Fast einen Monat ist es nun her, dass Benjamin Lacombe im Erfurter Café „Nerly“ seine Werke präsentierte und signierte. Seither musstet ihr auch auf den versprochenen Bericht warten; heute habe ich mir nun endlich die Zeit hierfür nehmen können. Und was soll ich sagen: Es war großartig! 16 Uhr ging es los – und gegen 21 Uhr waren wir wieder Zuhause. Ich hätte nicht erwartet, dass Lacombe sich so viel Zeit nimmt, erst recht wenn man den Terminmarathon ansieht, den er im Dezember zurücklag. Und so ging ich – wie viele andere Fans an diesem 16. Dezember – mit einem glücklichen Lächeln aus dem Café.
Im Rahmen der rund 1,5-stündigen Präsentation stellte der Künstler und Autor sein bisheriges Werk und seine Arbeitsweise vor. So nutzt er verschiedene Techniken – angefangen bei Bleistiftmalereien (z. B. in „Schneewittchen“) über Aquarell („Notre Dame de Paris“) und Ölmalerei bis hin zu Gouache. Diese passt er ebenso wie seinen Zeichenstil an die jeweilige Geschichte an. Je nach Verlauf der Handlung ändern sich die künstlerischen Ausdrucksformen. Der Spannungsbogen der Geschichte, ihre Charaktere und die Art der Erzählung spiegeln sich also auch in einer Art malerischen roten Faden wider.
Weiter erfuhren wir, dass Lacombe Alterungseffekte in seinen Werken durch Kaffee erzielt und dass er in Kindheit und Jugend von Mangas und Disney geprägt wurde, was sich in seiner Kunst unter anderem in den großen Augen ausdrückt. Der überraschendste Fakt war jedoch Benjamin Lacombes Erfolg in Spanien: Hier werden mehr Bücher von ihm verkauft als in seiner Heimat Frankreich – und das obwohl längst nicht alle seiner Werke ins Spanische übersetzt wurden.
Zu seinen einzelnen Werken erzählte der Künstler unter anderem folgendes:
- „Unheimliche Geschichten“: Benjamin Lacombe las bereits im Alter von 10 oder 11 Jahren Poes Geschichten und hatte seither auch schon ganz bestimmte Bilder im Kopf. Zur 200-Jahr-Feier Poes, also 2009, hatte Lacombe die Bilder quasi schon fertig, sodass auch das Buch pünktlich zum Jubiläum erscheinen konnte.
- „Schneewittchen“: Das Märchen der Brüder Grimm stellte für Lacombe den ersten klassischen Text dar, den er illustrierte. Da „Schneewittchen“ bereits von vielen anderen verfilmt und illustriert wurde, es also schon eine Menge an Interpretationen und Vorstellungen in den Köpfen der Menschen gab, war dieses Werk für den französischen Künstler eine besondere Herausforderung. In Lacombes Umsetzung stehen die schwarz-weißen Bilder für die eigentliche Geschichte, haben also eine erzählende Funktion. Die farbigen Illustrationen hingegen haben eine symbolische Bedeutung.
- „Das Elfen-Bestimmungsbuch“: Mit der Elfengeschichte tat Lacombe sich zunächst etwas schwer. Die Idee stammte ursprünglich von Autor Sébastien Perez, der Feengeschichten mag. Lacombe ist hingegen kein Feen-Fan und lehnte das Projekt daher zunächst ab. Nachdem der Künstler aber dann etliche Bücher veröffentlicht hatte, sagte er Perez jedoch zu, da er etwas Neues suchte. Wie Lacombe erzählte, möchte er sich selbst und natürlich auch die Leser immer wieder überraschen. Und so steuerte er nicht nur die Bilder zum Buch bei, sondern brachte auch eigene Ideen in die Geschichte ein, z. B. Rasputin und den Protagonisten Bogdanowitsch. Auch Lacombes Großmutter, die aus Ungarn stammt, hatte ihn in mancherlei Hinsicht inspiriert. Weiterhin erzählte Lacombe, dass „Das Elfen-Bestimmungsbuch“ für ihn und Perez zwei gänzlich andere Enden hat: Da es sich um keine klassisch erzählte Geschichte handelt, sondern es drei verschiedene Erzählebenen gibt, muss sich der Leser die Handlung selbst „zusammenkomponieren“. Da ist natürlich viel Raum für vielfältige Interpretation – bei den Lesern ebenso wie bei den beiden Autoren.
