The Ozian Years_Phantasienreisen

Zu allen Artikeln des „Ozian Year“-Projektes gelangt ihr durch einen Klick auf’s Bild.

Mein letztes Update zu meinem Oz-Projekt ist mittlerweile zwei Monate her, weshalb es an der Zeit ist, euch auf den aktuellen Stand zu bringen. Seit Ende März habe ich leider nur wenig Zeit für mein Oz-Projekt aufbringen können. Im April setzte ich sogar komplett aus, da ich etwas Abstand brauchte bzw. mir der Sinn nach anderen Geschichten stand. In diesem Monat begann ich nun mit Band 6 „The Emerald City of Oz“, bei dem ich mich inzwischen in einem der letzten Kapitel befinde. Bedingt durch die Uni und andere Verpflichtungen kam ich leider kaum zum Lesen – ursprünglich wollte ich nämlich im Mai zwei Bände von Baums „Oz“-Reihe schaffen. Nach fünf Projektmonaten habe ich nun noch acht komplette Bände aus Baums Reihe sowie die vier „Wicked“-Bände von Gregory Maguire vor mir: Das entspricht 12 von insgesamt 18 Büchern. Da ich ab Herbst mit meiner Masterarbeit beginnen und dadurch wenig Zeit zum Lesen finden werde, wird sich mein Projekt noch eine ganze Weile hinziehen und zwischendurch wohl immer wieder pausieren müssen.

Meine letzten, kleinen Reisen nach Oz möchte ich euch nun jedoch nicht länger vorenthalten:

Sam Raimis „Die fantastische Welt von Oz“

Im März sah ich Sam Raimis Film „Die fantastische Welt von Oz“ (Originaltitel: „Oz The Great and Powerful“) im Kino. Ursprünglich wollte ich euch hierfür einen ausführlichen Bericht schreiben, wozu ich dann aber nicht kam. Mittlerweile sind meine Eindrücke nicht mehr frisch genug für eine umfangreiche Rezension. Dennoch möchte ich ein paar meiner Gedanken mit euch teilen: Zunächst einmal fand ich den Film insgesamt recht gut. Es ist kein Meisterwerk, an das man sich jahrzehntelang erinnern wird, doch ein unterhaltsamer Filmabend ist garantiert. Seither möchte ich beispielsweise liebend gern einmal in einer Seifenblase umherfliegen. ;)

Clever umgesetzt ist meiner Meinung nach, dass der Zauberer im Land Oz auf Charaktere trifft, die Personen aus seinem Leben in den USA ähneln. So kann Oz zwar in den USA nicht dem Mädchen im Rollstuhl zu gesunden Beinen verhelfen, jedoch die zerbrochenen Beine des Porzellanmädchens zusammenflicken. Auch die optische Trennung zwischen den USA und dem Lande Oz ist ein gelungenes Stilmittel: Die Handlung innerhalb der Vereinigten Staaten ist in schwarz-weiß gehalten, was wunderbar zu der damaligen Ära passt; innerhalb von Oz ist wiederum alles reich an Farben. Manche Stellen waren mir jedoch zu stark animiert. Zudem hätte ich mir für die Smaragdstadt etwas mehr Prunk in Form von Edelsteinen und permanentem Strahlen gewünscht. Aber vielleicht bin ich da zu sehr vom Musical „Wicked“ verwöhnt worden.

Sehr gefallen hat mir hingegen die dezente Hommage an Oz-Schöpfer L. Frank Baum: Der Zirkus, in dem der Zauberer arbeitet, trägt den Namen „Baum Bros.“. Positiv hervorheben möchte ich zudem, dass Wesen vorkamen, die sonst oft bei Adaptionen (egal welcher Art) vernachlässigt wurden, z. B. das Porzellanmädchen. Enttäuscht haben mich jedoch die Winkies, Munchkins, Gillikins und Quadlings, deren regionaltypische Farben im Film leider nicht umgesetzt wurden – weder bei den Kostümen, noch bei den Häusern oder Gärten. Da die Farben eines der Hauptelemente der Buchreihe sind, ist der Verzicht auf diese umso mehr zu kritisieren.

