Wer regelmäßig auf meinem Blog vorbeischaut, ist das ein oder andere Mal schon über ihren Namen gestolpert: Elvira Stecher schreibt und veröffentlicht Geschichten, in denen die Magie immer eine besondere Rolle spielt. Anlässlich meiner aktuellen Lektüre „Das Antlitz der Göttin. Der Ursprung der Liebe“ – ein E-Book, das ich euch schon jetzt empfehlen kann – habe ich die in Tübingen lebende Autorin zur ihrer Göttinnen-Reihe und Self-Publishing befragt. Entstanden ist ein interessantes, aufschlussreiches Autorenportrait.

„Ich möchte meine LeserInnen auf eine Reise schicken, von der sie verändert zurückkehren“

Elvira Stecher1. Im Juni erschien „Das Antlitz der Göttin“, von dem Sie sagen, dass es für Sie von besonderer Bedeutung ist. Was macht dieses Buch für Sie selbst zu so etwas Besonderem? Wann kam Ihnen das erste Mal der Gedanke zu dieser Geschichte?

Dies war nun nach langer Zeit wieder das erste Mal, daß ich beschloss, etwas zu schreiben, das ich zu veröffentlichen gedachte.

Ein hübsches Paradoxon, nicht wahr? „Wieder das erste Mal …“ Beim allerersten Mal war ich 16 oder 17. Ich schrieb eine Geschichte über ein Mädchen, das einen Drachen tötet, der in Wirklichkeit gar kein Drache ist, sondern ein verwandelter Hexenmeister. Und dann erlöst sie all die verzauberten Frauen, die er entführt hat. Ich schickte das auch an einen Verlag, an einen der damals allenthalben aus dem Boden sprießenden Frauenbuchverlage. Die Lektorin war lieb. Sie antwortete. Ich sei ja noch sehr jung und durchaus begabt. Nur solle ich doch besser realistische Geschichten schreiben, das sei viel wichtiger für junge Menschen als solche Fantasie-Geschichten.

Anfang zwanzig kassierte ich dann einige „Haja, du schreibst halt arg blumig“-Reaktionen und ein „Mutter Erde? In der heutigen Zeit? – Hahahaha!!!“ in einer Literaturgruppe. Von da ab schrieb ich nur noch, um meine inneren Welten zu bereisen.

Aber dann … gewann ich mein Selbstbewusstsein zurück (war ein hartes Stück Arbeit) und hörte: „Du solltest schreiben, du kannst die Dinge so treffend ausdrücken“. Außerdem begegnete ich in meinem Freien Radio vielen Künstlern. Und dann, eines Tages, dachte ich: „ Ja, ich mache es. Ich schreibe einen Roman. Und er wird in dieser Stadt hier spielen.“

Ich befand mich nämlich gerade auf einem Ausflug in meiner Lieblingsstadt. Das ist der Grund dafür, daß  ziemlich am Anfang, nicht ganz, aber in den ersten Seiten des Romans eine Stadt beschrieben wird. Das Lebensgefühl, das mir diese Stadt vermittelt, ist der Hintergrund der Geschichten in Königsau. Königsau ist allerdings erfunden, denn ich kenne meine Ausflugsstadt einfach nicht gut genug, um wirklich realistisch über sie zu schreiben. Dazu müsste ich in ihr wohnen.

Ich wusste noch nicht, wovon der Roman handeln würde, ich wusste nur, worum es ginge.

Ich wollte von dem sprechen, was mir im Laufe meines Lebens begegnet war. Dem, was mir dabei wichtig war: daß diese Welt nicht einfach so ist wie sie ist, so naturgemäß, sie ist so, weil wir sie so sehen und weil wir sie so einrichten. Ich habe die Dinge um mich herum immer hinterfragt, und ich bin dabei auf einiges gestoßen. Davon wollte ich erzählen und von dem Schluss, den ich daraus gezogen hatte. Wie man diese Welt verändern kann. Wie man sich aufmachen und Wunder entdecken kann. Dazu taugt das Fantastische geradezu wunderbar. Es fasst die Sehnsüchte der Menschen so gut. Und ich dachte mir, ich möchte etwas schreiben, wodurch dieses Fantastische nicht einfach nur Wünsche erfüllt oder Ängste beschwört. Ich möchte meine LeserInnen auf eine Reise schicken, von der sie verändert zurückkehren, mit einer Erkenntnis, einem neuen Blick oder einfach nur mit einem neuen Samen des Glücks. Denn natürlich sollten die Geschichten davon handeln, wie man sich findet – die eigene Kraft. Und wie man die Kräfte verbindet, sie sollte von Freundschaft handeln. Und von der Liebe, ihren verschiedenen Formen und Fallstricken. Auf eine unübliche Art. Eine, die hineinschaut, in die Dinge.

Ja, dachte ich mir, und ich konnte es ganz deutlich spüren – und ich werde dieses Leuchten hineinschreiben, dieses Leuchten, das man im sonnendurchglühten  Laubdach eines Baumes sehen kann, im Glitzern eines Schneesterns, in den Farben der Blumen und wenn man genau hinspürt, im Herzen aller Dinge, in den Pflanzen, den Tieren und ja, auch in den Menschen. In mir selbst.

Ich werde alle Klischees umdrehen, ich werde sie von innen nach außen stülpen, bis alle sehen können, was sie wirklich in sich bergen. Ich werde meine LeserInnen auf eine magische Reise schicken, die dieses Leuchten in Ihnen aufschließt.