Selbstverständlich hat Benjamin Lacombe noch viel mehr erzählt und der Dolmetscher hatte wirklich gut zu tun. Doch alles kann ich hier nicht wiedergeben – einerseits würde dies den Rahmen sprengen, andererseits konnte ich mir gar nicht so schnell alles notieren.
Nach der interessanten Präsentation und Fragerunde („nein, eine deutsche Ausgabe von ‚Notre Dame de Paris‘ ist aktuell leider nicht geplant“ :( ) ging es direkt an die Signierstunde. Da das Café voll war (ich war überrascht, wie viele Lacombe-Fans es in Erfurt und Umgebung gibt!) und Lacombe nicht einfach nur unterschrieb, sondern jedes Buch mit einer Illustration versah, dauerte die Signierstunde entsprechend lang. Wir haben leider das letzte Drittel der Schlange erwischt und waren daher erst nach fast 4-stündigem Stehen und Warten an der Reihe! Doch diese Standfestigkeit hat sich wirklich gelohnt und während des ganzen Abends hörte man von allen Seiten nur: „Oh, ist das schön geworden“. Da wir unsere Illustrationen noch etwas trocknen lassen mussten, kamen wir erst kurz vor 21 Uhr aus dem Café – und zu diesem Zeitpunkt warteten noch immer ein paar wenige. Ein bisschen tat mir Lacombe ja leid: fast 5 Stunden am Stück zu reden und zu malen, ohne größere Pause. Für die Fans sowie für die organisierende Buchhandlung „Tintenherz“ (deren Inhaber selbst eine Vorliebe für die Werke des französischen Künstlers haben) war dieser Tag jedoch ein kleines Highlight.
Bei so glücklichen Fans geht natürlich auch der Erfolg in Deutschland weiter: Nächsten Monat erscheint bei Jacoby & Stuart „Undine“ (Originaltitel: „Ondine“). Außerdem soll im kommenden Winter ein Weihnachtsbuch veröffentlicht werden („Swinging Christmas“, das bereits in Frankreich erschien). Aktuell arbeitet Lacombe übrigens an einem Buch, das im ausgeklappten Zustand ganze 10 Meter (!) lang sein soll und ebenfalls nächstes Jahr zur Weihnachtszeit erscheinen soll.
Mehr zu Benjamin Lacombe und seinen Werken erfahrt ihr auf seinem Blog oder in meinen älteren Artikeln.
Danke für diesen tollen Bericht, der einem beim Lesen beinahe das Gefühl verschafft, selbst dabei gewesen zu sein. :-) Ich muss zu meiner Schande gestehen, noch nie etwas von Benjamin Lacombe gehört zu haben. Ist das vielleicht eine Bildungslücke? Die Zeichnungen und dein Bericht klingen aber sehr interessant und mich mich neugierig darauf, ihn zu entdecken …
Bildungslücke wäre übertrieben. In Deutschland ist Benjamin Lacombe bisher auch noch nicht soooo bekannt. In seiner Heimat Frankreich ist er hingegen fast so etwas wie ein Star – ich habe Bilder von Signierstunden gesehen mit fast kilometerlangen Warteschlangen. So etwas kenn ich sonst nur von Autogrammstunden irgendwelcher Popstars in London ;)
Seine Bilder haben meist etwas Düsteres oder Mystisches – sowas muss man natürlich auch mögen. Und ich freue mich, wenn ich dich neugierig machen konnte!
