Auf der Welt Santhenar herrscht Krieg zwischen den „Alten Menschen“, dem ebenfalls menschlichem Aachim-Volk und den Lyrinx – riesige, echsenartige, geflügelte Wesen. Ein Krieg, der schon lange währt und für die Menschen immer aussichtsloser scheint. Je schlimmer die Lage wird, zu desto brutaleren Maßnahmen greifen die Skrutatoren, die Herrscher des Menschenvolks. Nur einer von ihnen merkt, wie kaltblütig die Regenten agieren: Xervish Flydd. Eines Tages stellen sich die Skrutatoren gegen ihn. Sie entlassen ihn von seinem Skrutatorenposten und verurteilen zu einem Dasein als gesetzesloser Sklave. Das gleiche Schicksal ereilt den jungen Cryl-Nish Hlar, von allen nur Nish genannt. Nish wurde herzlos  von seinem eigenen Vater verurteilt und sieht nun keine Hoffnung mehr! Tag für Tag schuften er und Flydd unter den Peitschenhieben der gnadenlosen und unbarmherzigen Sklaventreiber. Während Nish immer mehr in Selbstmitleid zerfließt, keimt in Xervish Flydd in geheimer Plan heran.

Eines Tages taucht die Sucherin Ullii , Nishs einstige Geliebte, bei den Sklaven auf. Sofort gelingt ihr mit Nish und Flydd die Flucht. Nun ziehen sie rund um die Uhr herum, immer gefolgt von den Bediensteten der Skrutatoren. Jeder Tag birgt neue Gefahren. Flydd sieht nun den Zeitpunkt gekommen, seinen Plan zu verwirklichen: Er will den Rat der Skrutatoren stürzen, um die Menschheit vor dem Untergang zu bewahren und anschließend den Krieg gegen die Lyrinx zu gewinnen. Doch um dieses Vorhaben in die Tat umzusetzen, gilt es, einen langen Weg zu bestreiten und etliche Schwierigkeiten zu bewältigen.

Zur gleichen Zeit kämpfen auch die anderen Helden ums tägliche Überleben: Irisis und ihr Gefolge müssen für Flydd einen Auftrag erfüllen, der sie in die Welt der Lyrinx führt. Gilhaelith lebt bei den Lyrinx und betreibt Forschungen, verliert dabei immer mehr von seinen geomantischen und mathemantischen Fähigkeiten und ahnt nicht, dass ihn die Lyrinx nur benutzen. Zur gleichen Zeit ist Tiaan eine Gefangene der Aachim. Tagtäglich schuftet sie für das Volk und soll ihnen das Geheimnis des Fliegens offenbaren. Doch sie kann fliehen und beschwört damit nur noch mehr Probleme für sie herauf.

Ian Irvines 860 Seiten dicker Roman ist der dritte Teil aus der Reihe „Die Magie der drei Welten“. Doch auch ohne die beiden Vorgänger – „Die Geomantin“ und „Der Tetrach“ – zu kennen, kann man schnell in die Geschichte hineinfinden und wird leicht mit den Charakteren vertraut. Dies liegt nicht zu letzt daran, dass Irvine ein ausführliches „Was bisher geschah“ sowie ein Personen- und Sachregister beigefügt hat. So kann man sehr gut die Geschehnisse der vorangegangenen Bände nachvollziehen und hat während des Lesens keine Verständnisschwierigkeiten. Ein absolutes Plus, dass sicher auch bei anderen Reihen nicht verkehrt wäre.

