Maddie Crane gehört zu den „Sisters of Misery“ – der angesagtesten und tonangebenden Clique der Schule, wenn nicht gar in ganz Hawthorne! Die Mädchen sind reich, schön und feiern die besten Parties. Maddie ist zwar Mitglied der „Schwestern“, merkt aber immer mehr, dass sie nicht in diesen Freundeskreis passt und nur ihrer Mutter zuliebe an allen Aktivitäten der Clique teilnimmt. Doch Maddie wird auch immer mehr bewusst, dass die Mädchen alles andere als harmlose Teenager sind – Alkohol- und Drogenexzesse sind da noch die harmlosesten Vergehen. In der Clique herrscht enormer Gruppenzwang und Druck – vorwiegend ausgeübt von der selbstsüchtigen, rücksichtslosen Kate, die selbst gegenüber ihren vermeintlich besten Freundinnen keine Beleidigungen und Gemeinheiten auslässt.

Als diesen Sommer Maddies Cousine Cordelia und ihre Mutter nach dem Tod von Maddies Onkel zu Maddies Familie nach Hawthorne – einer Kleinstadt nahe Salem – ziehen, wird diese zur Zielscheibe von Kates Gemeinheiten. Denn Cordelia ist nicht nur bildschön, sondern auch selbstbewusst, klug und beliebt bei den Männern. Neid baut sich bei den „Sisters of Misery“ auf, der schon bald in Hass umschlägt. Maddie ist hin- und hergerissen zwischen der Loyalität gegenüber den Schwestern – und der Macht, die diese in Hawthorne haben – und der Liebe zu ihrer Cousine, die sie so bewundert. Und während Maddie zunehmend den Kontakt zur Clique meidet und Cordelia schützen möchte, gibt diese den Schwestern selbstbewusst Contra und lässt sich in keinster Weise einschüchtern. Kate und ihren Anhängern wird sie dadurch nur noch mehr ein Dorn im Auge. Sie heizen die Gerüchteküche um Cordelia an: Sie schlafe mit jedem, habe eine Affäre mit dem Englischlehrer und sei eine Hexe – immerhin betreibt Cordelias Mutter einen Blumenladen, in dem auch heilende Kräuter verkauft werden und sowohl sie als auch Cordelia können mit Runen die Zukunft weissagen.

An Halloween spitzt sich die Situation zu: Maddie und Cordelia werden auf die kleine Insel „Misery Island“ gebracht. Dort soll Cordelia geweiht werden, um angeblich ein Mitglied im Clan der Schwestern zu werden. Doch das Aufnahmeritual erweist sich bald als grauenvolle Folter. Maddie steht unter Drogen und kann ihrer geliebten Cousine nicht helfen. Am nächsten Morgen findet Maddie sich mit bruchstückhaften Erinnerungen in ihrem Elternhaus wieder und Cordelia ist spurlos verschwunden.

Kate und die „Sisters of Misery“ beteuern immer wieder, dass sie mit Cordelias Verschwinden nichts zu tun hätten. Für ein paar Tage sucht ganz Hawthorne nach der verschwundenen Cordelia – ohne Erfolg. Bereits nach kurzer Zeit wird die Suche aufgegeben – unter dem Verdacht, Cordelia sei einfach nur abgehauen. Einzig Maddie und ihre Familie hegen weiterhin Zweifel. Doch während ihre Tante dem Wahnsinn verfällt und ihre Oma sich zunehmend in ihre eigene Welt zurückzieht, muss Maddie völlig auf sich allein gestellt das Rätsel um Cordelias Verschwinden lösen. Dabei weiß sie weder, was genau in der Halloweennacht geschah, noch wieviel Schuld sie selber hat oder wem sie trauen kann. Niemand unterstützt sie bei ihrer Suche – im Gegenteil: Sie bekommt Drohungen und muss immer mehr um ihr eigenes Leben fürchten. Und auch in ihrem eigenen Haus ist sie nicht sicher – unheimliche Dinge geschehen nachts. Wird Maggie das nächste Opfer sein?

Megan Kelley Hall hat mit ihrem ersten Jugendroman einen regelrechten Pageturner abgeliefert. Mit Elementen aus Thriller, Jugendbuch und Magie fesselt sie und erzeugt eine permanente Gänsehaut während des Lesens. Genau wie Maddie tippt der Leser immer wieder im Dunkeln. Jede These, die der Leser aufbaut, wird schon bald wieder verworfen und das Rätseln und Mitfiebern nimmt kein Ende. Maddies Angst und Zwiespälte sind so glaubhaft und spürbar, dass auch dem Leser schon bald unheimlich wird und man in jeder Sekunde mit etwas Schlimmen rechnet. Wie in einem guten Thriller- oder Horrorfilm weiß man, dass etwas Gewaltiges passieren wird und erschreckt dann doch, wenn es soweit ist. Dabei weiß die Autorin immer wieder zu überraschen. An keiner Stelle wird zu viel verraten. Sowohl Maddie als auch der Leser wissen nicht, wem zu trauen ist und wem nicht. Wer hat wirklich etwas mit Cordelias Verschwinden zu tun? Wer ist gut und wer böse? Wer sagt die Wahrheit und wer weiß mehr, als er zugeben mag? Maddie ist nicht nur auf sich allein gestellt, sondern einsam. Ein junges Mädchen, das aus den normalen Teenagersorgen herausgezerrt wurde und sich mit gewaltigen Problemen und Ängsten konfrontiert sieht, die ihre Familie zerstört haben und womöglich auch ihr eigenes Leben bedrohen.

