Lange, sehr, sehr lange gab es kein Update mehr zum „Krieg und Frieden“-Leseprojekt. Aber natürlich haben Ute von buchstapelweise alias @papercuts1, Ute alias @Liedie40 und ich eifrig in Lew Tolstois Klassiker gelesen. Ute (@Liedie40) hat das rund 2000 Seiten umfassenden Werk inzwischen beendet. Ute von buchstapelweise und ich hingegen haben nach den ersten 75 Prozent erst einmal eine Pause eingelegt. Allerdings eher eine Zwangspause, die durch Zeitmangel hervorgerufen wurde. Diese Pause dauert nun schon über einen Monat. Viel zu lang, wie ich finde – insbesondere, nachdem ich mich seit letzter Woche auch Tolstois Leben sowie den Briefen von Lew und seiner Frau Sofja widme: Wieder und wieder staune ich, wie viele Erlebnisse, Themen und Charakterzüge sich aus Tolstois eigenem Leben oder sozialem Umfeld in „Krieg und Frieden“ und „Anna Karenina“ wiederfinden (Suizidversuch nach einer geplatzten Hochzeit, bodenständiges Landleben versus ereignisreiches, opulentes Stadtleben etc.). Meine Lust, mich wieder in „Krieg und Frieden“ zu stürzen, hat dadurch neuen Antrieb erfahren. Doch bevor ich mich in das letzte Viertel dieses Meisterwerkes stürze, möchte ich euch noch einmal einen kleinen Überblick über das gemeinschaftliche Lesen des dritten Viertels verschaffen. Auf dem aktuellsten Stand seit ihr natürlich immer, wenn ihr uns über den Hashtag #TeamTolstoi folgt.
Das dritte Viertel von Tolstois Roman steht zum überwiegenden Teil im Zeichen des Krieges zwischen Russland und Frankreich. Opulente Bälle, Teegesellschaften, Alltags- und Beziehungsdramen treten in den Hintergrund. Die Kämpfe an den Fronten überschatten alles – sowohl hinsichtlich des Buchinhalts als auch in Bezug auf das Leben der einzelnen Protagonisten. Denn auch die höheren Gesellschaftsschichten werden zunehmend mit dem Leid der Verwundeten und Gefallenen konfrontiert, leisten Hilfe, packen ihr Hab und Gut und fliehen in (hoffentlich) sichere Gegenden.
Napoleon trifft die Anordnung, direkt auf Moskau vorzurücken. Der alte Fürst legt die Uniform an … Sehr viel los heute! #TeamTolstoi
— Liedie40 (@Liedie40) 17. März 2015
Verbunden mit dem Thema „Krieg“ sind Einblicke in historische Hintergründe, die dem Leser das ein oder andere Mal viel Konzentration und zum Teil auch Motivation abverlangen.
@lesestunden Bei mir wird der Gedanke an Fatalismus und Prädestination hängen bleiben.@Liedie40 @Phantasienreise
— Ute (@papercuts1) 15. März 2015
@lesestunden Und dass jede kleine Einzelentscheidung das große Rad der Geschichte mit dreht. @Liedie40 @Phantasienreise #TeamTolstoi — Ute (@papercuts1) 15. März 2015
Im weiteren Verlauf des Krieges begleiten wir vor allem Peter/Pierre und Fürst Andree/Andrej an die Fronten. Wir müssen mitansehen, wie Andree verwundet wird und im Lazarett ausgerechnet auf Anatol/Anatole trifft – seinen Kontrahenten im Kampf um Natalies/Nataschas Herz. Diese Begegnung hat die beiden Utes und mich völlig überrascht, hatten wir doch jemand anderes im Lazarett erwartet.
@Phantasienreise Oh ja, das war spannend und kam für mich unerwartet, weil ich dachte, dass jemand anderer … Psst – ich schweige lieber. :) — Liedie40 (@Liedie40) 12. April 2015
Bin im Feldlazarett mit dem Verwundeten Andrej und – huch! – Anatole! Spannend. @Phantasienreise #Teamtolstoi
— Ute (@papercuts1) 19. April 2015
Apropos Natalie: Unsere Drama-Queen will aus der Gefühlsachterbahn einfach nicht aussteigen. Nachdem sie für Anatol ihre Verlobung mit Andree löste, anschließend von Anatol sitzen gelassen wurde und versuchte, sich das Leben zu nehmen, findet sie nun durch Peter neue Lebensfreude. Doch für Peter ist sie mehr als eine gute Freundin und auch Natalie beginnt, ihn mit anderen Augen zu sehen. Klingt zunächst nach einem baldigen Happy End. Aber Peter glaubt an eben dieses Liebesglück nicht und distanziert sich.
