Ohren geworfen, kann man das in den meisten Fällen, denke ich, sogar recht gut.
Manchmal ist es aber vielleicht auch wichtig Bücher zu lesen, in denen Meinungen vertreten werden, die der eigenen absolut widersprechen. Und wenn es nur dazu dient aufzustehen und in einem Artikel zu sagen „So geht es nicht!“, damit sich eben nicht nur literarisches Lob, sondern auch inhaltliche Kritik verbreitet.
Eine Unterscheidung zwischen verstorbenen, klassischen Autoren und zeitgenössischen, lebenden Schriftstellern finde ich insofern wichtig, als dass ich ersteren mit meinem Buchkauf kaum mehr einen Gefallen tue. Derjenige hat bereits ein Lebenswerk erschaffen und ist auch ohne mein Zutun berühmt geworden. Bei letzterem könnte ich zumindest mein eigenes Gewissen beruhigen indem ich sage „so, meine 19,95 € hast du nicht gekriegt!“.
Aber, und das ist letztlich vielleicht gar nicht so unwichtig, wie viele Bücher von denen, die wir so lesen, wurden von Menschen geschrieben, die perfide, unmoralische o.ä. Ansichten haben, von denen wir einfach nichts wissen?
Ich wünsche dir einen schönen Lesesonntag und komme jetzt öfter hier vorbei :) !
Danke für dein Lob! Und natürlich freu ich mich auch, dich als Abonnentin begrüßen zu dürfen! Das gibt mir gleich neuen Ansporn, mir wieder mehr Zeit zum Bloggen zu nehmen (ich schreibe momentan meine Masterarbeit, weshalb das Bloggen leider viel zu kurz kommt).
Ich danke dir auch für deine Gedanken zum Thema! Du hast mehrere interessante Punkte angesprochen. Vor allem der Aspekt mit dem Geld hat auch mich in den letzten Tagen stark beschäftigt: Ich denke, wenn ich nun das Buch eines zeitgenössischen, ethisch fragwürdigen Autoren kaufe, würde ich ihn (bzw. sie) unterstützen, einen kleinen Teil zu seinem Erfolg beitragen. Damit würde ich mich nicht wohlfühlen.
Ich gebe dir allerdings auch recht, dass man das ein oder andere Buch vielleicht gerade wegen seines fragwürdigen Autors/ seiner Autorin oder kritischer Inhalte lesen sollte (bei zeitgenössischen Autoren kann man ja auf ein Leihexemplar zurückgreifen, um ein schlechtes Gewissen bezüglich des Geldes zu vermeiden). Grundsätzlich denke ich, dass man etwas selbst gelesen/ gesehen haben sollte, bevor man es kritisiert. Ich habe bspw. auch schon einen Teil von „Twilight“ gesehen und „Feuchtgebiete“ angelesen, weil ich mich fragte, was andere daran fasziniert und mir einen eigenen Eindruck verschaffen wollte, bevor ich es verurteile. Ähnlich sieht es sicher auch bei Büchern aus, deren Autor eine fragwürdige Moral hat. Sicherlich muss nicht jeder diese Bücher lesen, aber es sollte unbedingt einen öffentlichen Diskurs darüber und insbesondere eine kritische Auseinandersetzung geben.
Wie du stelle ich mir zudem die Frage: Würden die Autoren von damals heute anders denken? Irgendwie glaube ich: Ja (zumindest hoffe ich es). Letzlich ist auch keine Gesellschaft durchweg lobenswert – wer weiß, wie in 100 Jahren über „unsere“ Zeit und Ansichten diskutiert wird, was dann möglicherweise kritisiert wird, aber für uns selbstverständlich ist?
Liebe Grüße aus dem endlich wieder sonnigen Thüringen und einen noch entspannten Sonntag wünsche ich dir!