„Valerian“ war der dritte und letzte Doppelband in meinem Comic-Paket, dass ich bei Sarah anlässlich des 50. Jubiläums von Carlsen Comics gewann. Doch während ich mit Yoko Tsuno, Spirou und Fantasio eine grandiose Zeit hatte, die ich unbedingt wiederholen möchte, konnten mich die beiden Abenteuer von Valerian und Laureline[1] leider weniger begeistern. Die Grundideen des Comics sind dabei aber ausgesprochen gut. Wir begleiten die beiden Weltraumagenten Valerian und Laureline durch verschiedenste Aufträge und Erkundungen, die dank ihrer Möglichkeit zu Raum-Zeit-Sprüngen an die entlegensten Bereiche des Universums und in die unterschiedlichsten Jahrtausende führen. Dabei reisen wir in Zeiten und auf Planeten, in denen verschiedenste irdische und außerirdische Spezies zusammenleben, handeln und arbeiten. Wenig verwunderlich dabei: Auch wenn es nach außen scheint, als würden alle Arten des Universums gleichberechtigt und in Eintracht miteinander leben, wird schnell deutlich, dass selbst zum Ende des dritten Jahrtausends noch immer Rassismus und Diskriminierung vorherrschen. Es wird nebeneinander her gelebt; jede Spezies bleibt für sich, es sei denn, sie kann aus der Zusammenarbeit oder dem Handel mit anderen Lebensformen irgendeinen Vorteil erwirtschaften. Auch die ewige Spaltung zwischen den reichen Herrschenden und den ärmeren, unterdrückten Teilen der Bevölkerung ist ein unverändertes Problem. Da wir bei jedem Comic-Band in ein neues, in sich abgeschlossenes Abenteuer in einer anderen Umgebung starten, bedarf es glücklicherweise keiner Vorkenntnisse, um in die Reihe quer einzusteigen und in die Strukturen der jeweiligen Zeiten und Welten hineinzufinden.

Die Umsetzung dieser Ideen blieb mir dann jedoch oft zu oberflächlich, die Handlungsstränge zu dünn. Valerian und Laureline erscheinen am Ort ihrer aktuellen Mission und hangeln sich anschließend Stück für Stück durch kleine und große Probleme, bis es zum finalen Showdown kommt. Die Lösungen ihrer Probleme sind dabei immer ziemlich simpel, schnell und reibungslos umgesetzt, sodass die Geschichten just in dem Moment, in dem sie für mich spannend wurden, endeten.

In der ersten Story – „Im Reich der tausend Planeten“, die ursprünglich der zweite Band der Serie ist und als Vorlage für die Hollywood-Verfilmung diente – landen die beiden Helden auf Syrtis. Syrtis wird zu Beginn der Geschichte als Stern bezeichnet, im gleichen Atemzug wird jedoch erläutert, dass auf Syrtis der Herrscher des Reiches der tausend Planeten lebt und die unterschiedlichsten Spezies des Planetensystems hier Handel treiben. Leben auf einem Stern? Aus naturwissenschaftlicher Sicht unmöglich und damit für mich schon zu Beginn der Lektüre der erste Minuspunkt. Ignoriert man nun diesen Punkt und liest weiter, verfolgt man die beiden Helden, wie sie von einer gefährlichen Situation in die nächste schlittern, ohne dass am Anfang ersichtlich wäre, worauf das Ganze wohl hinausläuft. Eher episodenhaft bewegen wir uns mit ihnen auf Syrtis, bis wir zum eigentlichen Kernproblem vordringen.

In der zweiten Geschichte, „Botschafter der Schatten“ (Band 6), wird in Central City, einer aus aneinandergekoppelten Raumschiffen entstandenen Stadt, der Botschafter der Erde entführt – und Valerian mit ihm. Ihre einzige Rettung ist Laureline, die dabei quasi auf sich allein gestellt ist. Zwar begleitet Laureline der Protokollchef von Central City, durch seine Angst, Vorsicht und Fixierung auf Formalitäten ist dieser jedoch keine sonderliche Hilfe. Somit lassen die „Valerian“-Schöpfer Jean-Paul Mézières und Pierre Christin den Frieden im Universum mal eben von einer einzigen Frau retten. Und das macht Laureline verdammt gut! Während Valerian in beiden Bänden recht blass und austauschbar bleibt, hat Laureline einen starken Charakter: Sie ist schlagfertig, impulsiv, leidenschaftlich in allem, was sie tut, lässt sich ungern etwas verbieten und handelt auch schon mal unerlaubterweise auf eigene Initiative. Das bringt sie und Valerian natürlich hin und wieder in Schwierigkeiten, ist im Fall der Fälle aber immer zielführender und hilfreicher als die Handlungen der Männer. Kurz: Laureline rockt die zweite Story im Jubiläumsband und hätte meiner Meinung nach das Potenzial für eine ganz eigene Serie. Hätten Mézière und Christin Laurelines Rettungsmission in „Botschafter der Schatten“ nicht wie einen Staffellauf aneinandergereiht, wäre die Geschichte tatsächlich perfekt geworden. Denn auch hier greifen die beiden Comic-Künstler gesellschaftliche Themen wie Vorurteile, Ausgrenzung und Korruption auf. Highlights sind dabei zudem die Vielfalt der Lebensformen mit ihren jeweiligen Eigenarten und der Grunztier-Transmutator, ein drolliges Wesen, das jede beliebige Währung produzieren kann.

Optisch kommt „Valerian“ mit harten, dicken Konturen, vielen Schatten und dunklen Tönen daher. Damit trifft der Stil nicht meinen persönlichen Geschmack, passt jedoch zu den Geschichten und Schauplätzen des Comics. Andere Leserinnen und Leser werden wiederum genau diesen Stil mögen. Zweifellos grandios gelungen sind die zum Teil ganzseitigen Darstellungen des Weltalls, die mich als Leserin die unendliche Weite und Stille spüren ließen.

Fazit:

Autor Pierre Christin und Zeichner Jean-Claude Mézières haben mit „Valerian“ eine Comic-Reihe geschaffen, die zeitlose, gesellschaftliche Themen aufgreift, eine starke Frauenfigur als Protagonistin mitbringt und beeindruckende Weltraumszenarien enthält. Der ziemlich blasse Titelheld Valerian und die sehr einfach gestrickten, oberflächlichen Handlungen hemmen jedoch die volle Ausschöpfung der grundsätzlich vielfältigen Potenziale.

[1] In den deutschen Bänden hieß Valerians Gefährtin seit Erscheinen Veronique. Im Original trägt sie den Namen Laureline. Da das Two-in-One die Vorlage für die Hollywood-Verfilmung „Valerian“ enthält und die Heldin im Film ebenfalls Laureline heißt, wurde der Name im Doppelband entsprechend angepasst.

Jean-Claude Mézières & Pierre Christin: „Valerian. Two-in-One: Im Reich der tausend Planeten / Botschafter der Schatten“, aus dem Französischen übersetzt von Marianne Knolle und Brigitte Westermeier, Carlsen Comics 2017, ISBN: 978-3-551-73430-3