Ich werde von all den Antworten erzählen, die ich auf meine Fragen bekommen habe. Ich werde von den Zusammenhängen erzählen, die ich entdeckt habe, all diesen aufregenden Erkenntnissen. Daß es einen Weg gibt, der die Welt viel mehr verändert als eine Revolution, statt einem Umsturz des Großen und Ganzen, die Wunder im Kleinen, für sich, für die Menschen um einen herum – und wie genau das sich auswachsen kann zum Großen und Ganzen. Ich werde den Blick öffnen für all diese hoffnungsvollen Dinge, diese Mut machenden Unternehmungen aus der geheimen Kraft der Frauen. Dieser Kraft, die auch Männern zur Verfügung steht, wenn sie ihr nur Achtung erweisen.

Achsoja, wann das war, diese erste Idee – ich glaube, vor etwas mehr als 3 Jahren.

Meine Güte.

Habe ich es geschafft? Ist etwas von diesem Leuchten, dieser Magie in meinen Geschichten?

Ich weiß es nicht. Wenn ich nach den Reaktionen meiner TestleserInnen gehe, dann muss etwas davon geglückt sein. Ja, ich denke, daß es Menschen gibt, die diesen Roman ganz wunderbar finden werden. Und welche, die viel lieber von ihrem Vampirlover lesen wollen und das alles ein bißchen – komisch finden. All diese unüblichen Worte und Gedanken. Ich denke, daß wir uns finden müssen, mein Publikum und ich.

2. Gibt es einen Charakter in „Das Antlitz der Göttin“, der Ihnen besonders ans Herz gewachsen ist?

Hm, also spontan – klar, Jennifer. Sie hat (anscheinend) den weitesten Weg, die schwierigste Ausgangsposition, um ihr Glück zu finden. Sie ist ja auch die heimliche Hauptfigur der Geschichte. Aber Katharina ist mir auch sehr wichtig. Die ist meine analytische Seite. Die Erklärerin.

Aber irgendwie mag ich Marianne, die Geschäftsfrau und Mutter, sehr gerne. Ich mag ihre zupackende Art. Und dann habe ich noch eine heimliche Liebe. Die rückt aber erst im zweiten Band in den Vordergrund: Florentina. Die geheimnisvolle Florentina, die sich selbst ein Geheimnis ist.

Aber wenn ich so in die Figuren hineingehe, dann sind sie mir alle sehr nahe. Irgendwann habe ich mir überlegt, daß alle diese Frauen, die ich mir ausdenke, vielleicht tatsächlich auch in mir sind. Es gibt Figuren, mit denen ich viel gemeinsam habe. Und manche scheinen mir ganz fremd zu sein, aber wenn ich sie genau anschaue, dann finde ich etwas von ihnen auch in mir. Logischerweise muss das auch so sein, denn sonst könnte ich sie nicht so beschreiben. Ich schreibe ja immer aus der Sicht der jeweiligen Figur.

Vielleicht sind ja alle Figuren Teil von mir selbst. Auch die Männer. Und die Bösen. Interessanter Gedanke, finde ich. Bin ich dann also auch ein Stückchen Leonid (einer der Bösen, der hat im Band 2 einige Auftritte)? Nun, ich denke, im Rahmen dieses Gedankenexperiments bin ich  dann ja auch ein Stück weit Esther, und im Vergleich zu Esther hat Leonid keine Chance. Vor Esthers Art, die Welt zu sehen, wirkt Leonids Gier nur noch lächerlich.

3. In Ihren Texten sind die Hauptfiguren stets Frauen – gibt es hierfür bestimmte Gründe?

Also das ist die Frage, die ich am wenigsten erwartet hätte. Und sie wird mir jetzt zum zweiten Mal gestellt!

Ketzerische Gegenfrage: Ob mir diese Frage wohl auch gestellt würde, wenn ich ein Mann mit einem Roman mit überwiegend männlichen Hauptfiguren wäre? Naaa – was meint Ihr?

Die erste Person, der die weiblichen Hauptfiguren auffielen, war ein Mann, ein Testleser. Genauer gesagt, meinte er: „Männer werden etwas spärlich beschrieben.“ Na klar, dachte ich, da fallen über Jahrzehnten, ach was, Jahrhunderten niemandem die überwiegend männlichen Hauptfiguren auf, ja, bis heute scheint es kaum jemand seltsam zu finden, daß es keine Mama Gott gibt – und dann kommt eine Frau und schreibt einen Roman mit weiblichen Hauptfiguren und mann ist entsetzt! Wie schrecklich! Wie kann sie nur! (mein Testleser war tatsächlich etwas verstört – wo sind denn wir Männer, oweh …)

Okay, diese Frage kommt jetzt aber von einer Frau. Was könnte dahinter stecken? (Nein, ich spreche das böse Tabu-Wort jetzt nicht aus. Später vielleicht. Sonst liest ja keine und keiner weiter!)

Also, ich finde, diese Welt hat eine gute Portion Frauen-Power dringend nötig!

Und jetzt wird das hier ganz heikel! Um diese Frage korrekt zu beantworten muss ich ganz weit ausholen! Das war eine super gefährliche Frage!

Denn wenn ich eines noch nie ausstehen konnte, dann waren es irgendwelche Zuordnungen, die mir auf die Nase geklebt werden. Und schon gar nicht die als Frau, was frau alles so – Meine Jugend liegt ja nun schon etwas weiter zurück als die der meisten mutmaßlichen LeserInnen dieses Blogs und da war es noch viel klarer was frau so alles sei. Ich habe ja, wen wundert es, viel gelesen. Und wenn Kind damals Abenteuerbücher lesen wollte, dann musste es am besten die Bücher mit „J“ hinten drauf nehmen. Es gab nämlich nicht so viele richtig abenteuerliche Mädchen. Abgesehen von Delia, der weißen Indianerin. Dann hielt Kind sich an die Jungs. Die durften Abenteuer erleben! Und klar, was Kind da alles über Mädchen erfuhr! Die einzige, die mutig sein durfte, war Georgina von Enid Blyton, und dazu musste sie dann auch noch Jungensklamotten tragen und einen Jungenshaarschnitt und sich „George“ nenne. Meine Heldin (die in meinem Kopf) hatte einen knallroten Rock, arschlange Haare, ritt ein Pony und war mutiger als sämtliche Jungs sämtlicher Erdteile, jawoll!!!

