Als ich einen Blick in meinen Terminkalender werfe, muss ich feststellen, dass tatsächlich schon der letzte Teil meiner Reise um die Welt gekommen ist. Fast zwei Monate sind vergangen, seit ich meine Survival-Ausrüstung schnappte und die heimischen Gefilde verließ. Nun gehe ich zum letzten Mal an Bord und reise nach Afrika.
In Äthiopien treffe ich den schottischen Wissenschaftler James Bruce, den ich in die Stadt Aksum begleite. Auf dem Weg dorthin kommen wir auch am Kloster von Abba Pantaleon vorbei. In Aksum selbst besuchen wir die Ruinen der Stadt, wobei James Bruce sich insbesondere für architektonische und kunsthistorische Aspekte wie die Gestaltung der unzähligen Obelisken oder die Einflüsse ägyptischer und anderer Kulturen interessiert. Auch die Kirche St. Maria von Zion, in der angeblich die Bundeslade aufbewahrt sein soll, suchen wir auf. Für Bruce entpuppt sich diese aber eher als eine Enttäuschung: Klein und übersät mit Taubenkot entspricht sie nicht unbedingt den Vorstellungen einer bedeutenden religiösen Stätte. Interessant ist Aksum aber dennoch, auch wenn ich weit weniger sehen kann, als ich wollte, da ich nicht länger als einen Tag in der äthiopischen Stadt weilen kann, da mein nächster Reisebegleiter bereits auf mich wartet.
Nach dem Ausflug nach Äthiopien begebe ich mich daher in die Stadt Dschillifrih, die am Nordufer des Gambia liegt. Dort erwartet mich Mungo Park, der im Auftrag der Afrikanischen Gesellschaft den Gambia entlang reisen soll und den ich auf dieser Entdeckungsreise begleiten darf. Mungo Park ist nicht der Erste, der entlang des Flusses reist: Zuvor begab sich ein gewisser Captain Houghton auf die gleiche Route, verschwand jedoch spurlos. Obwohl Park weiß, dass ihn ein ähnliches Schicksal ereilen könnte, hat er den Auftrag der Afrikanischen Gesellschaft ohne zu zögern angenommen.
Zwei Tage verweilen Park und ich in Dschillifrih, das im Königreich Barra liegt, welches vorwiegend vom Salzhandel lebt. Allerdings wird das Bild der Stadt auch von Bettlern geprägt, die die Kaufleute unablässig um Waren aller Art anflehen und nicht aufgeben, bis man ihnen etwas gibt. Weitere Stationen unserer Reise sind die Handelsorte Wintain und Dschonkakonda. In der Stadt Wintain wird überwiegend mit Wachs gehandelt, was auch immer wieder viele Europäer herlockt. Die Einwohner sind indes nicht allzu gesellig, brauen aber ein köstliches, stark alkoholisches, Met-ähnliches Getränk.
Den letzten Ort, den Mungo Park und ich gemeinsam bereisen, ist das Dorf Pisania. Der Ort besteht quasi nur aus einer englischen Fabrik und wird auch nur von Engländern bewohnt, die meist mehrere Afrikaner als Sklaven halten.
Park beschließt, länger in Pisania zu verweilen und lernt die weit verbreitete Mandingo-Sprache, um sich auch mit den Einheimischen der Region um den Gambia unterhalten zu können und so mehr über Gegend und das Leben der Bevölkerung zu erfahren.
Die Nächte in Pisania sind akustisch untermalt von Froschgequake, Hyänen- und Wolfsgeheul, was Park nicht selten den Schlaf raubt. Auch sonst ist die Gegend um den Gambia Wildlife pur: Während der Fahrten auf dem Fluss sehen wir Krokodile, Flusspferde, Panther, Elefanten und sogar Haie.
Am 31. Juli 1795, einen Monat, nachdem Park und ich unsere Gambia-Reise begonnen haben, beobachten wir eine Mondfinsternis. Kurz darauf erkrankt Park an starkem Fieber, das ihn für Monate ans Bett fesselt. Erst im November setzt Park die Reise entlang des Gambia fort – leider kann ich ihn dabei nicht länger begleiten, sondern muss zurück nach Deutschland, zurück in die Gegenwart. Doch die Eindrücke, die Park und ich entlang des Gambia gesammelt haben, bleiben einige der interessantesten, die ich auf den einzelnen Kontinenten erfuhr und so ist die Zeit in Afrika ein schöner Abschluss meiner literarischen Reise um die Welt.
Über die literarische Weltreise: Ab Juli 2014 möchte ich mittels des Fischer Klassik-Titels „Weltreisende und Entdecker: Ein Lesebuch“ die ganze Welt bereisen. Geschichten, Aufsätze, Briefe und Tagebucheinträge von Entdeckern, Forschern und Schriftstellern sollen mir dabei Land und Leute nahe bringen. Was ich mit den berühmten Reisegefährten erlebe, lasse ich euch jede Woche per digitaler Flaschenpost wissen.
Geplauder