Was die Handlung des dritten Bandes nun angeht, so fällt beim Lesen zuerst auf, dass Titel und Klappentext nicht recht zum Inhalt passen. Denn diese beiden suggerieren, dass es bei „Die Sucherin“ um Ullii geht. Zwar gelangt sie – wie auf dem Buchcover angegeben – in die Hände der Skrutatoren und dient ihnen als Mittel zum Zweck. Doch Ullii ist nicht DER Hauptcharakter des Buches. Die Geschichte dreht sich nicht um sie und sie führt auch keine Wende in der Geschichte herbei. Ulliis Geschichte ist nur ein Teil der ganzen Handlung des Buches. Gerade in der zweiten Hälfte des Buches kommt sie nur aller paar hundert Seiten vor. Hauptthema des Buches ist vielmehr Xervish Flydd und der lange, steinige Weg, den er gehen muss, bis er seinen Plan in die Tat umsetzen kann. Der Originaltitel des Buches – „Scrutator“ – ist daher viel passender als der deutsche Titel! Nicht selten fragte ich mich daher beim Lesen, wer für Titel und Klappentext der deutschen Ausgabe verantwortlich war und ob derjenige das Buch überhaupt richtig gelesen hat. Luebbe ist hier wirklich ein ganz schöner Fauxpas passiert!

Die Geschichte selbst ist jedoch gut. Stellenweise war sie in der ersten Hälfte zwar langatmig und es schien manchmal, als drehe sich die Handlung im Kreis. Es schien, als wüsste der Autor noch nicht so recht, wohin die Geschichte führen soll. Aber schlussendlich führte alles zusammen und die Schicksale der einzelnen Helden verbanden sich. In der zweiten Hälfte gewann das Buch auch an mehr Tempo und Spannung, um dann in einem großartigen Finale zu gipfeln. Ein Finale, das einen zunächst fesselt und an die Nerven geht, um den Leser dann in dieser Stimmung sitzen zu lassen – denn wer wissen will, was nun mit den einzelnen Personen geschieht, muss gezwungenermaßen auf Band 4 warten. Auch ich sitze nun hier und frage mich, ob sie leben und sterben werden.

Zugegebenermaßen war ich anfangs nicht so recht von der Geschichte überzeugt, da ich vom Klappentext etwas anderes erwartete und die erste Hälfte, wie schon erwähnt, einige Schwachstellen aufwies. Auch habe ich mir das Buch Fantasy-mäßiger vorgestellt, mit zauberhaften Wesen und viel Magie. Doch es ging doch sehr in Wissenschaft und Technik hinein: Kristalle und Energiefelder werden für alle Vorhaben genutzt, es gibt Klanker – große, metallische Fortbewegungsmittel auf 4 bis 12 Beinen – und nicht zuletzt herrscht Krieg. Und obwohl diese Situation das ganze Bücher über konstant bleibt, wird es nicht langweilig. Ian Irvine nervt seinen Leser nicht mit unterunterbrochen Kriegsberichten und Schilderungen der Kampfszenen. Viel mehr zeigt er die Situation der Menschen auf und womit sie leben müssen. Unter normalen Umständen hätte ich mich vielleicht nicht für solch eine Buch begeistern können, aber der Autor hat es geschafft, mich in der zweiten Buchhälfte zu überzeugen. Das lag zum einen an den abwechslungsreichen Personen und Schicksalen – denn auch Tiaan und Gilhaelith, die Helden der ersten zwei Bände, kommen hier vor, sodass Leser der Reihe immer wissen, wie es mit ihnen weitergeht – zum anderen aber auch an der Atmosphäre, die aufgebaut wird. Als Leser ist man immer gut drin im Geschehen und kann sich die Wesen und die Welt sehr gut vorstellen. Die Kriegs- und Technikaspekte haben die Geschichte gleich realer gemacht, nicht so wirklichkeitsfremd und zauberhaft wie andere Romane.  Man spürt immer wieder die Härte und Kälte der Lebensbedingungen, die Hoffnungs- und Aussichtlosigkeit der Situationen. Manchmal jedoch gibt es Dinge, die dann wiederum zu abgedreht und weit hergeholt scheinen. Manches war mir dann einfach zu ausgedacht und skurril. Beispielsweise fand ich es einfach nur lächerlich, dass Gilhaelith in seiner Not in Gedanken einen Kristall erfand. Dieser existierte wirklich nur in seinem Geist, seiner Fantasie. Und doch schafft er es damit nicht nur, sich zu befreien, sondern als Folge dessen, bleiben Splitter des Kristalls in seinem Kopf und zerstören Stück für Stück Teile seines Gehirns, berauben Gilhaelith so zunehmends seines Intellekts. Glücklicherweise gab es solche Stellen nicht allzu häufig!