Jetzt bin ich aber abgeschweift. Also, sicher gibt es irgendwas biologisches, daß Männer eher dies und Frauen eher das – nur, uns Menschen gibt es nicht ohne Kultur, wir entwickeln uns nur mit Kultur, und die formt uns, wir formen die Kultur usw.

Was also ist Kultur und was Natur?

Falsche Frage. Was wäre die richtige Frage?

Was will ich.

Nun ist es aber so, das ging mir im Laufe der Zeit auf, daß im Laufe der menschlichen Geschichte  so etwas wie Arbeitsteilung erfunden wurde. Wahrscheinlich war eine geschlechtsbedingte Arbeitsteilung sogar die erste, die Ur-Arbeitsteilung, ihr ahnt es, Frau mit Baby auf der Hüfte sammelnd, köchelnd usw., Mann auf Jagd. (Wer wohl diese Fertigkeiten erfunden hat, will meinen  flechten, weben, töpfern, gärtnern, welchem Arbeitsbereich könnte das wohl nahe liegen – hm?). Das Problem, das ich von diesem heutigen Standpunkt der Geschichte aus ausmache – daß die Zuordnungen festgeschrieben wurden, ja das ist auch ein Problem, aber das schwerwiegendere Problem ist, daß da eine gewisse Ungleichgewichtung entstand. Und je länger mir das auffiel, desto mehr fiel mir auf, wie weitreichend die Folgen sind.

Faszinierend.

Und jetzt bricht das anscheinend auf. Es gibt einen Kalender, „We`Moon“, den rezensiere ich jedes Jahr, weil er einfach so schön ist, mit so wunderschönen Bildern und Texten. Diese Beiträge sind von Frauen aus aller Welt und es wird auch von allerlei weiblichen Projekten berichtet. Und ja, es kann sein, daß ich einen dieser Kalender bei mir hatte, als die Idee des Buches kam.

Ja, ich wollte von der Frauen-Power erzählen. Von der Wichtigkeit jener Werte unserer Kultur, deren Hüterinnen die Frauen waren und sind. Was sie damit anstellen können, wenn sie sich an ihre Kraft und Würde erinnern. Und was Männer damit anstellen können, wenn sie das selbe tun und genauso aufhören, alles zu glauben, was man ihnen einzureden versucht. Im zweiten Buch wird es nämlich auch männliche Hauptfiguren geben.

Und der zweite Grund ist, daß ich eben eine Frau bin und diese Figuren viel mit mir selbst zu tun haben. Wie gesagt, mutmaßliche Teile meiner selbst …

4. Ihre Geschichten unterscheiden sich nicht nur inhaltlich, sondern auch stilistisch sehr voneinander. Wie gelingt Ihnen der Wechsel zwischen der unterschiedlichen sprachlichen Stilistik, insbesondere wenn Sie parallel an mehreren Texten schreiben?

Das passiert ganz von selber, einfach indem ich mich in die verschiedenen Figuren, die verschiedenen Geschichten hineinversetze. Vermutlich bestehe ich wirklich aus sehr unterschiedlichen in mir lebenden Personen (ein Grund, aus dem ich Schauspielerin werden wollte).

5. Sie veröffentlichen ihre Geschichten bisher nur als E-Books. Was hat sie zu der Entscheidung bewogen, sich hierauf zu beschränken bzw. ihre Bücher nicht auch als gedruckte Exemplare zu veröffentlichen, beispielsweise über Books on Demand?

Ach du meine Güte, schon das Veröffentlichen als E-Book war ein – naja, ich habe ein mords Tschingdarassabumm veranstaltet. Ich habe seitenlang agbs durchgelesen, mit meinem open office Programm gekämpft, weil die erforderlichen kindle-Formatierungen natürlich für doc-Dateien beschrieben waren, meinen besten Freund wegen Covern geplagt, dann hat ein anderer Freund den ersten, nein, zweiten Text lektoriert, was für eine Aufregung. Den ersten Text hatte er lange zuvor lektoriert. Der war aber relativ kurz: „Die Entdeckung der Juni-Seligkeit“. Die habe ich als erstes hochgeladen. Als Test-Text.Und ich habe gezittert, wer soll mich denn eigentlich finden, sagte ich mir, auf Amazon, mit all den vielen E-Books? Die Angst erwies sich als begründet. Anzahl der Downloads von November bis Ende Dezember: 1. Dann versuchte ich es mit einer Gratis-Aktion. Davon hatte ich ja Wunderdinge gehört, wie man damit plötzlich Interesse erziele. Anzahl der Gratis-Downloads: 500 und ein paar zerquetschte. Anzahl der Downloads danach: 0.

Also habe ich zu meiner nächsten Premiere (Drache im Ei) kräftig die Werbetrommel gerührt, Gratisaktion: ca 1.800 Downloads in 3 Tagen (war in den Weihnachtsferien). Danach im Januar: 40 Downloads, das war mein Bestseller bislang (pro Download bekomme ich 30 Cent). Sogar von der „Juni-Seligkeit“ gingen ein paar weg.

„Drache im Ei“ war eine uralte Geschichte, die ich überarbeitet hatte. Ich wollte einfach nicht mit meinem Herzblut-Projekt eine Bruchlandung hinlegen. Also habe ich es mit „Test-Flügen“ versucht. Aber dann war ich neugierig und habe zu „Drache im Ei“ eine längere Fortsetzung geschrieben („Die Stadt des flüsternden Steins“ – ich wollte auch selber wissen, wie es weitergeht). Davon, neue Strategie, habe ich einen Teil abgetrennt und in eine Gratis-Aktion gegeben. Den zweiten Teil für 2,99 angeboten, damit komme ich beim Amazon in den Bereich der 70 % Marge, das heißt hier: 2,- € pro Download. Wenigstens ein bißchen was gewinnen bei dem Roulette!!! Ich habe dann von dem längeren Teil („Die Stadt des flüsternden Steins Bd.2“) etwa 20/30 Downloads verkauft. Seit März. Von dem 1. Teil (89 Cent) etwas mehr. Gratis waren es einige hundert. Aber anscheinend haben vor allem die den 2.Teil gekauft, die den ersten auch schon gekauft hatten!

