Ich habe zwar noch nicht viele Scheibenwelt-Bücher gelesen, aber „Maurice, der Kater“ zählt schon jetzt zu meinen Lieblingsbänden. Und nein, nicht nur, weil eine der Hauptfiguren ein sprechender Kater ist. Sondern auch, weil die imagegeschädigten Ratten in Terry Pratchetts Geschichte auch mal zu den Guten gehören und weil Pratchett es wieder einmal geschafft hat, Humor mit Gesellschaftskritik zu verbinden.
In „Maurice, der Kater“ greift Terry Pratchett Rattenfänger-Sagen auf – aber auf eine ganz eigene, ungewöhnliche Weise. Denn in diesem Scheibenwelt-Roman tun sich Mensch, Katze und Ratten zusammen. Kater Maurice und eine Gruppe Ratten sind eines Tages aufgewacht und konnten plötzlich sprechen und denken wie Menschen. Nun, da sie nicht mehr rein von ihren Instinkten geleitet werden, können sie einerseits viel besser auf sich und einander achtgeben, andererseits weicht es die Rivalität zwischen Katze und Ratte auf. Natürlich bleiben die Ratten weiterhin skeptisch gegenüber Maurice; Maurice wiederum kann nicht leugnen, dass es ihm manchmal schwerfällt, Ratten nicht mehr als Nahrung zu sehen. Aber beide Seiten haben erkannt, dass es für sie von Vorteil ist, sich zu respektieren und zusammenzuarbeiten. Gemeinsam mit dem Jungen Keith ziehen sie durchs Land und tricksen die Menschen in den Dörfern und Städten aus. Keith – mit Maurice an seiner Seite – verspricht den Bewohner*innen, die Ratten aus dem Ort zu führen und wird dafür gut entlohnt. Natürlich fangen Keith und Maurice nicht die Ratten der jeweiligen Orte, sondern spazieren einfach mit „ihrem“ Rattenrudel aus den Orten hinaus.
Als die Gruppe in dem kleinen Ort Bad Blintz eintrifft, stellt sie fest, dass sie nicht die einzigen sind, die sich mit einer vermeintlichen Rattenfängerei bereichern. Bad Blintz hat zwei ortsansässige Rattenfänger – die im großen Stil den Einwohner*innen tagtäglich das Geld aus der Tasche ziehen, auf einem Niveau, das den Ort wirtschaftlich derart schwächt und Brot zur Rarität macht. Zusammen mit Malicia, der Tochter des Bürgermeisters, nehmen es Maurice, Keith und die Ratten mit den betrügerischen Rattenfängern auf – was für alle Beteiligten zu einem lebensbedrohlichen Unterfangen wird.
Ursprünglich als Kinderbuch gedacht, ist „Maurice, der Kater“ in erster Linie gute Unterhaltung mit durchgehender Spannung und einer Vielzahl an Hauptfiguren, unter denen alle Lesenden vermutlich ihre eigenen Lieblinge finden. Liest man das Buch als erwachsene Person, fallen aber auch die vielen ethischen Fragestellungen auf, die das Verhältnis zwischen Mensch und Tier oder zwischen Tier und Tier betreffen. Würden Menschen mit Tieren anders umgehen, wenn diese mit ihnen sprechen könnten? Wäre das Zusammenleben für beide Seiten angenehmer, weil bspw. manche Lebewesen nicht als Plage betrachtet würden und es Regeln für das Zusammenleben gäbe?
Immer wieder hält Pratchett der Menschheit den Spiegel vor, jedoch nie mahnend, sondern eingebettet in Humor, Dramatik und vor allem in hervorragende Dialoge. Als bspw. einer der Rattenfänger glaubt, von Keith und Malicia mit Rattengift vergiftet zu sein, findet er das „unmenschlich“. Keith antwortet darauf, dass es „äußerst menschlich“ sei, schließlich gebe es kein Tier, das so etwas einem anderen Tier antun würde.
In der Hörbuchversion ist all das grandios erzählt von Volker Niederfahrenhorst, von dem ich nun unbedingt mehr Hörbücher hören möchte. Volker Niederfahrenhorst spielt hervorragend mit seiner Stimme. Jede Figur hat nicht nur eine andere Stimmlage, sondern auch ein anderes Sprechtempo und eine andere Sprechweise in Bezug auf Betonung und Attitüde. Ja, sogar innerhalb des großen Rattenrudels klingt keine Ratte wie die andere. Das verleiht dem Hörbuch fast den Charakter eines Hörspiels und macht die Geschichte noch spannender und kurzweiliger.
Fazit:
Ein famoser Scheibenwelt-Roman voller Humor, Intrigen, ungewöhnlicher Figuren und Kritik an dem Umgang der Menschen mit anderen Lebewesen. Unbedingt hören, statt lesen!
Terry Pratchett: „Maurice, der Kater“ (Scheibenwelt Band 28; Hörbuch, gelesen von Volker Niederfahrenhorst), aus dem Englischen übersetzt von Andreas Brandhorst, Schall & Wahn 2021, ASIN: B08VD618PL, ISBN 978-3-8371-6001-7
Liebe Kathrin,
würdest Du denn sagen, dass man alle Bücher der Reihe nach lesen muss, um zurecht zu kommen?
Ich kenne bisher nur Band 1 und Band 2.
Ich höre mal direkt in den Maurice rein.
Herzlichst,
Barbara
Kleiner Nachtrag:
Er liest wirklich unglaublich toll. Ich habe es direkt auf meine Merkliste bei audible gepackt!
Was für eine Stimme. Habe auch direkt geschaut, was er noch so eingesprochen hat.
Hallo Barbara,
das gute an den Scheibenwelt-Büchern ist, dass sie keiner festen Reihenfolge folgen und wild durcheinander gelesen werden können. „Maurice“ ist auch in sich komplett abgeschlossen und braucht gar keine Kenntnis anderer Pratchett-Bücher. Du kannst also gut damit starten :)
Und es freut mich, dass dir auch der Sprecher auf Anhieb gefallen hat! Die Stimme und Sprechweise hat immer so viel Einfluss darauf, wie eine Geschichte wirkt.
Ich wünsche dir später ganz viel Spaß mit Maurice!
Maurice habe ich noch nicht gelesen, geschweige den gehört. Da fällt mir auf, ich muss mal wieder Gevatter Tod einem reRead zuführen.
Da ich mich kenne, werde ich wahrscheinlich eher das Buch lesen, wie mir das Hörbuch zuzulegen, mal sehen was so passiert aber Pratchett muss ich unbedingt wieder lesen und vielleicht wirds ja „Maurice“
Hallo Markus,
„Gevatter Tod“ habe ich wiederum noch nicht gelesen – aber sehr viel Gutes darüber gehört. Wenn ich mich dafür entscheide, werde ich aber wie du vor der Frage stehen: lesen oder hören? Von den Scheibenwelt-Büchern gibt es inzwischen ja auch so viele schön gestaltete Printausgaben.
Kathrin, da darfst du mich nicht fragen, ich bin immer fürs Lesen, da ich bei Hörbüchern immer einschlafe …. und ich mich nicht wirklich drauf konzentrieren kann.
Das mit dem Einschlafen kenne ich :D Manchmal nutze ich Hörbücher und Hörspiele auch genau dafür (leider muss ich dann aber beim nächsten Mal wieder so viel zurückspulen).