The Ozian Years_PhantasienreisenIm Februar und März reiste ich wieder gemeinsam mit Dorothy nach Oz. Ingesamt drei Ausflüge (in „Ozma of Oz“, „Dorothy and the Wizard in Oz“ und „The Road to Oz“) standen auf dem Programm. Dabei lernte ich auch andere Welten außerhalb des Ozianischen Reichs kennen, zum Beispiel das Land Ev sowie kleine, magische Orte unter der Erdoberfläche. So schön es war, Dorothy wiederzusehen (die neuerdings Kansas-Dialekt hat!), waren meine persönlichen Helden doch andere: Das verrückte, niemals auf den Mund – pardon: Schnabel – gefallene Huhn Billina, der aufziehbare Kupfermann Tiktok, die Regenbogentochter Polychrome und allen voran der „Musicker“, der mit jedem Atemzug Musik machen muss und leider nur einen kurzen Auftritt in „The Road to Oz“ hat. Besonders gefreut habe ich mich aber, in Band 4 („Dorothy and the Wizard in Oz“) den wunderbaren Zauberer wiederzusehen, der mir anschließend auch mit jedem weiteren Kapitel mehr ans Herz wuchs.

Insgesamt haben mir die Bände 3 bis 5 deutlich besser gefallen, als Band 2 („The Marvelous Land of Oz“). Die Figuren sind sympathischer, die neuen Figuren passen besser nach Oz als jene aus Band 2, es gibt weniger Gewalt und die Vogelscheuche und der Blechmann ähneln wieder stärker ihrem ursprünglichen Charakter. Ganz ohne Kritik fällt mein Urteil zu den zuletzt gelesenen drei Bänden jedoch auch nicht aus. Dass Dorothy im Gegensatz zu Band 1 („The Wonderful Wizard of Oz“) neuerdings Dialekt hat, ist an sich nicht schlimm, jedoch eine neue Eigenart, die noch dazu nicht konsequent durchgezogen wurde. So kürzt sie ein Wort mal in ihrem Kansas-Slang ab, im nächsten Kapitel spricht sie dieses jedoch vollkommen korrekt aus. Aber dass Kontinuität nicht gerade L. Frank Baums Stärke war, stellte ich ja bereits bei „The Marvelous Land of Oz“ fest. Nun hat sich dieser Eindruck erneut bestätigt – nicht nur im Hinblick auf Dorothys Ausdrucksweise, sondern auch auf die Hintergründe. Immer wieder erzählt Baum die Vergangenheit von dem Zauberer Oz sowie der Smaragdstadt etwas anders – je nachdem, wie es ihm gerade am besten passt, um die aktuelle Handlung leichter voran zu treiben. In „The Wonderful Wizard of Oz“ hieß es, dass der Zauberer aus den USA nach Oz kam und die Smaragdstadt errichten ließ. In Band 2 gab es diese plötzlich schon und er wollte sie an sich reißen, weshalb er die rechtmäßige Thronerbin Ozma zu einer bösen Hexe brachte. In Band 4 („Dorothy and the Wizard in Oz“) weiß der Zauberer gar nichts von der Thronerbin Ozma (die nun auch über das Land regiert) und Baum beschreibt, dass es bereits einmal eine Smaragdstadt gab, allerdings gelang ihr Großvater in die Gefangenschaft der Hexe Mombi, später hielt sie auch Ozmas Vater und schließlich Ozma selbst gefangen. In all der Zeit gab es niemanden, der über das Land regierte, bis der Zauberer kam und die Stadt neu aufbauen ließ.

Ähnliche Kontinuitätsfehler zeigen sich auch in der Geschichte des Blechmanns: Im ersten Band erzählt er, dass eine verzauberte Axt ihm nacheinander Beine, Arme, Bauch und Kopf abtrennte. In Band 3 („Ozma of Oz“) erzählt Dorothy, dass ihm keine ganzen Gliedmaßen, sondern die Finger, Ohren etc. einzeln abgehackt wurden.

Der nächste Fehler: Die Farben des Landes Oz sind Rot (Süden), Gelb (Westen), Violett (Norden), Blau (Osten) und Grün (Smaragdstadt). In „Dorothy and the Wizard in Oz“ beschreibt Baum die Landesflagge und betont, dass diese die einzelnen Teile des Landes und ihre Farben repräsentieren. Allerdings hält er sich hier nicht wie sonst an oben genannte Farben, sondern beschreibt die Flagge mit Himmelblau, Rosa, Lavendelfarben, Weiß und Smaragdgrün.