Das größte Pro sind wohl die Charaktere. Für jeden entwickelt man entweder Sympathie oder Antipathie, wirklich kalt lässt einen keine Person. Jeder Charakter ist so individuell, keiner gleicht dem anderen. Gleichzeitig ist keiner ein Stereotyp – jeder hat viele Seiten und Eigenschaften. So muss man im Laufe des Buches Flydd einfach mögen, obwohl er ein mürrischer und manchmal auch aufbrausender Mann ist. Weiterhin entwickeln sich die Charaktere im Lauf der Geschichte stark weiter und wachsen mit ihren Aufgaben. Besonders deutlich wird dies bei Nish: Anfangs war er ein Junge, der alles schwarz sah, sich nur in Selbstmitleid und Hoffnungslosigkeit suhlte und ziemlich feige und schwach war, aber auch tollpatschig. Doch durch die Gefahren, die er und Flydd erleben, wird er zu einem anderen Menschen. Er denkt nicht mehr nur an sich, sondern in erster Linie an andere, wird mutiger, bekommt Selbstvertrauen und Stärke. Später ist er sogar in der Lage eine Armee zu befehligen und führt diese zum Sieg – kämpft dabei selbst an vorderster Front. Für den alten Nish wäre sowas undenkbar gewesen, der neue Nish hingegen ist ein erwachsener und verantwortungsbewusster Mann.

Ich habe die Charaktere wirklich lieben gelernt – alle außer Gilhaelith und Ullii. Beide waren mir zu sehr auf sich selbst fixiert und zu wehleidig. Jeder sah nur seine Sorgen und Probleme, dachte nie, wie sich andere fühlen. Daher habe ich sie auch nicht sonderlich vermisst, wenn sie mal mehrere hundert Seiten lang nicht auftraten. Womit wir auch schon bei dem letzten Kritikpunkt wären: Mich hat es manchmal gestört, dass man von manchen Charakteren lange Zeit nichts las. So tauchen Irisis und ihre Gefährten anfangs sehr häufig auf, dann plötzlich 1/3 des Buches lang gar nicht. Als ich dann endlich wieder las, wie es bei ihnen weitergeht, wusste ich zunächst gar nicht mehr, was zuvor mit ihnen passiert war – ich hatte es einfach vergessen. Es macht das Lesen nicht schöner, wenn man 300 Seiten lang nichts mehr von einer der Hauptpersonen erfährt. Irgendwann fndet man zwar wieder in ihr Schicksal hinein, aber es verwundert beim Lesen schon, wenn so lange kein Wort zu einer Person fällt.

Zum Ende gefiel mir das Buch dennoch immer mehr und die Charaktere wuchsen mir irgendwie ans Herz und ich hoffe, es wendet sich im vierten Band für sie alles zum Guten!

Fazit:

Wenn man einmal davon absieht, dass die Handlung des Buches nicht wirklich mit Titel und Klappentext übereinstimmt, kann man sich auf eine vielseitige Geschichte einstellen: Eine Geschichte, die zwar etwas zäh beginnt, aber im Laufe der Zeit immer mehr an Action gewinnt und durch die vielen Schicksale genügend Abwechslung bietet. Besonders durch die wunderbaren, lebendigen und vielschichtigen Charaktere kann „Die Sucherin“ trumphen und den Leser für sich gewinnen. Band 4 der „Die Magie der drei Welten“-Reihe lässt hoffentlich nicht mehr allzu lange auf sich warten!