Und wie ist es nun mit dem „Antlitz der Göttin“? Naja, das versinkt gerade im Sommerloch.

Schreibe ich so einen Mist? Kann ich gar nicht schreiben?

Dabei habe ich ganz viele positive Reaktionen bekommen.

Also einfach zu wenig Mainstream?

Ich habe es dann mit zwei Schreib-Community-Plattformen (siehe eine der nächsten Fragen) versucht. Auch hier: Reaktion nahe null (BookRix). Bei der zweiten Plattform (neobooks) habe ich dann eine Rezensentin (und Autorin) um eine Rezension gebeten. Ich hatte ihre Rezension einer anderen Veröffentlichung gesehen und gedacht (ähnlich wie bei dir): wow, das ist eine versierte Bewertung, die hat Ahnung, so was will ich auch. Ergebnis: Sie war enthusiastisch. Trotz ihrer positiven Bewertung hatte ich weiterhin kaum Klicks. Ich schrieb ihr, woran das wohl läge, ob meine Themen so abartig seien. Sie: Ich müsse mehr in der Community aktiv werden. Sie hätte mich ja auch erst entdeckt, weil ich sie angesprochen hätte. Ich sei eine der besten Autorinnen, die ihr auf dieser Plattform untergekommen seien. Ich glaube nicht, daß sie gelogen hat, aber trotzdem sitze ich da und denke, all die Gratis-Downloads und keine Nachfolgekäufe – treffe ich den Nerv nicht? Oder sind das einfach Schnäppchenjäger, die so viel einsacken, daß sie das alles gar nicht mehr lesen können?

Würde ich mit einem Vampir-Knackarsch mehr Verkäufe erzielen?

Aber Vampirgeschichten habe ich vor 20 Jahren geschrieben. Für mich ist das abgekaut.

Es ist so ein Aufwand, die Texte vorbereiten, Covers, Werbung … Books on Demand? Du meine Güte, wo soll ich die verkaufen!

Dann schreibt mir meine Testleserin wieder, wie begeistert sie ist und sogar mein skeptischer Testleser beklagt das Ende des Buches wie einen einmaligen Kuchen, den er nie wieder auf diese Weise genießen wird: „Die gesamte Geschichte ist zwar für Frauen gedacht, aber selbst ich konnte sehr viel dadurch lernen und auch hat es mich oft zum schmunzeln oder zum nachdenken gebracht. Die Geschichte ist sowohl spannend, bewegend als auch herzzerreißend. Alles in allem wirklich herausragend .“ Wow.

Ich werde weitermachen. Projekt „magische Reise, die das Leuchten aufschließt“.

Nächster Plan: Lesungen.

Lauschige Lesungen in Gärten zum Beispiel. Ich habe schon einige Termine, allerdings erst fürs nächste Jahr. Aber dann überlege ich mir schon, ob ich nicht etwas drucken lasse. Allerdings befürchte ich, daß man so was hierzulande natürlich nicht so einfach machen kann. Man muss sicher tausend Vorschriften beachten. Isbn, Mehrwertsteuer, ob ich vielleicht sogar ein Gewerbe anmelden muss, wenn ich Bücher drucken lasse und verkaufe??!

Warum also E-books? Immerhin eine Möglichkeit, überhaupt was zu veröffentlichen und nur den Aufwand an Zeit zu riskieren!

Ich habe schon auch mal ein Manuskript an einen Verlag geschickt – an Droemer/Knaur, genau, die mit der Plattform neobooks. Bei Verlagen ist das so, wenn man nach einem viertel Jahr nichts gehört hat, kann man es vergessen. Heutzutage bekommt man nicht einmal mehr Absagen. Ich habe von so vielen Autoren schreckliche Geschichten gehört, daß ich mich wundere, daß es überhaupt Leuten gelingt, zu veröffentlichen. Wie? Beziehungen? Glück? Die richtigen Themen?

Der neuste Bestseller auf Amazon lautet „I#mNotAWitch … Eine (etwas andere) Liebesgeschichte zwischen einer Hexe und einem Vampir“ (Zitat Klappentext). Ach nee, wie außerordentlich ungewöhnlich. Oder ist es dieser komisch geschriebene Buchtitel, der das gewisse Etwas des Bestsellers ausmacht?

Wie werden Amazon-Bestseller zu solchen? Ich habe versucht, es herauszufinden. Bei einem Buch dachte ich, ich ahne es, gleich zu Beginn wird man sehr neugierig. Aber bei anderen Büchern weiß ich überhaupt nicht,was es ist. Vielleicht das Versprechen, ein bekanntes, beliebtes Gericht zu servieren (den nächsten Vampir-Lover. Oder wie wäre es mit einem Nachtmahr, wie erfrischend originell! Verflixt, ich werde zynisch …).

Oh ja – das habe ich auch an mir festgestellt, genau das, was sich in den letzten Zeilen gezeigt hat, etwas Ungutes. Ich weiß noch, wie mir ein Autor sein Buch (ein gedrucktes, verlegtes Buch) auf Amazon gezeigt hat. Dieser routinierte Klick, der frustrierte Blick, und wie verletzt er war, daß sich eine andere Veröffentlichung seines Verlags sehr viel besser verkaufte als sein Buch. Ich dachte, meine Güte, das andere Buch ist eine Dokumentation und seines eine Humoreske, will er Äpfel mit Birnen vergleichen? Jetzt bin ich auch schon so geworden, ich sitze vor den Verkaufsrängen und denke, wie schaffen die das? Was mache ich falsch?