Ich könnte noch mehr solcher Fehler auflisten. Beispielsweise gibt es auch unterschiedliche Angaben dazu, wann Ozma Dorothy in ihrem magischen Spiegel sieht, um herauszufinden, wann Dorothy in Not ist. Unabhängig davon fragte ich mich, warum Baum das kleine Mädchen in schwierigen Situationen nicht auf Ozmas Hilfe zurückgreift, die sich bereit erklärte, sie in Gefahr einfach durch den magischen Gürtel, den sie in Band 2 erhielt, zu sich zu holen. In Band 4 fällt Dorothy dies erst ein, nachdem sie und ihre Gefährten schon mehrfach in lebensgefährlichen Situationen waren, die oftmals ausweglos schienen. In Band 5 denkt sie überhaupt nicht daran, sondern grübelt nur die ganze Zeit, wie sie und ihre Freunde nach Oz gelangen können, obwohl ihr die leichteste Möglichkeit ja bekannt ist. Natürlich würde es weniger Abenteuer geben, wenn Dorothy immer so einfach zu ihren Ozianischen Bekannten käme, allerdings zeugt Dorothys Denkweise in Band 4 und 5 nicht gerade von Logik.

Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Handlungen der Bände, da diese sich mehr oder weniger ähneln. Zwar erleben die Helden immer andere Abenteuer, aber jeder Band läuft nach einem ähnlichen Schema ab: Dorothy wird aus ihrer eigenen Lebenswirklichkeit gerissen und landet in einem magischen Land (Ausnahme bildet hier natürlich der zweite Band „The Marvelous Land of Oz“). Anschließend soll es in die Smaragdstadt gehen. Auf der Reise dorthin gesellen sich zu unseren jeweiligen Haupthelden immer mehr Figuren hinzu (meist neue), die alle Freunde auf Lebenszeit werden, selbst dann, wenn sie sich nur streiten. Am Ende erfolgt meist eine sehr simple Lösung aller Probleme durch einen magischen Gegenstand bzw. durch die Zauberei einer Person. Die letzten Kapitel bilden dann immer ein Fest im Palast der Smaragdenstadt. Dieser Punkt hat mich besonders gestört: Muss in jedem Buch über mehrere Kapitel beschrieben werden, wie alle feierten, wer eingeladen war, dass es tolles Essen gab und was auf dem Fest vorgeführt wurde? Das ließe sich auch einfach in einem Kapitel bzw. auf zwei Seiten zusammenfassen, anstatt dass man dafür drei von rund 20 Kapiteln pro Buch aufwendet. Ganz zu schweigen davon, dass diese ständige Wiederholung auch sehr schnell langweilig wird. Ich habe jedenfalls die letzten Kapitel der Bänder immer nur widerwillig gelesen, da ich wusste, dass eh nichts Spektakuläres, Handlungsrelevantes mehr passiert.

Des Weiteren fragte ich mich mehrfach, ob Baum sich bei seinen Buchtiteln überhaupt hin und wieder Gedanken machte. Band 3 heißt „Ozma of Oz“. Allerdings geht es hier nicht um Ozma, sondern um die königliche Familie von Ev, die von dem Nomenkönig zu Edelsteinen verwandelt wurde. Dorothy und ihre Freunde versuchen nun, die Familie von diesem Fluch zu befreien. Ozma ist zwar auch dabei, hat jedoch keine bedeutende Funktion. Tatsächlich ist das Huhn Billina die Heldin, die alle vom Zauber des Nomenkönigs befreit. Beim Folgeband verhält es sich ähnlich, wenn auch nicht ganz so schlimm: Unter dem Titel „Dorothy and the Wizard in Oz“ stellt man sich vor, dass beide Abenteuer in eben jenem Land erleben. Tatsächlich sind sie dort nur für die große Feier am Ende des Bandes. Die eigentliche Geschichte spielt sich unter der Erdoberfläche ab. Zudem erleben nicht nur Dorothy und der Zauberer die Abenteuer, sondern auch noch der Junge Zeb, das Pferd Jim, die Katze Eureka sowie die neun kleinen Ferkel des Zauberers. Aber der Titel „Dorothy and the Wizard in Oz“ war wahrscheinlich einfach verkaufsfördernder, als ein besser passender.

Insgesamt muss ich bisher sagen, dass die Geschichten an sich ganz nett sind, aber auf Grund der immer wiederkehrenden gleichen Struktur, den vielen Kontinuitätsfehlern und den langatmigen Feiern am Ende der Bücher hält sich die Freude in Grenzen. Einzeln für sich betrachtet ist jedes Buch gut, doch im Rahmen einer Reihe wird vieles schnell langweilig und ich lese nur weiter, um sagen zu können, dass ich alle Oz-Bücher kenne.