Märchen sind in den letzten Jahren ja wieder stark in Mode gekommen und etliche Autoren bedienen sich der bekanntesten Märchen, um sie in neuen Kontext und vor allem in eine andere Zeit zu versetzen. Ich persönlich mag diese Märchen-Remakes gar nicht, sondern schätze die Originale in ihrer ursprünglichen Form. Statt neuer Versionen der alten Geschichten von den Grimms, Hauff und Andersen finde ich viel mehr Gefallen an schönen Sonder- oder Neuausgaben, die die Märchen in ihrer ursprünglichen Form enthalten. Eine dieser Ausgaben, die mich vollends verführt hat, ist die von Benjamin Lacombe illustrierte „Schneewittchen“-Ausgabe mit dem Text in der Originalversion der Brüder Grimm von 1896 (lediglich die Rechtschreibung ist angepasst). Nun wisst ihr, wie sehr ich für Lacombes Kunst schwärme und bei jedem seiner Bilder lasse ich mich immer wieder aufs Neue in eine andere Welt entführen. Wie könnte ich da einem von ihm gestalteten „Schneewittchen“-Buch widerstehen? Hier haben sich nämlich gleich zwei meiner Favoriten getroffen: Zum einen Lacombe, dessen Kunst die einzige ist, die mir wirklich gefällt, und zum anderen eines meiner beiden Lieblingsmärchen. Etwas anderes, als mich in Lacombes „Schneewittchen“-Ausgabe zu verlieben, war mir also gar nicht möglich, als ich das Buch am Tag nach meinem Buchmessenbesuch las.
Wie bereits erwähnt, zählt „Schneewittchen“ neben „Dornröschen“, seit ich denken kann, zu meinen Lieblingsmärchen und im Laufe meiner bisher 25 Jahre habe ich das Märchen in unterschiedlichen Versionen gelesen, gehört und gesehen – mit den entsprechenden Veränderungen und „Weichmachern“ für die jüngsten Leser. Doch keine Film-, Hörspiel- oder Buchversion konnte mich so begeistern wie Lacombes! Die Figuren sind im typischen Lacombe-Stil gehalten – einem Mix aus kindlichen Zügen und Düster-Geheimnisvollem und natürlich immer etwas skurril: Die böse Königin trägt mal einen von Medusa inspirierten Kragen, um ein anderes Mal in einem Pfauen-Körper als Symbol für ihren Stolz und ihre Eitelkeit zu stecken, ein weiteres Mal bindet sie Schneewittchen einen Schnürriemen aus einem Käfig, in dem ein Rabe gefangen ist, um. Doch mit das Schönste ist wohl Lacombes Einsatz der Farben, vor allem der wichtigsten Farbe des Märchens: Rot! Keine andere Farbe strahlt aus diesem Buch heraus wie dieses intensive, leuchtende, satte Rot.
Benjamin Lacombe und sein deutscher Partnerverlag Jacoby & Stuart haben mich wieder einmal überzeugt und dafür gesorgt, dass ich mir die Bilder des Buches am liebsten in riesigem Format in der gesamten Wohnung aufhängen möchte. Doch etwas zwiespältig bin ich dennoch, denn einerseits ist das Buch wunderbar zum Vorlesen geeignet, zum anderen hätte ich beim Lesen mit Kindern oder beim Verleihen des Buches aber viel zu viel Angst, dass dieses wunderschöne Exemplar Schaden nimmt. ;)
Die Zeichnungen sind wirklich großartig. Mich interessiert besonders das Pop-up Buch, „Il était une fois“, welches auch von ihm illustriert ist, wenn ich mich nicht irre. Allerdings auf Französisch, vielleicht sollte ich doch lieber hoffen, dass die Geschichten so wie Schneewittchen einzeln erscheinen, und dann auf Deutsch :-)
„Il était une fois“ möchte ich auch unbedingt noch haben, aber es ist ja – wie du ja auch schon weißt – bislang nur in Frankreich, Spanien und Italien erschienen. Zwar soll es zwar wirklich nur ein Bilder-Pop-Up sein und lediglich die Danksagungen/Anmerkungen Lacombes am Ende auf Französisch, aber dennoch bin ich unschlüssig und hoffe wie du, dass es irgendwann auf Deutsch oder wenigstens Englisch erhältlich ist. Im Großen und Ganzen bin ich da aber auch optimistisch, da Jacoby & Stuart bereits mehrere Bücher Lacombes veröffentlich hat und auf Facebook auch immer wieder viel positives Feedback zu Lacombes Büchern erhält. Daher denke ich, dass sie auch noch viele weitere Bücher von ihm herausbringen werden. Im Herbst soll auf jeden Fall bei Jacoby & Stuart Lacombes Feengeschichte erscheinen (http://www.youtube.com/watch?v=o5vxop9P_nk&feature=player_embedded).