Besser bestellt ist es da um die hässliche [sic!] Marie/ Maria. Nachdem sie bisher ein ziemlich tristes Leben führte und den Launen ihres griesgrämigen Vaters ausgesetzt gewesen ist, scheint ihr das Glück nun endlich hold zu sein:
Zarte Bande zwischen Rostow und der hässlichen Marie … Zum Seufzen schön. <3 #TeamTolstoi @papercuts1 @Liedie40 — Phantásienreisen (@Phantasienreise) 26. März 2015
Doch diese Momente der alltäglichen Sorgen und Freuden sind im dritten Viertel eher eine Ausnahme. Stattdessen werden wir stärker in Politik und Militär involviert. Wir erfahren, wie sehr das russische Volk seinen Zaren verehrt …
Kaugummi&Co.als Starsouvenir-kein Phänomen der Gegenwart: Im 19.Jh. stürzte sich das russ.Volk auf Biskuitkrümel des Zaren. #TeamTolstoi
— Phantásienreisen (@Phantasienreise) 22. März 2015
… und lernen Napoleon besser kennen …
Frühstück mit Napoleon. Der pustet sich auf wie ein selbstverliebter Pfau. (S.46) #TeamTolstoi @Liedie40@Phantasienreise — Ute (@papercuts1) 15. März 2015
… welchen Peter für den leibhaftigen Teufel hält.
Peter glaubt,Napoleon mittels hebräischen Zahlensystems als Satan zu entlarven&prophezeit die Apokalypse. #TeamTolstoi @Liedie40 @papercuts1
— Phantásienreisen (@Phantasienreise) 22. März 2015
Gelegentlich stößt der Leser aber auch auf (unfreiwillig) komische Passagen, beispielsweise wenn Tolstoi schildert, warum wer an der Front ist, was sich auf dem Schlachtfeld abspielt oder wie das ein oder andere Wehwehchen kuriert wird.
„die Generale waren da, weil sie überall waren, wo der Kaiser war“ Ergibt Sinn ;) #TeamTolstoi @Liedie40 @papercuts1
— Phantásienreisen (@Phantasienreise) 16. März 2015
„Swenziany blieb den Husaren nur deshalb denkwürdig, weil es ‚ein besoffenes Lager‘ war“. Sa sdorowje! #TeamTolstoi
— Phantásienreisen (@Phantasienreise) 16. März 2015
Unterwegs mit #Teamtolstoi.Peter läuft aus bloßer Neugierde&planlos übers Schlachtfeld,als wär’s ein Spaziergang… @Liedie40 @papercuts1
— Phantásienreisen (@Phantasienreise) 8. April 2015
Wenn von meiner Stirn Essiggeruch strömen würde, bekäme ich auch Kopfschmerzen ;) #TeamTolstoi @Liedie40 @papercuts1 pic.twitter.com/w4wabJQzbk
— Phantásienreisen (@Phantasienreise) 13. April 2015
Letztlich bleibt „Krieg und Frieden“ aber eine bildende Lektüre, sei es, da wir quasi-ausgestorbene Wörter entdecken …
Neustes Lieblingswort im Tolstoischen Universum: „kaustisch“ #TeamTolstoi @papercuts1 @Liedie40
— Phantásienreisen (@Phantasienreise) 30. März 2015
… oder auf Aussagen stoßen, über die sich vortrefflich philosophieren und diskutieren lässt.
Mit eben solchen Textschätzen verabschiede ich mich nun auch von euch und tauche ein in das letzte Viertel des Romans.
Lesezeit #TeamTolstoi pic.twitter.com/Ys8tQFy9Uf
— Liedie40 (@Liedie40) 8. März 2015
#TeamTolstoi: „@Liedie40: Die Schlacht von Borodino und Pierre und Andrej mittendrin. @papercuts1 @Phantasienreise pic.twitter.com/JpoxMfPDnQ“
— Phantásienreisen (@Phantasienreise) 20. März 2015
#TeamTolstoi @Liedie40 @papercuts1 pic.twitter.com/B8RWCaVKGE
— Phantásienreisen (@Phantasienreise) 25. März 2015
#TeamTolstoi #KriegUndFrieden @Liedie40 @papercuts1 pic.twitter.com/UvVw5FNLgR
— Phantásienreisen (@Phantasienreise) 9. April 2015
Sehr Schöner Artikel! Schön zusammengefasst, und die Tweets machen mir Lust, die ‚Zwangspause‘ zu unterbrechen.