Hier mal noch ein paar Einblicke in seine Bücher: https://phantasienreisen.de//2012/04/03/bucherschatztruhe-lisbeth-und-das-erbe-der-hexen/
https://phantasienreisen.de//2012/03/25/bucherschatztruhe-schneewittchen/
und hier: https://phantasienreisen.de//2011/09/18/bucherschatztruhe-unheimliche-geschichten/
Liebe Kathrin,
ich bin erleichtert, dass diese Wissenslücke dann doch nicht ganz so schlimm und gravierend ist. ,-) Wobei er dann unter Kennern scheinbar ja doch sehr bekannt ist, wenn ich mir das Ausmaß dieser Autogrammstunde vor Augen führe. Ich finde es toll, dass er sich so viel Zeit für seine Fans genommen hat. :-)
Danke auch für die Links, da werde ich die Tage mal drin rumstöbern.
Viele Grüße
Mara
Hallo, ich war in Erfurt auch dabei, in Leipzig 2 Tage vorher hatte ich es zeitlich nicht geschafft… Und ich hatte das Glück/Unglück, ich hatte anstehen lassen und mein Partner hat sich mit dem Buch „Die Mechanik des Herzens“ bei dem er das Cover gestaltet zu haben scheint, die Zeit vertrieben.
Kleine Anmerkung: Undine ist bereits bei amazon vorbestellbar und „angeblich“ können sie auch „Lisbeth und das Erbe der Hexen“ in 2-3 Wochen liefern, da bin ich mal gespannt ob es ankommt.
Ansonsten vielen Dank für die gelungene Zusammenfassung!
Hallo,
ich kann mich noch gut an Sie erinnern! Sie bzw. Ihr Partner standen ja nur wenige Schritte vor uns – und er war der einzige, der die Wartezeit sinnvoll überbrückt hat! ;) „Die Mechanik des Herzens“ hatte ich auch gelesen und mich damals gewundert, dass Benjamin Lacombe nicht im Zusammenhang mit der Covergestaltung erwähnt wurde. Er wollte das Buch ja auch im Café Nerly nicht signieren. Ist da ein bestimmter Grund bekannt? Oder lag es nur daran, dass er lediglich das Motiv beigesteuert hat?
In Leipzig soll es ja auch sehr toll gewesen sein – und das wäre nicht mal allzu weit weg gewesen. Aber ich bin schon glücklich, dass Lacombe nach Erfurt kam und ich zumindest bei einer Präsentation dabei war.
„Undine“ lässt sich wirklich inzwischen vorbestellen? Als ich vor einigen Tagen geguckt habe, war das Buch noch nicht mal auf Amazon zu finden. Aber schön, wenn das jetzt „nachgeholt“ wurde.
Mit „Lisbeth“ wünsche ich viel Spaß! Geschichte und Bilder sind nicht ganz so düster wie z. B. bei „Unheimliche Geschichten“ und der Hexenalmanach ist auch ganz großartig aufgemacht, mit vielen Verweisen zu mythischen, religiösen und historischen Figuren.
Liebe Grüße und einen schönen Abend wünsche ich!
Ich war auch zu dieser wunderbaren Signierstunde in Erfurt. Ich war einer der letzten und muss gestehen, dass ich es nicht schlimm fand, so lang zu warten. Es waren alle so lieb und wir haben viel gelacht. Ich war bis zum Schluss da und hab mich noch lange mit der guten Frau, aus der Buchhandlung und den Dolmetscher von Benjamin Lacombe unterhalten. Es war wirklich ein gelungener Tag.
Schlimm war das Warten nicht, nur konnte ich irgendwann nicht mehr stehen ;) Wir hatten auch ein wenig mit den beiden geplaudert – das war das Angenehme, wenn man einer der Letzten war. Die ersten hatten bei dem Andrang nicht so sehr die Gelegenheit hierzu. Da geb ich dir recht – das hat das Warten auch angenehmer gemacht. Mir hat aber auch die Atmosphäre an sich gefallen – man kam an diesem Tag mit einigen ins Gespräch, was ich so sonst selten bei Lesungen und ähnlichem erlebe.