Ich persönlich hoffe aber vor allem auf die deutsche Ausgabe des von Lacombe illustrierten „Glöckner von Notre Dame“, in die ich mich letztes Jahr regelrecht verliebt habe. :)
Du findest Remakes blöd? :( Zwar gibt es ja wirkliche viele und auch schlechte Remakes von Märchen, aber eigentlich finde ich Remakes grundsätzlich nicht schlecht. Bei manchen Märchen wäre es ja schon schön, wenn da einfach noch ein bisschen „Speck“ zwischen den Rippen wäre. Gerade die Märchen von den Gebrüdern Grimm sind ja doch immer sehr mager ausgestattet…
Ich selber mag übrigens „Schneeweißchen und Rosenrot“, „Allerleirauh“ und „Brüderchen und Schwesterchen“ lieber als die Standartmärchen. (Und die reizen mich auch sehr dazu, mal selbst ein „Remake“ zu schreiben.) :)
Das Buch ist wirklich toll aus, aber Kindern würde ich es auch nicht in die Hand geben. Ich glaube, sie würden die Zeichnungen eventuell auch gruslig finden.
Ja,irgendwie haben Remakes bei mir keine gute Stellung mehr. Anfangs fand ich die Idee, Märchenklassiker „wiederzubeleben“ nicht schlecht und bei „Beastly“ wurde es auch gut umgesetzt. Aber danach sind so viele Autoren auf diesen Märchen-Remake-Zug aufgesprungen, dass ich es irgendwann einfach nicht mehr sehen konnte. Das gilt auch für entsprechende Verfilmungen wie „Rapunzel – neu verwöhnt“, „7 Zwerge“ oder der neue „Schneewittchen“-Film mit Julia Roberts. Ich bin damit einfach übersättigt, u.a. auch weil diese Remakes so oft ins Lächerliche gehen (jedenfalls bei den Verfilmungen) und fast immer die gleichen Märchen neu aufgelegt werden (insbesondere „Rotkäppchen“ war ja in den letzten ein, zwei Jahren Vorlage für viele Bücher). Abgesehen davon, arbeite ich viel mit Kindern zusammen. Und wenn die einen Märchenfilm drehen wollen, musste ich bisher immer öfter feststellen, dass sie nur noch die neuen Verfilmungen wie eben „7 Zwerge“ mit Otto kennen, nicht aber die Originale. Da heißt es dann bspw., dass das Lieblingsmärchen „Schneewittchen“ ist oder man „Schneewittchen“ filmisch umsetzen möchte – dann kommt aber nicht das richtige Märchen, sondern diese satirische Version und jeder will unbedingt dieser von Otto gespielte Zwerg sein bzw. dreht es sich dann allgemein nur noch um diese Zwerge und nicht mehr um Schneewittchen und die böse Stiefmutter. Statt der klassischen Märchenelemente sollen nur Slapstick-Einlagen, Witze und Blödeleien vorkommen etc. Das hat daher noch stärker dazu geführt, dass ich diese ganze Neuverfilmungen und -schreibungen nicht allzu sehr mag.
Wenn ein Remake gut gemacht ist, ist das ja in Ordnung, aber gerade die erfolgreichen Neuauflaugen sind inhaltlich meist nicht so der Hit. :-/ Dann doch lieber Vorgeschichten zu den Märchen, Fortsetzungen oder z.B. den Fokus auf das Leben einer Nebenfigur richten oder auch mal einen alternativen Verlauf der Geschichte aufzeigen. Das finde ich dann alles schon wieder interessant ;)
„Allerleirauh“ habe ich im Übrigen nie gelesen oder gehört und kenne es nur vom Namen her. Aber zum Glück kann man alle Märchen mittlerweile auch im Netz lesen, sodass ich da wohl mal reinlesen werde :)
ein wirklich wunderschönes Buch. :)