Es ist Cassias 17. Geburtstag. Es ist der Tag ihres Paarungsbanketts. Der Tag, der den Beginn eines neuen Lebens markieren soll …

In einem wunderschönen eisgrünen Kleid fahren die hübsche Cassia, ihr bester Freund Xander und ihre Familien zum Paarungsbankett. An diesem Abend sollen die 17-jährigen erfahren, wen sie in vier Jahren heiraten werden. Als schließlich Cassia in der Stadthalle aufgerufen wird, passiert etwas außergewöhnliches: Ihr zukünftiger Partner stellt sich als niemand anderer als Xander heraus. Für beide scheint dieses Ergebnis perfekt – kennen und vertrauen sie doch einander wie niemand anderem.

Doch als Cassia sich am nächsten Tag den Microchip mit Xanders Daten ansehen soll, verschwindet dessen Foto so schnell wieder vom Bildschirm, wie es gekommen war. Stattdessen erscheint ein neues Gesicht auf dem Terminal: Das ihres guten Freundes Ky.

Cassia ist verunsichert: War es nur ein Fehler oder ist Ky womöglich doch der bessere Partner? Später wird ihr versichert, jemand hätte sich bei Xanders Microchip nur einen bösen Scherz erlaubt und er sei immernoch ihr perfekter Partner. Doch in Cassia sind die ersten Zweifel geweckt. Nach dem Tod ihres geliebten Opas und anderer merkwürdiger Momente beginnt das junge Mädchen immer mehr Fragen zu stellen. Sie betrachtet die Welt, die sie bisher kannte, mit völlig neuen Augen, entdeckt immer mehr Fehler und Missstände. Gemeinsam mit Ky widersetzt sie sich immer mehr den Regeln. Doch können zwei junge Menschen die strikte Kontroll-Gesellschaft wirklich verändern?

„Die Auswahl“ rüttelt auf – den Leser ebenso, wie es die Ereignisse mit Cassia tun. Denn die von fast allen Krankheiten geheilte Welt, in der jeder einen sicheren Arbeitsplatz und Nahrung hat, in der man höflich und respektvoll miteinander umgeht, hat unter ihrer perfekten Maske unzählige Makel: Niemand darf jemals irgendetwas frei wählen – selbst Kleidung und Nahrung werden von der Gesellschaft vorgeschrieben. Es gibt keine freie Wahl von Beruf oder Wohnort. Selbst Liebe und Tod werden von der Gesellschaft gesteuert. Und jeder nimmt dies so hin – schließlich will doch die Gesellschaft nur das Beste, sie will gesunde und glückliche Bürger. Kein Mensch soll aufgrund einer falschen Entscheidung Enttäuschung, Trauer oder Wut empfinden müssen. Es lebt sich leicht so. Doch jeglicher Individualismus ist ausgerottet. Eigene Meinungen, Wünsche, Interessen und Bedürfnisse zählen nicht. Hier lebt man nicht für sich, sondern für die Einheit der Gesellschaft. Vor schlimmen Ereignissen und Problemen werden die Augen verschlossen, über Missstände spricht man nicht. Man hinterfragt nicht, zweifelt nicht – und widersetzt sich erst recht nicht! Es ist schockierend, wie die Gesellschaft handelt, wie kaltblütig und herzlos sie unter ihrer gemeinnützigen Fassade eigentlich ist.

Es gibt nur noch 100 Lieder, 100 Gedichte und 100 Bücher. Alles andere wurde zerstört und es darf nichts Neues kreiert werden. Filme, wie wir sie kennen, gibt es nicht. Es gibt nur Filme, die die Gesellschaft preisen – und damit sehr an die Propagandafilme der Nazis erinnern. Doch keiner aus dem Volk merkt diese Manipulation. Die Leute können nicht einmal selber schreiben, sondern lediglich Worte an ihren Computern zu Texten zusammenstellen. Selber denken ist unmöglich – und unerwünscht sowieso.

Es ist schwer vorstellbar, dass sich die Menscheit zu einer Welt entwickeln könnte, in der man nicht einmal lieben kann, wen man liebt, in der Vielfältigkeit regelrecht verboten ist und man durch und durch unter Beobachtung steht: Selbst die Träume werden kontrolliert. Cassias Welt ist wahrlich keine Welt, in der man leben möchte. Dabei kann man gut nachvollziehen, warum sich niemand widersetzt, die Menschen mit diesem Lebensstil glücklich sind und keiner etwas hinterfragt. Und genau darin liegt das Gefährliche: Alles ist friedlich und in Ordnung, jeder hat ein schönes Leben. Die Welt wirkt auf den ersten Blick so perfekt und harmlos, lullt ihre Bürger wie in einem weichen Bettchen ein. Nur um im Hintergrund berechnend und herzlos das Leben derer zu zerstören, die nicht in das perfekte Bild hineinpassen.

Nicht selten fühlt man sich an die Geschehnisse des Dritten Reiches erinnert. Und wer immer dachte, so etwas könne nie wieder passieren, wird durch Ally Condies Buch eines besseren belehrt. Denn die von ihr geschaffene Welt erscheint modern, nah und authentisch – und es gibt einige Aspekte, die auch schon in unserer jetzigen Gesellschaft in ähnlicher, wenn auch noch schwächerer, Weise vorhanden sind und damit doch sehr zum Nachdenken anregen.

Fazit:

Obwohl die Dreiecks-Liebesgeschichte zwischen Cassia, Ky und Xander der Auslöser und rote Faden der Geschichte  ist, ist sie doch nicht das Hauptaugenmerk. Kitschiges Liebesgesäusel und Herzschmerz kommen nur in sehr stark komprimierter Form vor und lenken so nicht von der eigentlichen Thematik ab: dem totalitären Kontrollstaat, in dem die Protagonisten leben. Aufrüttelnd und sehr authentisch taucht man in diese Welt ein, versteht die Denkweisen und die Ohnmacht der Bürger und deckt gemeinsam mit Cassia die Missstände der Gesellschaft auf. – Und am Ende wird mit einem Cliffhanger die Neugier auf Band 2 geweckt.