Aber wenn ich mir so die Verkaufsränge anschaue, dann beschleicht mich der Verdacht, daß es sehr vielen anderen ähnlich geht. Man geht sehr schnell unter. Und, nunja, vermutlich schreibe ich tatsächlich etwas speziell …

6. Welche generellen Chancen, aber auch Herausforderungen bieten E-Books für Autoren?

Die Frage ist schon fast beantwortet, nicht wahr? Es ist immerhin eine Möglichkeit, überhaupt zu veröffentlichen. Und immerhin habe ich auch einige gute Rezensionen bekommen.

7. Wenn sich die Möglichkeit böte, ihre Bücher über einen Verlag zu veröffentlichen: Würden Sie dieses Angebot annehmen oder genießen Sie die Freiheit, die die Unabhängigkeit von verlegerischen Entscheidungen mit sich bringt?

Tja, nach meinem Lamento könnte man nun meinen, ein gedrucktes Buch, ja, das ist die Lösung. Wer verlegt wird, hat es geschafft.

Weit gefehlt.

Ich hatte mal eine Autorin als Gast im Radio, die hat den Wolfgang-Hohlbein-Preis gewonnen. Auwauwau, sagt man sich da, Fantasy-Jugendbuchautorin, preisgekrönt, da geht es sicher ab. Der Preis hat ihr eine Weile das Schreiben ermöglicht. Der Erlös, so sagte sie, hätte nicht eben weit gereicht. Wenn mir bislang auch niemand sagte, wie viel er oder sie mit einem Buch verdient hat, die meisten jammern, daß man davon nie und nimmer leben könne. Ein anderer, ja, ein  Schriftsteller, einer der bei einem Verlag veröffentlicht, der was auf sich hält, so was, was man früher als die richtige Literatur betrachtet hat, der erzählte, er könne sich nur durch Lesungen über Wasser halten. Inzwischen habe ich erfahren, daß der deutsche Schriftstellerverband 200,-/250,- € als Preis für eine Lesung empfiehlt. Für den verlegten 08/15-Autor (Topautoren können sehr, sehr viel mehr verlangen, hieß es). Der befreundete Autor erzählte: „Bei manchen Lesungen kannst Du froh sein, wenn sie Dir eine Schorle hinstellen. Und am Ende berechnen sie Dir das dann noch …“

Ich habe zwei Geschichten in E-Book-Anthologien veröffentlicht, da hat mir das Lektorat schon gelangt. In einer hatte ich über zwei der Protagonisten in der Eingangsszene geschrieben (sie gehören zu einem Diebestrio in einer überaus heiligen Asketenstadt): „Auf dem Marktplatz treffen sie auf einander, zwei leuchtende Farbflecke, die ein leicht verrückter Maler als besonderen Akzent in die dunkel gekleidete Menge getupft hat.“ Die Lektorin bestand auf: „ … zwei leuchtende Farbakzente, die ein leicht verrückter Maler als besonderen Akzent in die dunkel gekleidete Menge getupft hätte.“ Ich habe dann zähneknirschend nachgegeben. Wenn ich mir das bei 600 Seiten (und das ist nur einer der beiden Göttinnen-Romane!) vorstelle, dann kriege ich eine Kolik. („Es sind schon Buchprojekte gescheitert, weil sich Autor und Lektor nicht einigen konnten.“ – Zitat eines befreundeten Autors).

Natürlich will ich wissen, wie meine Texte ankommen. Gar manches bedarf auch einer Überarbeitung. Manches ist nicht klar genug dargestellt, kommt nicht so rüber, wie ich es gemeint habe. Da hilft eine Rückmeldung. Aber ich möchte selber entscheiden, wie ich meine Texte letztendlich gestalte. Wenn ich mal ein ungewöhnliches Wort verwende – na und? Ist es so ein Schaden, wenn die Leser merken, daß die deutsche Sprache noch sehr viel mehr zu bieten hat als das, was ihnen üblicherweise geboten wird???

Ach ich weiß nicht. Ein Verlag?

Ich will mein Publikum finden.Wenn bei drei Testlesern eine so naja reagiert, einer ist überaus angetan und die dritte völlig hin und weg vor Begeisterung, dann sollte es sie schon geben, die LeserInnen, die  meine Art zu schreiben, lieben.

Sollte ich eine Kontaktanzeige aufgeben? „Autorin sucht Leserschaft. Biete -“ das müssten dann aber RezensentInnen schreiben, meine LeserInnen sind schließlich die Reisenden, die sagen könne, ob sie wenigstens ein bißchen davon entdeckt haben, von dieser besonderen Magie.

8. Es gibt ja eine Vielzahl an Büchern, Workshops, Konferenzen und Webportalen zum Thema Self-Publishing. Inwieweit nutz(t)en Sie solche Angebote und welche Bedeutung messen Sie diesen zu?

Ja also –   als ich die Frage zum ersten Mal gelesen habe, dachte ich spontan, was, was gibt es da, das kenne ich ja alles gar nicht???!!!!

Natürlich habe ich ein bißchen rumrecherchiert, Artikel im Web gelesen, mir das Kindle-Handbuch runter geladen. Hin und her überlegt. Und es dann bei Amazon versucht. Da musste ich nichts unterschreiben. Um etwas zu verkaufen, meine ich. Dann begann ich zu überlegen, daß ich es mal mit diesen Schreib-Communities versuchen könnte. BookRix zum Beispiel. Mit einigen Stückchen Gratistexten.

Ergebnis?

