Die Abenteuer der beiden Freunde Spirou und Fantasio kannte ich ursprünglich nur aus der Fernsehserie der ’90er Jahre. Natürlich wusste ich von den Comics, doch da mir die Bände nie im Einzelhandel oder den Bibliotheken begegneten, ergab sich für mich nicht die Gelegenheit, einmal in die Bilderwelten des Duos einzutauchen. Dass Carlsen Comics anlässlich seines 50-jährigen Jubiläums einen Sonderband mit zwei Bänden der frankobelgischen Reihe herausgab, bot daher die ideale Gelegenheit, Spirou und Fantasio neu zu entdecken. Und was für ein Spaß das war!
Im Doppelband erleben wir mit Spirou, seinem Eichhörnchen Pips und Fantasio lustige, brenzlige, fantasievolle Momente im Angesicht des großen Gegners Zyklotrop. Den Beginn macht „Die Rückkehr des Z“ aus der Feder von Tome und Janry. Der ursprünglich 1992 erschienene Band führt Spirou, Pip und Fantasio 70 Jahre in die Zukunft, wo sie auf eine Gesellschaft treffen, in der die uns vertraute Zeitmessung abgeschafft wurde, in der Tagesabläufe und selbst kleinste Handlungen nach einem zentral gesteuerten Plan bestimmt werden. Freier Wille, Selbstbestimmtheit und Spontaneität gehören der Vergangenheit an. Hinter diesen Machenschaften steckt natürlich ein alter Bekannter – oder besser gesagt: dessen Verwandter, nämlich der Nachfahre Zyklotrops.
Das zweite, von Vehlmann und Yoann kreierte Abenteuer, „Die dunkle Seite des Z“, nimmt uns auf eine nicht weniger ausgefallene Reise mit. Dieses Mal befinden wir uns jedoch nicht in der Zukunft, sondern auf der Rückseite des Mondes, wo Zyklotrop einen Vergnügungspark für reiche Leute aufgebaut hat und damit seine Forschungen finanziert. Doch während unsere Freunde über die wahren Absichten Zyklotrops grübeln, mutieren Spirou und Pips plötzlich zu blutrünstigen Bestien.
Beide Geschichten sind mit viel Witz und Charme umgesetzt, kommen mit so manch amüsantem Seitenhieb auf die Gesellschaft daher und sind selbst für Einsteiger verständlich umgesetzt. Obwohl es sich um die Bände 35 und 50 der Reihe handelt und ich mich weder an einzelne Charaktere erinnern konnte, noch mich vor der Lektüre näher belas, fand ich schnell in die Geschichte und die Figurenkonstellationen hinein. Zwar gab es immer mal wieder kleinere Anspielungen auf vergangene Abenteuer, doch waren diese so marginal, dass ich als Einsteigerin nie das Gefühl hatte, etwas nicht zu verstehen. So fühlte ich mich also schnell willkommen in Spirous und Fantasios Welt. Aus der Zeit der Fernsehserie waren mir übrigens nur Spirou und Pips in Erinnerung geblieben sowie das Wissen, dass ich Spirou damals sehr mochte. Beim Lesen der Comics hatte sich diese Sympathie für Spirou nun bestätigt und so fieberte ich vor allem mit ihm mit.
Was ich an den „Spirou + Fantasio“-Comics besonders mag, sind die von wissenschaftlichen Errungenschaften geprägten Abenteuer und dass das Duo – im Gegensatz zu den US-Superhelden – nicht mit Kraft und Gewalt gegen seine Gegner vorgeht, sondern sich immer durch Cleverness und das Vertrauen ineinander aus Schwierigkeiten befreit. Dass sie, genau wie du und ich, aber durchaus auch mal ins Fettnäpfchen treten, macht sie umso liebenswerter und authentischer.
Abgerundet werden die Comics durch lauter wunderbare Details. So sind Spirou und Fantasio in der deutschen Comic-Reihe beim Carlsen Verlag angestellt und weitere Figuren der frankophonen Comic-Szene haben kleine Auftritte, beispielsweise laufen im Fernsehen „Die Schlümpfe“ und in einem historischen Museum der Zukunft können wir Asterix und Obelix entdecken. Als einziges Manko empfinde ich die Anpassung der Währung: Obwohl „Die Rückkehr des Z“ in den frühen ’90ern erschien und handelt (was auch optisch mehr als deutlich wird), bezahlen die Figuren mit dem damals noch nicht eingeführten Euro. Bei einer Handlung, die ganz offensichtlich zu einer früheren Zeit spielt, ergibt so eine Währungsanpassung in meinen Augen wenig Sinn. In anderen älteren oder in der Vergangenheit angesiedelten Geschichten verwendet man ja auch die damals geltenden Währungs- oder Maßeinheiten. Doch das ist wirklich Meckern auf hohem Niveau und sieht man von diesem einen Punkt ab, bieten „Spirou + Fantasio“ alles, was eine unterhaltsame, spannende und abwechslungsreiche Comicreihe ausmacht. Ich habe auf jeden Fall Lust auf mehr Abenteuer mit Spirou, Fantasio und Pips bekommen.
Fazit:
Mit dem Doppelband um die frankobelgischen Helden Spirou und Fantasio lädt Carlsen Comics ein, einen Comic-Klassiker (neu) zu entdecken. Dass die beiden Geschichten mitten aus der Reihe herausgegriffen wurden, stellt an keiner Stelle ein Hindernis für Einsteiger dar, da jeder Einzelband ein in sich abgeschlossenes Abenteuer enthält und die Autoren kein Vorwissen voraussetzen. Ausnahmslose Leseempfehlung für alle Fans und Quereinsteiger!
[Fun Fact: Laut „Die Rückkehr des Z“ wird dieses Jahr der Eiffelturm mit Glas verkleidet.]
Uh, das mit den „eingedeutschten“ Details finde ich ja nett. Ich selbst habe die Serie nur auf Französisch mit deutschen UT gesehen. Ich glaube, ich hätte es auch besser gefunden, wenn die DM die Währung wäre. :D
Irgendwie dachte ich immer, Pips wäre ein Hund gewesen. Aber wahrscheinlich hatte ich Struppi und Idefix im Hinterkopf gehabt. :)
Man vergisst tatsächlich sehr viel über die Jahre und Hunde waren früher ja die Gefährten schlechthin.
Auf Französisch mit deutschen Untertiteln … Das hast du tatsächlich durchgezogen? :D Mir ist es immer schwer gefallen, Filme mit Untertitel zu schauen, weil mich der Text zu sehr vom Bild ablenkt. Ich beginne eigentlich erst jetzt, beides besser wahrzunehmen und Filme oder Serien mit Untertitel auch genießen zu können.
Hihi, ich gehöre zur OmU-Gucker-Fraktion :D mit Synchro allein kann ich nichts anfangen. Ist auch eine Frage der Gewöhnung, da ich damit aufgewachsen bin (wer auch immer auf die Idee gekommen ist, DVDs mit verschiedenen Tonspuren und Untertitel auszustatten, dem gilt mein größter Dank, plötzlich nur noch Einsern in Englisch bekommen!) – daher nehme ich den Untertitel beim Gucken kaum bewusst wahr, mitbekommen habe ich trotzdem alles. Das wird schon. :)