Auch in diesem Jahr hat Nico von Im Buchwinkel den #ComicMärz2021 ausgerufen, um die Vielfalt von Comics und Mangas zu zeigen. Diesen Rahmen möchte ich nutzen, um euch auf die Mangareihe „Clover“ der Zeichner*innen-Gruppe CLAMP aufmerksam zu machen. Unter dem Namen CLAMP haben zunächst 12 Mangaka, später nur noch die vier Zeichnerinnen Nanase Ohkawa, Mokona, Tsubaki Nekoi und Satsuki Igarashi etliche Mangareihen geschaffen, die bis heute Kultstatus besitzen und als stilprägend für ihre Genres gelten, so zum Beispiel „Card Captor Sakura“, „RG Veda“, „Tokyo Babylon“ oder „Chobits“. Leider sind aktuell kaum noch Titel von CLAMP auf dem deutschsprachigen Markt erhältlich – auch an die Bände von „Clover“ kommt man aktuell nur schwer ran. Anlässlich des 30-jährigen Jubläums von „RG Veda“ erschien bei Manga Cult vor zwei Jahren eine Hardcover-Ausgabe als „Master Edition“. Bleibt zu hoffen, dass auch andere Werke der Mangaka-Gruppe neu aufgelegt werden (können).
Dass der erste „Clover“-Band heute in meinem Regal steht, ist daher auch allein der wunderbaren Steffi alias Miss Booleana zu verdanken. Ihre leidenschaftliche Begeisterung für die Werke von CLAMP wirkt jedes Mal aufs Neue ansteckend. Und nachdem ich irgendwann durch ihre Exemplare blätterte, vielleicht etwas zu laut seufzend, dass diese Mangas nicht mehr aufgelegt werden, fand ich eines Tages ein schönes, grünes „Kleeblatt“ in meinem Briefkasten. An dieser Stelle noch einmal herzlichen Dank an dich, Steffi, dass du mir die Welt von CLAMP eröffnet hast!
Nachdem ich den ersten Band von „Clover“ nun gelesen habe, kann ich den Erfolg der Mangaka-Gruppe gut nachvollziehen und möchte unbedingt tiefer in das Gesamtwerk einsteigen: CLAMP verstehen es hervorragend, ihre Figuren zu dirigieren und geschickte Fährten zu legen, die uns Lesende neugierig machen, aber nie zu viel verraten und damit ständig neue Fragen aufwerfen.
In Clover finden wir uns in einer futuristischen Welt wieder, in der es normal ist, dass menschliche Körperteile durch Technologie ersetzt bzw. erweitert werden, in der Teleportation möglich ist und in der Tiere nahezu ausgestorben sind bzw. lediglich als Roboter existieren. Hier treffen wir auf den Ex-Soldaten Ryu Kazuhiko, der einem Ältesten noch einen Gefallen schuldet und darum beauftragt wird, ein streng geheimes, wichtiges „Gut“ sicher zu transportieren. Diese „Gut“ entpuppt sich als das junge Mädchen Sue. Bisher lebte Sue allein und gut versteckt – zurecht! Denn während Ryu seinem Auftrag nachkommt, zeigt sich, dass es gleich mehrere Leute auf Sue abgesehen haben. Da kann man auch schon mal den Überblick über das Who´s Who verlieren. Denn über die Absichten und wer wie mit wem zusammenhängt, erfahren wir im ersten Band kaum etwas. Klar ist nur: Sue ist kein gewöhnliches Mädchen und hinter ihrem zarten, kindlichen Äußeren verbirgt sich eine geheimnisvolle Kraft. Denn Sue ist ein „Kleeblatt“ („Clover“) – so werden in dieser Welt Menschen bezeichnet, die über außergewöhnliche, übernatürliche Fähigkeiten verfügen. Und in Anbetracht ihrer vielen Feinde ist schnell klar, dass Sue selbst für ein „Kleeblatt“ eine Rarität darstellt. Viel mehr verraten CLAMP im Auftakt der Reihe noch nicht und alles, was wir erfahren, wird fast schon beiläufig und wie selbstverständlich eingeflochten. Anfangs hat mich das zugegebenermaßen etwas geärgert, weil ich gern noch mehr von dieser Welt erfahren hätte, bevor ich mich in ihr verliere. Doch je mehr die Handlung voranschritt, desto cleverer fand ich diesen Kniff und desto mehr weckte CLAMPs Herangehensweise meine Neugier. Ständig tauchten neue Fragen auf, wie zum Beispiel: Wohin soll Sue eigentlich gebracht werden und was soll dort mit ihr passieren? Warum singt sie wieder und wieder dasselbe Lied? Was hat es mit den Engelsstatuen bzw. den geflügelten Frauen auf sich, die uns wieder und wieder in irgendeiner Form begegnen? Wer sind all diese Typen, die Sue und Ryu jagen? Und was macht ausgerechnet Sue so besonders?
Fragen über Fragen, auf deren Antwort ich noch warten muss. Bis alle Geheimnisse gelüftet werden, lassen sich in „Clover“ aber auch wunderbar die leiseren Töne genießen. Denn wenngleich „Clover“ actiongeladen und steampunkig daherkommt, bleibt doch genug Raum für stille Momente, Zwischenmenschliches und Symbolik. Ohne große Worte oder viele Taten bekommen wir schnell ein gutes Bild von den Figuren, von dem, was ihnen wichtig ist und was sie verbindet. Und trotz aller Technologie ist „Clover“ märchenhaft-fantastisch und gibt mir das Gefühl, mich in einer Art Traumwelt zu bewegen, in der alles möglich ist und an jeder Ecke etwas Unverhofftes auftauchen kann.