Wie gesagt. Nahe Null. Ganz am Anfang hat mir irgendjemand ein Herzchen gegeben für einen Text. Klicks? Vier oder fünf. Ich habe mich ein wenig umgetan, bei anderen Rezensionen geschrieben. Vielleicht hat sich mal jemand bedankt.  Das wars dann aber auch. Wahrscheinlich hätte ich fragen müssen. Irgendwie kam ich mir fehl am Platz vor. Ich bin halt doch kein Teenie mehr. Und ich hatte das Gefühl, von Teenies umgeben zu sein. Und von einer Gay-Community, die auf die nächste Gay-Romance wartet.

Also, nächster Versuch: Neobooks. Neobooks wurde von Droemer/Knaur gestartet, damit die ganzen hoffnungsvollen Schreiberlinge ihre Manuskripte auf die Plattform stellen und sich gegenseitig rezensieren. Man kann sich auch nur als LeserIn einloggen und zur RezensentIn werden. Ab einer bestimmten Menge an Rezensionen kann man sogar Top-RezensentIn werden. (Diejenige, die ich um eine Rezension gebeten hatte, stellte sich als eine solche Top-Rezensentin heraus).

„Die besten treibts dann in der heißen Suppe nach oben und wir müssen nur noch den Rahm abschöpfen.“ So ähnlich mögen sich Droemer/Knaur das gedacht haben.

Tatsächlich ist es ein Haifisch-Becken. Die Frau, die ich kontaktiert hatte, erzählte mir, sie habe einen Thriller geschrieben, mit dem sie ziemlich schnell auf Platz 1 landete. Es ist nämlich so, durch gute Rezensionen und viel Aufmerksamkeit kann man Punkte sammeln. Wer zu einem bestimmten Stichtag auf Platz 1 steht, wird von den Lektoren geprüft. Tja, und da hebt eben ein munteres Hauen und Stechen an, um den heiligen Gral einer Veröffentlichung zu erringen. Dabei heißt Platz 1 zunächst nur, daß man von einem Lektor/ einer Lektorin gelesen wird!!!!

Ich habe mir angeschaut, was ihr passiert ist. Es war richtig übel. Sie wurde systematisch zurück gebissen, und mit unangemessen schlechten Kritiken unter „ferner liefen“ gezerrt.

Als ich neu auf der Plattform war, erhielt ich eine Mail (man hat auf Neobooks eigene Postfächer): „Hallo, ich habe Dein Profil entdeckt, bin interessiert, blabla, Dein Werk steht auf meiner Liste, magst Du Dir mal mein Werk anschauen?“ Ah, ahnte ich, da ist eine ganz schlau. Aber gutmütig, wie ich Trottel bisweilen bin, habe ich mir das Werk angeschaut und wohlwollend rezensiert. Und tatsächlich: das Mädel machte das bei vielen anderen so und hatte sich damit schon recht weit nach vorne gebracht. Sie hat sich artig bedankt. Das wars dann.

Ein junger Mann, der kurz nach mir sein Werk in den Wettbewerb gestellt hatte, suchte per Rundmail nach Kooperation. Ich meldete mich, ich fand  das recht bildgewaltig, was er da verfasst hatte, wenn ich dem philosophischen Hintergrund auch nicht unbedingt zustimmen konnte. Ich gab ihm also eine Empfehlung für den Wettbewerb.

Er revanchierte sich, war allerdings entsetzt, weil ich von einer „dumpfen Angst“ schrieb, sowas gehe doch nicht. Er fand aber, daß ich wenigstens nicht die üblichen Mythologien plündere, also angenehm anders schreibe, was flugs eine andere Rezensentin auf den Plan rief, die befand, das sei doch alles absolut gewöhnlich, was ich da produziere. Undsoweiter. Was für Empfindlichkeiten man da an sich entdeckt. Irgendwie nicht sehr schmeichelhaft. (das eingestellte Werk war  „ Die Stadt des flüsternden Steins“ Teil 3, für Bölle, Wer Bölle ist? Irgendein lesendes Wesen auf Amazon, das sich eine Fortsetzung wünschte. Also bin ich Bölle eine Fortsetzung schuldig!).

Zwischenzeitlich war der junge Mann unter den ersten Zehn mit seinem Werk, er muss also recht fleißig gewesen sein. Aber ich merkte: Ich habe einfach nicht so viel Zeit, um mich ausgiebig auf dieser Plattform zu bewegen, Kontakte zu knüpfen. Ich kämpfe ohnehin schon mit meinen Zeit-Budget. Vielleicht könnte man das wirklich steuern. Die „richtigen“ Leute, sprich Rezensenten ansprechen. Aber wozu? Um vielleicht von einer Lektorin geprüft zu werden?

Vielleicht würde ich es ja schaffen, Aufmerksamkeit zu bekommen und eine Leserschaft zu gewinnen?

Vielleicht.

Immerhin könnte man da eine Menge interessanter Leute kennenlernen. Die Thriller-Autorin scheint jedenfalls recht sympathisch zu sein. Graderaus und verlässlich. Aber ich hatte das Gefühl, diese Plattform würde mich aufsaugen. Vielleicht schreibe ich einfach zu langsam, Rezensionen und Mails, meine ich. Vielleicht machen die anderen das mit links. Vielleicht geht es Bloggerinnen mit ihren Blogs aber ähnlich. („Aufsaug“, der Maelstrom …)

9. Wie wichtig erachten Sie für Self-Publisher (bzw. Indie-Autoren im Allgemeinen) die Vernetzung untereinander, bspw. durch entsprechende Online-Communities, Foren oder ähnliches?

Eigentlich gibt es etwas, das ich am allerwichtigsten finde: den Kontakt zu LeserInnen. Durch deren Reaktionen kann ich erst einschätzen, wie bestimmte Passagen wirken. (Das kann durchaus kontrovers sein, da findet die eine Katharina mit ihren wissenschaftlichen Überlegungen ätzend, die andere findet das ganz toll, beide lieben Jennifer. Ich kann dann schauen, was da angekommen ist und was nicht und welche Erwartungen ich erfüllen möchte, welche nicht).

