Seit einer Woche gehört die Frankfurter Buchmesse 2015 der Vergangenheit an – Zeit, einen Blick zurück zu werfen.
Wie sich meine Messetage gestalteten, konntet ihr bereits tagesaktuell in meinem persönlichen Ticker nachlesen. Was ich euch noch schuldig bin, sind die visuellen Erinnerungsstücke und das persönliche Fazit, dass ich als langjährige Besucherin der Leipziger Buchmesse über das Frankfurter Gegenstück gezogen habe.
Tja, so ungern ich es sage, aber dieses Fazit fällt ernüchternd aus, denn die Frankfurter Buchmesse hat mich ziemlich enttäuscht. Lobenswert ist zwar die Implementierung einer Messe-App mit interaktivem Hallenplan, Veranstaltungsübersicht und anderen Infos, ansonsten konnte mich jedoch wenig überzeugen. Abgesehen davon, dass ich Frankfurt als Stadt generell nicht mag (dreckige Straßen, katastrophale Luft, Baustellen ohne Ende, ein ziemlich undurchsichtiger ÖPNV …), fühlte ich mich auf der Frankfurter Messe immer ein wenig fehl am Platz. Einerseits lag das daran, dass ich mich in dem Gewirr aus mehreren Etagen umfassenden Messehallen und schier endlosen, Flughafen-gleichen Gängen auch nach mehreren Tagen noch nicht zurecht fand. Andererseits fehlte es mir einfach an Flair. Für mich, die seit rund einem Jahrzehnt auf der Leipziger Buchmesse regelrecht zuhause ist, war die unterschiedliche Ausrichtung der beiden Buchmessen in Frankfurt allzu deutlich spürbar. Die FBM als Fachmesse, die an den ersten Tagen nur für Fachpublikum, Schulklassen, Journalisten und Blogger geöffnet hat, wirkt durchweg seriöser, ernster, anzugtragender. Es ist zwar bedeutend leerer als auf der allen Zielgruppen zugänglichen LBM, aber auch distanzierter und unpersönlicher. Im Gegensatz zur LBM, während der auch der Gelegenheitsleser vielfach mit Verlagsmitarbeitern ins Gespräch kommt, hatte ich in Frankfurt bei etlichen Ständen zudem den Eindruck, dass so mancher Verlagsmitarbeiter gerade lieber woanders wäre.
Hinzu kommt, dass die LBM als Publikumsmesse mit dem Lesefestival „Leipzig liest“ jedes Jahr ein gigantisches Repertoire an Lesungen, Präsentationen, Fachgesprächen, Diskussionen, Vorträgen und Workshops bereithält, bei dem für jede Ziel- und Altersgruppe etwas dabei ist. Die FBM hat dergleichen zwar auch im Angebot, aber in deutlich geringerem Umfang, da sie sich eben nicht an die breite Masse wendet. In Leipzig spürt man entsprechend auch immer und überall die Liebe zum Lesen; das Buch wird regelrecht zelebriert – in Frankfurt habe ich diese Atmosphäre der Leidenschaft vermisst.
Ja, die LBM ist extrem voll und nach einem Messetag fühlen sich die Füße an wie nach einer Barfuß-Wanderung über Stock und Stein. Doch ich persönlich liebe das bunt-gemischte Publikum, das von Buchhändlern über Pädagogen, Schüler und Studenten bis hin zu jenen reicht, die aus reiner Lesefreude zum Buch greifen; ich liebe das vielfältige Programm, das für jeden Lesertyp – vom Vorschüler bis zum Senioren, vom Fantasy-Fan bis zum Sachbuchleser – etwas bereithält; ich liebe die Übersichtlichkeit und Architektur des Leipziger Messegebäudes; ich liebe die Cosplayer und die noch junge Manga-Comic-Con, die für Farbe und Abwechslung sorgen; ich liebe das Unkomplizierte und Persönliche der Leipziger Buchmesse; ich liebe die auf jedem Quadratmeter spürbare Bibliophilie.
Daher blicke ich auch nach zehn Jahre noch mit gewaltiger Vorfreude auf die nächste Leipziger Buchmesse. Ob ich jedoch das Frankfurter Pendant jemals wieder besuchen werde? Ich weiß es nicht – vielleicht einmal, wenn etwas ganz Besonderes auf dem Programm steht, ansonsten kann ich auf die FBM aber wohl verzichten.