Das Ganze kommt in einem sehr klaren, kantigen Zeichenstil daher, der aus heutiger Sicht zwar etwas veraltet wirkt, aber aufs Wesentliche reduziert und nie überladen ist. Das ermöglicht eine volle Konzentration auf die Figuren und das, was zwischen den Zeilen bzw. Panels passiert.
Fazit:
„Clover“ bewegt sich gekonnt zwischen Melancholie und Action, Science Fiction und Fantastik, Futurismus und Märchen. Es lockt und legt Spuren, nur um uns dann auf neue Pfade zu führen. Ich möchte mehr!
CLAMP: „Clover“ (Band 1), aus dem Japanischen übersetzt von Dorothea Überall, Carlsen Verlag 2002, ISBN: 978-3-551-75651-1
Mehr über CLAMP und ihre Mangas erfahrt ihr bei Miss Booleana.
Alle Beiträge rund um den #ComicMärz2021 findet ihr auf der Aktionsseite auf Im Buchwinkel.
Hey Kathrin =)
Schön, dass du beim #ComicMärz mit dabei bist und diese Manga-Rezension mit beisteuerst. Ich habe sie auf der Übersichtsseite verlinkt. Interessant finde ich, dass wohl viel zwischen den Panels passiert. Bist du da gut mitgekommen?
Liebe Grüße,
Nico
Hi Nico,
danke für deine Zeilen! Bei „Clover“ fand ich es tatsächlich einfach, der Handlung auch bei Sprüngen oder fehlenden Infos zu folgen. Es gibt aber tatsächlich viele Mangas, bei denen ich Schwierigkeiten habe mit abrupten Sprüngen, scheinbar aus dem Nichts kommenden Emotionen und Handlungen oder auch manchen für uns Nicht-Japaner*innen unbekannten Symbolen. Gerade bei jüngeren oder auch actionreichen Mangas erlebe ich es sehr oft, dass ich das Gefühl habe, abgehängt zu sein. Bei „Clover“ ist aber alles aufs Wesentliche reduziert, sodass es leicht fällt, zwischen den Themen, Figuren und Handlungssträngen zu wechseln. :)
Wie geht es dir sonst mit solchen Sprüngen / abrupten Wechseln in Mangas?
Liebe Grüße
Kathrin
Hach, das „wunderbar“ ging runter wie Öl. ;) vielen Dank für die Erwähnung und es freut mich sehr, dass dir der Manga größtenteils gefallen hat und vielleicht eine Einstiegsdroge für das Werk von CLAMP ist. Ja ihren hype was Deutschland betrifft, hatten sie wohl vor einer Weile … eigentlich schade. Damals wurden ganz verrückte Sachen herausgebracht, die ich mir sonst nur auf dem japanischen Markt vorstellen konnte. Beispielsweise ein Schachspiel mit Figuren aus dem CLAMPversum.
In Japan erlebt CLAMP gerade eine Art Revival mit der Neu-Adaption von Card Captor Sakura und der Anime-Adaption von Tokyo Babylon + Verlegung ins 21. Jahrhundert … wer weiß!? Vielleicht werden die Reihen dann hier bald neu aufgelegt. Ich hoffe es. V.A. wegen der Neuauflage von Clover auf dem US-Markt… . Mal schauen was passiert.
Und zu Clover: ja das philosophische und verträumte und der Leerraum zwischen den Panels ist schon speziell, aber fand ich auch gut zu deuten. Witzigerweise kam mir der Gedanke gar nicht, dass der kantige Stil CLAMPs (obwohl er ja nur bei den spitzen Gesichter und Schulter kantig ist ^^) veraltet wirken könnte. Auf mich wirkt er immer noch wie eine Ausnahme-Erscheinung unter den Manga, weil er soviel mit dem NOIR-Stil spielt und scheerenschnittartigen Mustern und Perspektiven … aber andererseits stimmt es schon, dass aktuelle Manga eine weichere Optik haben.
Hallo liebe Steffi,
bitte entschuldige die späte Antwort. Ich bin heute zum ersten Mal seit Wochen wieder am Rechner und damit auch im Blog-Backoffice. ;)
„Clover“ hat mir gut gefallen. Mich stört an Mangas nur immer wieder, dass der erste Band eigentlich nicht ausreicht, um wirklich in die Geschichte einzusteigen. Ich brauch immer, zwei, drei Bände, um ein gutes Gespür für Story und Figuren zu bekommen und herauszufinden, ob die Reihe etwas für mich ist. Außer wenn ein Manga absolut nicht mit meinen Geschmack trifft oder viele Aspekte hat, die ich problematisch finde, merke ich das beim ersten Band. ;)
Was ich an „Clover“ mag, ist dass der Manga mit nichts zu vergleichen ist – weder optisch noch inhaltlich/genremäßig.
Und gerade die vielen freien Flächen haben mir gefallen. Das fand ich so erfrischend und einen schönen Kontrast zu vielen anderen Mangas, bei denen in den Panels oft so viel passiert. (Auch das kann seinen Reiz haben, aber bei manchen Genres wird es mir schnell zu viel.)
Das Kantige hat mich auch eher an einzelne (männliche) Figuren in Animes aus den frühen 90ern erinnert (deren Namen ich mittlerweile aber teilweise auch vergessen habe ^^).