Bei BookRix habe ich viele „Tolltoll“-Reaktionen gesehen (bei anderen), das ist zwar gut fürs Selbstwertgefühl, sagt aber nicht so viel aus wie die Rezensionen bei Neobooks (die geben bestimmte Sparten vor, die man ausfüllen kann: Sprache, Struktur, Figuren …).

Ich glaube schon, daß es hilft, sich zu vernetzen. Man kann Tipps austauschen. Denke ich. Ich habe Neobooks jetzt als Haifisch-Becken geschildert, aber es tummeln sich da natürlich nicht nur Haifische. Es gibt da sicher noch eine Menge interessanter, netter Leute, von denen man auch etwas lernen kann. Im Wettbewerb bei Neobooks kommt man nur durch Networking auf einen nennenswerten Rang. Ich würde das schon gerne ausprobieren. Vielleicht nehme ich mir doch mal die Zeit, Kontakte zu knüpfen, mal sehen. Meine Thriller-Autorin hat mir inzwischen geschrieben, daß sie ein Treffen mit den Leuten, die hier in der Region wohnen, ganz spannend fände. Ich auch.

Es gibt in meiner Gegend zumindest eine Schreibgruppe, von der ich weiß. Es gibt auch Schreib-Events („Schreiben im Café“) und Schreib-Workshops. Ich glaube, die Leute sind ganz glücklich damit. Sie unterstützen sich gegenseitig durch hilfreiche Kritik. Und ich glaube, in einem Club mit dieser Gemeinsamkeit des Schreibens kann man sich auch gut aufgehoben und inspiriert fühlen. Eine dergestalt vernetzte Autorin habe ich angesprochen, ich möchte ja Lesungen im Garten organisieren und dachte dann, gemeinsam könnte man mehr auf die Beine stellen als allein.

Ich selbst habe vermutlich so eine Art Literaturgruppen-Trauma. Und ich bin ein bißchen ängstlich, inwieweit man sich nicht gegenseitig beeinflusst. Kommt wahrscheinlich auf die Gruppe an. „Mutter-Erde-hahaha“ war ja eigentlich keine literarische sondern eine weltanschauliche Kritik. Das Selbstverständnis, wie man sein Schreiben sieht, was man dabei anstrebt, ist sicher ein nicht unwichtiger Faktor bei der Verständigung innerhalb einer Gruppe.

Ein Autor, den ich kenne, sagte mir, also sich gegenseitig die Werke zu lesen, das sei nichts für ihn, da käme er ja gar nicht mehr zum schreiben. Das Argument hat was für sich (siehe meine Neobooks-Ängste).

„Schriftstellerin zu sein ist ein Traum. Solange man ihn träumt, hat er Bestand. Aber wenn man scheitert – was ist dann?“

10. Welches sind die wichtigsten oder interessantesten Erfahrungen und Eindrücke, die Sie bisher in Ihrer schriftstellerischen Laufbahn gemacht haben?

Schriftstellerische Laufbahn – das klingt gut!

Erstmal: das Schreiben an sich. Für mich selbst ist das eine Reise. Ich weiß am Anfang nie, was genau passieren wird. Ja, tatsächlich, die erste Reisende bin ich selbst. Schreiben ist für mich auch eine Art Hineinlauschen. Ich gehe wirklich auf eine innere Reise und schaue zu, welche Bilder aufsteigen. Und tatsächlich gibt es Stellen, die eine magische Wirkung haben. Manchmal spüre ich das wieder, wenn ich es nochmal lese, zum Beispiel beim Drachen im Ei – den Moment, in dem sie sich entscheidet, zu leben. Da kann ich das spüren, diese Kraft.

Bisweilen muss ich aber auch ganz rational überlegen, geht das so? Wie könnte eine Lösung aussehen?

Und ich liebe es, zu formulieren. Manchmal ist es aber auch schwierig, manchmal nehme ich mir zu viel vor, bin unzufrieden mit mir und muss mich überwinden. Aber das Schreiben selbst fließt mit der Zeit immer besser.

Wenn ich nicht gerade von Zweifeln geplagt werde, ob ich überhaupt meine Zeit dafür verschwenden sollte …

Tja, das Veröffentlichen war dann eine ganz andere Sache. Auch eine Überwindung. Eine Menge Ängste … Man zeigt sich ja in gewisser Weise.

Schriftstellerin zu sein ist ein Traum. Solange man ihn träumt, hat er Bestand. Aber wenn man scheitert – was ist dann?

Aber dadurch habe ich mich in unbekannte Bereiche vorgewagt. In das teuflische www-Spinnenetz. Und ich habe entdeckt, daß es Literatur-Blogs gibt. Das ist spannend, man guckt in anderer Leute Bücherschrank. Nicht nur, sie zeigen sie einem, erzählen sogar, wie sie das Buch erlebt haben. Ich schaue mir gerne die Rezensionen an und versuche ein Gefühl dafür zu bekommen, was für eine Person wohl hinter diesem und jenem Blog steckt. Was für Vorlieben hat sie? Wie denkt sie?

Hier auf Phantásienreisen einen Platz zu bekommen ist schon eine große Ehre. Zum einen, weil es so ein schöner Blog ist, zum anderen bin ich hier in wirklich illustrer Gesellschaft.

Ah, und eine Begegnung der dritten Art gab es auch: an einem Freitagmorgen im Lokalmagazin (Freies Radio Wüste Welle) verlasen wir die Veranstaltungstipps fürs Wochenende. „Oh, da muss ich unbedingt hin!“, rief ich aus, nachdem ich vorgelesen hatte, daß sich in einem Café eine Literaturgruppe treffen würde, in der man sich gegenseitig Lieblingslektüren nahebringen wolle und zu der auch Selbstschreibende willkommen seien.