Die Charaktere könnten dabei unterschiedlicher nicht sein. Sie sind so lebendig, dass man die meisten von ihnen entweder liebt oder hasst – ein Dazwischen gibt es kaum. Etwas blass bleiben dagegen die Mitglieder der „Sisters of Misery“ und sind dadurch schwer unterscheidbar. Allerdings zeigt dies nur zu gut, wie einheitlich alle sind, dass Kate den Ton angibt und die anderen nichts als Mitläufer sind – ohne eigene Meinung, ohne den Hauch Individualität. Tu und sei wie Kate, dann geht es dir gut – dieses Bild wird von den „Sisters of Misery“ vermittelt und macht den dort herrschenden Gruppenzwang und deren Auswirkungen deutlich. Wer sich nicht an dieses Leitbild hält, wird – wie Cordelia – terrorisiert. Die Macht der Clique in der Stadt ist dabei erschreckend!

Das ganze Buch ist in einem leichten Stil geschrieben und durch und durch fesselnd und bewegend. Es gibt keine langatmigen oder langweiligen Stellen – die Spannung wird durchgehend aufrecht erhalten und mit jeder weiteren Seite möchte man wissen, wie es ausgeht, möchte, dass der Albtraum für Maddie endlich ein Ende nimmt.

Auch vom gestalterischen Aspekt überzeugt das Buch: Die Kapitelüberschriften werden durch Runen und deren Bedeutung gebildet. Das Runensymbol zieht sich somit nicht nur inhaltlich, sondern auch optisch wie ein roter Faden durch das Buch.

Das Cover scheint dabei auf dem ersten Blick gar nicht zum Inhalt zu passen – es ist schön und friedlich, mit leuchtenden Farben und Blumen im Haar des Covergirls (Cordelia), während doch eine abgrundtief böse und unheimliche Geschichte erzählt wird. Was zunächst widersprüchlich scheint, ist aber ein sehr gelungenes Spiegelbild der „Sisters of Misery“: Nach außen sind sie wunderschön, beliebt und scheinen das perfekte Leben zu führen, doch im Inneren sind sie kalt, rücksichtslos, selbstsüchtig, berechnend und voller Intrigen.

Fazit:

„Sisters of Misery“ ist ein spannendes, aber auch unheimliches Buch, dass durchgehend Gänsehaut verursacht und mit jeder Seite mehr fesselt. Man hinterfragt, zweifelt und kommt – wie Protagonistin Maddie – der Lösung nicht näher. Gleichzeitig ist es erschreckend, wozu die Mädchenclique fähig ist und obwohl man von Anfang an weiß, dass Cordelia etwas zustoßen wird, hofft man, dass das Unheil abgewendet werden kann. Als es dafür dann zu spät ist, fiebert man mit Maddie mit und will herausfinden, was in der Halloweennacht geschah, wo Cordelia ist und wer hinter all dem steckt. Man stellt Vermutungen an, Thesen auf – die alle kurz darauf zerstört werden, sodass man wieder ganz am Anfang steht und erneut völlig ratlos ist. Es kommt immer wieder anders und auch das Ende hält eine überraschende Wendung bereit!

Megan Kelley Halls Jugendroman-Debüt ist ein absolutes Must-Read, das den Leser von der ersten Seite an packt. Und am Ende des Buches, wenn man zunächst glaubt, alles hätte sich gelöst, kommt ein Cliffhanger, der sofort den Wunsch nach der Fortsetzung weckt! Diese ist den USA übrigens schon letztes Jahr unter dem Titel „The Lost Sister“ veröffentlicht worden und es bleibt zu hoffen, dass die deutsche Ausgabe des zweiten Teils bald erscheint.

Außerdem könnt ihr euch auch schon auf die Verfilmung von „Sisters of Misery“ freuen. Regisseurin Allison Anders hat sich Anfang des Jahres die Filmrechte gesichert. Wann der Film erscheinen soll, ist allerdings noch nicht bekannt.

 

Für die Bereitstellung dieses großartigen Rezensionsexemplares bedanke ich mich vielmals bei cbt!