„Doch sicher fandest du nicht alles schlecht bei deinem ersten FBM-Besuch?“, werdet ihr jetzt vielleicht fragen. Und ja, natürlich bleiben auch ein paar positive Erinnerungen, aber die kann ich an einer Hand abzählen. Gefreut habe ich mich zum Beispiel darüber, dass dtv für den wenige Tage vor der Messe verstorbenen Henning Mankell eine separate Stellwand errichtet hat. Außerdem habe ich ein paar Bloggerkollegen zum ersten Mal in natura gesehen. Besonders genossen habe ich das Treffen mit Mina von Aig an taigh, die ein überaus sympathischer, offener Mensch ist und mit der ich mich rund zwei Stunden lang wunderbar unterhalten habe. Beeindruckt war ich von dem fast magisch anmutenden Indonesien-Pavillon, der in starkem Kontrast zum ansonsten lauten und anstrengenden Messetumult stand. Pure Euphorie verspürte ich bei der Präsentation meines Lieblingskünstlers Benjamin Lacombe, der sein neuestes Buchprojekt „Carmen“ vorstellte und mit seiner Anwesenheit überraschte, da das Veranstaltungsprogramm ursprünglich den Eindruck erweckte, als würde lediglich sein spanischer Verlag die Präsentation halten. … Ja, an diese Dinge werde ich noch lange und gerne zurückdenken. Doch für mich sind sie leider die einzigen Highlights meines ersten Besuchs der Frankfurter Buchmesse geblieben.
Danke für diesen interessanten Einblick. Ich freue mich auch schon sehr auf Leipzig. :) Vielleicht lernen wir uns da ja mal persönlich kennen. :)
Das würde mich auch sehr freuen – auch wenn ich immer ganz aufgeregt bin, sobald ich einer Bloggerbekanntschaft zum ersten Mal persönlich gegenüberstehe.
Aber stehst du das denn durch: Buchmesse bei gleichzeitigem Kaufverbot? Im Gegensatz zu Frankfurt gibt es in Leipzig schließlich die Messebuchhandlungen, die zum Geldausgeben verleiten…
Ich habe ja sieben „Urlaubstage“ eingeplant, bei denen ich kaufen darf. Einen davon brauche ich für die Messe. ;)
Ich merke: Du hast bei deinem Vorhaben schon weit vorausgedacht – und das Gute ist ja, dass du an diesen 7 Tagen so viel kaufen kannst, wie du möchtest (oder wie es der Geldbeutel zulässt)…. Plötzlich klingen 345 buchkauffreie Tage gar nicht mehr so schlimm :)
Eben! Wird ein Kinderspiel! ;) Ein bisschen habe ich ja die Hoffnung, dass es trotzdem nicht so ausartet… sonst wäre das Ganze am Ende witzlos.
Hey, Du Liebe!
Das ist schön, dass ich nun auch Dein persönliches Fazit und vor allem Deine Bilder sehen durfte! Ich selbst habe leider das Problem, dass ich zur Zeit internetbedingt kaum Bilder hochgeladen bekomme. Daher kam das etwas zu kurz bei mir.
Wenn ich Euch alle so lese, die Ihr stets in Leipzig seid, frage ich mich, ob ich nicht doch einmal auf die Leipziger Messe fahren sollte.
Ich muss mir das gleich mal ansehen.
Hab noch einen schönen Sonntag Abend!
Knuffz,
Mina
Guten Abend liebe Mina!
Die Leipziger Messe ist wirklich einen Besuch wert. Allerdings musst du dich darauf einstellen, dass man die Besuchermassen in Leipzig deutlich mehr spürt: Es ist eng und zwar nicht nur am Wochenende. Wenn dich das nicht stört, komm nach Leipzig – hier ist ein Erkunden aller Hallen auch an nur einem Tag möglich und wohin du dich auch drehst, irgendwo ist gerade immer etwas los.