Mir fällt dieses ganze kriegsstrategische Gefasel schwer zu lesen, obwohl man daraus einige Erkenntnisse über das damalige Weltbild, Tolstois Haltung und die Natur des Menschen an sich ableiten kann.
Mein Herz ist allerdings lieber bei Marja und Rostow, bei Natascha und…. wem auch immer gerade. Ich werde das Buch Ende des Monats im zweiwöchigen Sommerurlaub beenden. Da lenkt mich nichts ab, und ich kann dranbleiben.
Danke für dieses ‚Update‘. Ich hoffe, wir kommen gemeins ans Zoel!
LG,
Ute
Liebe Ute,
ich freu mich, dass gerade dir als Mitleserin der Beitrag so gut gefällt. Mir macht es jedes Mal Spaß, unsere Tweets später noch einmal zu lesen, weil es sofort Erinnerungen an die Stellen im Buch weckt und es ein ganz anderes Leseerlebnis ist, als wenn man allein in einem Buch versinkt. Mich hat das – zusammen mit den Briefen der Tolstois – noch einmal neu motiviert. Außerdem helfen mir die Zwischenberichte, alles ein wenig zu rekapitulieren – bei einem so umfangreichen Werk finde ich es gut, hin und wieder auf vorangegangene Ereignisse in der Handlung zurückblicken zu können.
Was die kriegsstrategischen Passagen betrifft, geht es mir genau wie dir. Nicht selten schweifen dann auch meine Gedanken ab. Leider! Dafür sind die anderen Textstellen aber umso spannender.
Du kannst dich auf das letzte Viertel auf jeden Fall freuen! Es kommt so mancher dramatische Moment. Ich konnte gestern Abend das Buch nur aus der Hand legen, weil mich irgendwann die Müdigkeit übermannte. So spannend wie jetzt, fand ich es zuletzt beim Duell zwischen Peter und Dolochow!
Liebe Grüße und einen schönen Sonntag wünsche ich dir!
Klingt interessant, macht Lust aufs Lesen! Ich habe vor ein paar Jahren mal „Anna Karenina“ gelesen, das fand ich toll… aber „Krieg und Frieden“ ist ja noch mal ne andere Hausnummer.
„Krieg und Frieden“ gefällt mir persönlich fast besser als „Anna Karenina“. Bei „Anna Karenina“ mochte ich Tolstois Gedanken zum Landleben, Freiheit etc. und hatte in Kitty und Lewin auch zwei Lieblingscharaktere. In „Krieg und Frieden“ habe ich keinen Liebling, aber die Themen sprechen mich persönlich viel mehr an. Außerdem ist das Buch noch abwechslungsreicher und (meines Erachtens nach auch) spannungsgeladener als „Anna Karenina“. Abgesehen davon stelle ich immer wieder fest, wie viele Themen sich in „Krieg und Frieden“ finden, die heutzutage gerade in Daily Soaps und anderen Fernsehserien Kernthemen sind (Intrigen, Verkupplungsversuche, Liebesglück und Liebesleid, Eifersucht, Spielsucht etc.).
Ich wäre gespannt, was du zu „Krieg und Frieden“ sagst, solltest du es irgendwann in Angriff nehmen.
Du weißt aber wirklich, wie man jemanden zum Buchkauf verführt… Wäre wirklich ein ganz gutes Sommerprojekt.
Es gibt eben Bücher, die möchte man anderen am liebsten sofort in die Hand drücken – „Krieg und Frieden“ gehört für mich dazu. Daher habe ich jetzt auch kein schlechtes Gewissen, wenn ich dich zum Buchkauf verführen sollte :D
Das muss man aber ganz bestimmt gedruckt lesen, also lade ich mir jetzt mal nicht das E-Book runter.
Das muss man gar nicht. ;) Ich lese K&F digital. Ich bin einerseits froh darüber, weil ich nicht so einen dicken Wälzer zur Hand nehmen muss (1.unhandlich 2. könnte die Dicke sonst demotivierend wirken ;) 3. gab es das E-Book kostenlos,da Autor und Übersetzer seit über 70 Jahren tot sind und das Werk somit nicht mehr dem Urheberrecht unterliegt). Andererseits sollte man so ein legendäres Buch schon irgendwann in gedruckter und bestenfalls in Leinen gebundener Form im Regal stehen haben – natürlich nur sofern das Buch gefällt!
Alles klar. Ich werde schwach. Ich werde mir dann mal das E-Book zulegen. Ich komme gegen so gute Argumente einfach nicht an. ;)
Das freut mich zu hören :D
Ich wünsche dir viel Spaß mit Tolstoi in Russland und bin sehr gespannt, ob du auch so gebannt von dem Buch sein wirst, wie ich.