Ein wenig zwiespältig bin ich bezüglich der Hexen in der Verfilmung: Einerseits haben sich die Macher für die böse Hexe des Westens optisch an jener aus „Wicked“ orientiert und ihr die grüne Haut und die typischen Kleider von Elphaba gegeben. Andererseits haben sich die Autoren eine völlig neue Geschichte ausgedacht: Die Hexen von Osten und Westen besitzen andere Namen und eine andere Vorgeschichte; auch die Verbindung zum Zauberer von Oz ist eine gänzlich andere. Nun hat selbst L. Frank Baum sich in seinem Oz-Zyklus nie um Continuity oder ähnliches gekümmert, allerdings hätte ich es schön gefunden, wenn der Film etwas mehr Einheitlichkeit  in die vielen Oz-Geschichten gebracht hätte. Ich hätte mir gewünscht, dass sich die Autoren auf EINE Basis festgelegt hätten: entweder Baums Vorlage oder die Orientierung an „Wicked“. Dieser Mix wirkt dagegen ein wenig halbherzig, so als wollte man sich einfach von allem ein wenig rauspicken, um zu schauen, was dabei herauskommt. Vermisst habe ich daneben auch die vierte Hexe in Oz: Neben den beiden bösen Hexen gibt es noch die gute Hexe Glinda im Süden. Die gute Hexe des Nordens hingegen wurde in dem Film komplett ausgelassen. Wenn man bedenkt, dass am Ende eigentlich das ganze Land gegen die beiden bösen Hexenschwestern kämpft, ist es doch verwunderlich, dass sich die Herrscherin über das Land im Norden gar nicht blicken lässt.

Kurz gesagt: „Die fantastische Welt von Oz“ ist als eigenständiger Film betrachtet gut, im Zusammenhang mit den literarischen Grundlagen für Oz-Kenner bzw. -Fans jedoch nicht ganz zufriedenstellend.

„The Emerald City of Oz“ – Band 6 des Oz-Zyklus

Meine aktuelle Oz-Lektüre – „The Emerald City of Oz“ (dt. Titel: „Dorothy in der Smaragdenstadt“) – hat mir zu Beginn sehr gut gefallen: Der Stil war wieder so leicht und locker wie in L. Frank Baums erster Oz-Geschichte, die Figuren genauso unschuldig. Zudem mochte ich, dass die Geschichte nicht gleich dem üblichen Schema der anderen Bände folgte und noch dazu zwei Handlungsstränge aufwies, was eine Neuheit in der Reihe darstellte. Einerseits folgen wir Dorothy, ihrem Onkel und ihrer Tante nach Oz, wo sie nun für immer bleiben sollen, nachdem ein Leben in Kansas nicht mehr möglich scheint. Andererseits reisen wir wieder zum Nomenkönig, den wir in Band 3 („Ozma of Oz“) kennenlernten. Dieser möchte seinen magischen Gürtel zurückerlangen. In einem unterirdischen Tunnel gräbt sich sein Volk daher zur Smaragdstadt vor, wo eine gewaltige Armee über Ozma und ihr Volk hereinbrechen soll.

Nachdem Dorothy, Onkel Henry und Tante Em in Ozmas Palast angekommen sind, geht es nach kurzer Zeit auf eine Rundreise durch Oz. Dabei treffen sie auf die merkwürdigsten Völkchen, zum Beispiel lebendige Scherenschnittfiguren oder Personen, die wie Puzzleteile auseinanderfallen. Schwächer wurde die Geschichte dann, nachdem die Reisegruppe auf eine Nacht in Zelten angewiesen ist: Am morgen, als alle schlafen, geht Dorothy mit Hund Toto und Henne Billina spazieren – und verirrt sich. Zunächst stößt sie auf ein Volk, das gänzlich aus Brot besteht und das Dorothy und ihre Freunde bald aus ihrem Ort verjagt. Kurz darauf landen die drei in Bunnybury – einer Stadt, in der lauter Kaninchen wohnen. Um den Ort jedoch betreten zu dürfen, muss Dorothy schrumpfen, da die Tür zu klein ist. Na, erinnert euch das einen anderen Kinderbuchklassiker? Richtig: „Alice im Wunderland“. Generell haben mich die letzten Kapitel von „The Emerald City of Oz“ häufig an typische Elemente aus Lewis Carrolls Meisterwerk erinnert – nur dass sie von Baum längst nicht so gekonnt umgesetzt wurden! Daher kann mich das letzte Drittel des sechsten Oz-Bandes auch nicht sehr überzeugen. Hinzu kommt, dass sich diese letzten Kapitel doch recht in die Länge ziehen und bei Weitem nicht so unterhaltsam sind wie der Beginn des Buches. Doch wer weiß, vielleicht kann das Ende noch mit einer positiven Wendung aufwarten. Dass der Titel des sechsten Bandes mal wieder nicht zum Inhalt passt, muss ich wohl kaum erwähnen, scheint dies doch bei Baums Büchern die Regel zu sein.