Das Problem mit dem Bilderupload ist mir vom Frühjahr noch gut im Gedächtnis, als ich mitten im Umzug steckte und nur über das Mobile Internet per Handy online konnte (wo nach zwei Tagen immer die Geschwindigkeit gedrosselt wurde). Ich drücke dir die Daumen, dass du bald wieder mit High-Speed online bist – spätestens zum ersten Besuch in Leipzig musst du Fotos machen können ;)
Liebe Grüße und nochmals besten Dank für die Tipps in Frankfurt!
Kathrin
Hey Kathrin,
ich habe gerade schon mal nach Hotels geschaut. WOW – das bin ich als „in der Nähe wohnende“ zu Frankfurt nicht gewohnt, solche Hotelpreise zahlen zu sollen, um eine Buchmesse zu besuchen. Da muss ich noch einmal schauen. :)
Das mit dem Internet ist bei uns leider meist ein kleines Problemchen… ich sag nur Wald, keine vernünftigen Leitungen, kein ausreichend hoher Mast für einen Satelitten über den Bäumen….lalala…
Wir versuchen ab Januar eine Hybrid-Lösung.
Komme gut in die neue Woche!
Mina
Dann müsst ihr wohl bis 2018 warten,wenn es endlich in jeder Region Deutschlands mindestens 50MBit/s geben soll ;)
Was die Hotels angeht, fürchte ich, ist Leipzig zur Messe ebenso teuer wie Frankfurt (ich selbst übernachte immer in der Nähe von Halle bei der Familie). Hätte ich in Frankfurt nicht das (vermutlich) einzige Hostel entdeckt, das seine Preise zur FBM beibehält, wäre Frankfurt dieses Jahr ausgefallen. Bis zu 300€ pro Nacht ist in meinen Augen einfach nicht zu rechtfertigen (mehr Zimmer gibt es dadurch schließlich nicht).
Zur LBM übernachten, soweit ich weiß, viele Besucher in den Dörfern in der Umgebung oder eben in Halle/Saale (mit dem Zug sind es von dort ca. 30Minuten bis zur Leipziger Messe, vor ein paar Jahren konnte man von Halle aus mit seinem Messeticket sogar gratis Zug fahren – inwieweit, das noch so ist, weiß ich jedoch nicht).
Sehr interessant! Ich habe lange auf das fazit von jemandem gewartet, der die LBM so sehr liebt wie ich. Jedes jahr frage ich mich, ob ich auch mal zur FBM fahren soll, aber immer wieder fällt meine Entscheidung gegen die Messe aus. Meistens eher aus Zeitmangel, ein bisschen auch weil ich mir denke „… fahr vielleicht doch einfach wieder zur LBM“. Wie stark war denn das Thema Manga vertreten? Ist dir da was aufgefallen?
Also Manga bzw.Comics allgemein waren auf der FBM eigentlich kaum existent. Ich habe einen Stand gesehen, der irgendwie mit „Naruto“ (oder doch „One Piece“?) zu tun hatte und Merchandise im Angebot hatte. Carlsen und Egmont hatten natürlich ihre Mangas ausgestellt. Aber das war es eigentlich auch schon. Ich kann mir vorstellen, dass im Bereich der internationalen Verlage noch was zu finden war, das ich aufgrund der Größe der Messe nicht gesehen habe. Ich glaube, jeder 50qm-kleine Comicladen hat ein größeres Manga-Angebot als die 6 (vierstöckigen) Hallen der FBM. Aber die FBM hatte den Manga- und Comicbereich ja eh seit letztem(?) Jahr weniger Gewicht gegeben, gerade weil die LBM da schon einen Schwerpunkt hat.
Grundsätzlich denke ich, es ist gut, sich ein eigenes Bild von der FBM zu machen, um einfach den Vergleich zu haben. Ich habe bislang ja fast nur Lobeshymnen auf die FBM gelesen – vielleicht war meine Enttäuschung deshalb auch besonders groß. Ich kann mir aber vorstellen, dass dir ein Tag auf der Frankfurter Messe genug wäre. Vielleicht sind Japan und China ja irgendwann Ehrengast in Frankfurt – dann würde sich die Fahrt dorthin garantiert lohnen, denn die Ausstellungsräume der Gastländer sind in Frankfurt wirklich beeindruckend (es gibt auch landestypisches Essen :D).