Ich also hin.

Die Veranstaltung begann etwa eine Dreiviertelstunde später, weil die, auf die alle warteten erst dann eintraf. Logisch, denn sonst wäre sie ja auch nicht die, auf die alle warten, nicht war? Wie das so üblich ist, hatte auch sie eine Adjutantin, die anbetend zu ihr aufsah und die folgerichtig eine sehr schlechte Meinung von sich selbst hatte (zumindest von ihrem Äußeren. Die, auf die alle warteten, war natürlich perfekt gestylt. Auf die Art jener Töchter, die in vergangenen Zeiten Französisch parlierten. Vermutlich studierte sie außer Germanistik noch Kunstgeschichte).

Also, ich versuchte, mein Anliegen vorzutragen, wurde aber nach hinten geschoben. Später, später. Also ergriff ich nach der Pause das Wort und verkündete, daß ich einen Roman geschrieben habe und gerne Testleserinnen hätte. Zur allgemeinen Aufmunterung würde ich aber die kleine Geschichte vom starken Dornröschen lesen.

Danach machte mir die höhere Tochter mit Nachdruck klar, daß man mich nicht in meinem Schreibprozess begleiten könne. Ich antwortete, das bräuchten sie auch nicht, weil der Roman schon fertig sei. Also verlegte sie sich darauf, daß man mir kein Lektorat bieten könne. Ich erklärte, daß ich kein Lektorat brauche, ich wolle nur wissen, wie sich das liest. Ringsum wurde zustimmend genickt, außer von der Adjutantin.

Ich ging frohgemut von dannen. Als ich vorgelesen hatte, war eine Stimmung im Café wie den ganzen Abend nicht, es wurde gelacht und gelauscht und alle waren entzückt.

Bis auf zwei.

Da wusste ich wieder, warum ich Schauspielerin hatte werden wollen. Ich wusste wieder, wie gerne ich Geschichten erzählte. Und daß ich vorlesen kann.

Ich hatte der höheren Töchter die Schau gestohlen.

Von diesem Märchen gibt es ein Hör-Beispiel (http://frauen.wueste-welle.de/?p=1818), aber ich glaube, an diesem Abend war ich um Längen besser. Weil ich ein erfreutes Publikum hatte. Jetzt weiß ich, was ich als nächstes tun werde: Lesungen organisieren.

11. Welche Pläne, Projekte oder auch Wünsche haben Sie für Ihren weiteren Weg als Autorin?

Also, außer Lesungen organisieren – ich werde die Anmerkungen meiner TestleserInnen prüfen, Tippfehler beseitigen und gegebenenfalls meinen Text entsprechend überarbeiten. Dann werde ich den 3. Teil des „Antlitz der Göttin“ auf Amazon laden. Eigentlich ist „Der Ursprung der Liebe“ keine Trilogie. Es ist Bd. 1 des „Antlitz der Göttin“, eine durchlaufende Geschichte von über 600 Norm-Seiten. Und ich habe sie an den spannendsten Stellen durchgehackt (okay, ich habe kleine Anschlusstexte geschrieben).

Warum? Zum einen, weil ich glaube, daß die Leute etwas erst ausprobieren wollen, also sprich, einen günstigen Happen kaufen, um zu sehen, ob sie sich das größere Stück auch leisten wollen. Und weil ich gehört habe, daß man ab 2,99 nix mehr verkaufen könne. Ich denke, 3 € für +/- 300 Seiten sind ok. Und dann natürlich, um zu testen, ob das mit den Cliffhangern funktioniert.

Ergebnis: ich glaube nicht. Zumindest bei mir nicht. Und eigentlich mag ich selber keine Cliffhanger.

Aber diese kann man einfach umschiffen. Auf Amazon ist immer ein guter Teil eines E-Books einsehbar. Auf diese Weise, so hoffte ich,  schlägt man dann schon mal den nächsten Teil auf.

Naja.

Den dritten Teil der Stadt des flüsternden Steins möchte ich schreiben. Und viele viele Vorlesegeschichten.

Und Bd. 2 der Göttinnen ist eigentlich schon fertig.

Dann kommen wir jetzt zu den Wünschen, ja?

Also:

Ich sitze in einem Garten. Es ist ein wunderschöner Nachmittag. Ich lese vor, mein Publikum ist ganz still, fast atemlos, ab und zu wird gelacht. Ich spüre, daß sie glücklich sind. Wir sitzen noch lange und sprechen, über die Geschichten und das Leben. Und danach schreibe ich ihnen Widmungen in ihre Bücher. Auf dem Cover ist ein Spiegel zu sehen.

Es ist Morgen. Ich setze mich an meinen Computer und unter meinen Händen wachsen Geschichten. Mein Schreiben wächst wie ein gepflegter, üppiger Garten, voller Blüten und Früchte. In meinem Mailfach sind Nachrichten und Fragen meiner LeserInnen. Am Nachmittag gehe ich zu meiner Bank und hebe etwas von meinen Tantiemen ab. Ich lade alle meine Freunde zu einem Essen, zu einem Fest.

„Leute,“ sage ich, „ich habe es geschafft. Ich bin Schriftstellerin. Und ich kann davon leben.“

Ein schöner Schlusssatz, von dem ich wünsche, dass er sich bewahrheiten wird! Ich bedanke mich für die aufrichtige Beantwortung der Fragen und die damit verbundene Zeit!

Und falls ihr nun neugierig geworden seid, verschafft euch doch einen kleinen Eindruck von Elvira Stechers Geschichten – entweder durch meine Rezension zu „Drache im Ei“, durch die Leseproben auf Amazon oder Neobooks oder lauscht beim Lokalmagazin Wüste Welle in das aktuelle Werk „Das Antlitz der Göttin“ hinein.