Seit Oktober ist hier auf dem Blog nichts mehr passiert. Generell wird es immer ruhiger – auch auf Bluesky bin ich selten unterwegs. Ich bin weiterhin blogmüde, teils Social-Media-müde, und hinterfrage in den letzten Monaten immer häufiger, ob ich den Blog überhaupt noch aufrechterhalten soll. In den Momenten unmittelbar nach dem Bloggen merke ich zwar, dass es mir gutgetan hat und fühle mich direkt wieder in der vertrauten Buch(blog)welt zuhause. Aber ich finde zunehmend seltener Energie und Motivation für den Blog. Das hat weniger mit dem Bloggen an sich zu tun als vielmehr mit meiner aktuellen Lebensgestaltung: Ich bin dankbar für jede Stunde, die ich abseits der Arbeit nicht vor einem Bildschirm verbringen muss. Zudem beschäftigen mich andere Themen im Alltag inzwischen stärker – u.a. hat Fitness einen höheren Stellenwert und unsere drei Katzen motivieren mich dazu, mich regelmäßiger zu Themen wie Katzengesundheit und -wohlbefinden weiterzubilden.
So schwanke ich seit Monaten, nein, eigentlich schon seit ein paar Jahren hin und her, ob ich einen Schlussstrich ziehe oder den Blog aufrechterhalte in der Hoffnung, irgendwann wieder mehr Motivation und Zeit dafür zu finden. Im Moment schmerzt der Gedanke, alles zu begraben, aber noch zu sehr – fast 16 Jahre ist der Blog Teil meines Lebens, er ist meine Leserinnenbiografie, hat mir wundervolle Erlebnisse beschwert und ich habe durch ihn viele tolle Menschen kennengelernt, mit Steffi sogar einer meiner engsten Freundinnen gefunden. Vielleicht existiert dieser Blog also auch nur noch aus Nostalgie? Doch ich habe mir vorgenommen, dass das kommende Jahr die endgültige Entscheidung für die Zukunft dieses Blogs bringen soll.
Eines ist jedoch gewiss: Der Buchwelt werde ich nie verloren gehen. Seit der Schweden-Reise im Sommer lese und höre ich wieder regelmäßiger Bücher. Dabei wandere ich in gewohnter Manier zwischen den Genres hin und her.
Im Bilderbuch „Henry will hoch hinaus“ von Katarína Macurová begleitete ich die Schnecke Henry, die keinen Schleim produzieren kann und deshalb nirgendwo hinaufkriechen kann. Doch Henry ist zielstrebig, ehrgeizig und einfallsreich und findet seinen ganz eigenen Weg, um Wände und Pflanzen hinaufzuklettern. Eine ganz liebreizende und fröhlich-bunte Geschichte über Individualität und das Erreichen von Träumen.
Positiv überraschte mich im Herbst „Nach uns der Himmel“ von Simone Buchholz, in welchem acht Flugreisende auf einer griechischen Insel zwischenlanden müssen und alles mit jeder Stunde kurioser wird: Die Menschen auf der Insel ignorieren die acht Passagiere vollkommen, aus dem Ort führt kein Weg hinaus, Strände und Häuser verschwinden plötzlich im Nichts und die acht Hauptfiguren vergessen mit jeder Stunde mehr. Zwar sind manche Figuren und ihre Beziehungen zueinander sehr stereotyp und vieles bleibt leider der Fantasie der Lesenden überlassen, doch die Geschichte selbst nahm für mich einen unerwarteten Verlauf und entpuppte sich als eine ungewöhnliche Mischung aus Fantasy und Science Fiction, wie ich es anhand von Cover, Titel und Klappentext nie vermutet hätte.
Auf den Ohren hatte ich im Herbst die Hörbuchversion von Carsten Henns „Der Buchspazierer“ (gesprochen von Reinhard Kuhnert). Nachdem ich zuvor die Verfilmung mit Christoph Maria Herbst sah, brauchte ich noch mehr von dieser bibliophilen Wohlfühlgeschichte. Ich hätte auch nichts dagegen, wenn es in jedem Ort Buchspazierende gibt, die perfekt abgestimmte Überraschungsbücher zu Lesenden bringen.
Enttäuschend waren für mich hingegen Liz Moores vielgelobtes „Der Gott des Waldes“ – aus den bereits von Anette genannten und in den dortigen Kommentarspalten besprochenen Punkten – sowie das nach vielen Jahren vom SUB befreite „Zwei an einem Tag“ von David Nicholls. Bei letzterem fand ich den Grundgedanken spannend, zwei Personen jedes Jahr am gleichen Tag zu begleiten, die uns so präsentiert werden, dass sie zueinander gehören, aber nicht so leicht zueinander finden. Die Umsetzung des Ganzen indes fand ich furchtbar. Alle Figuren sind Klischees und die Art, wie die beiden Hauptfiguren Emma und Dexter 15 Jahre benötigen, um sich aufeinander einzulassen, strapazierte meine Nerven. Obwohl beide (und ihr gesamtes Umfeld!) in all den Jahren wissen, dass zwischen ihnen mehr als nur Freundschaft ist und sie beide füreinander etwas empfinden, gehen sie in entscheidenden Momenten auf Distanz, machen sich selbst und einander etwas vor. Mit ihren Charakteren und ihrem Umgang miteinander hatte ich aber auch abseits ihrer (Nicht-)Beziehung Probleme: Emma fand ich mit ihrem Zynismus und ihrer Verbitterung unglaublich anstrengend; Dexter ist drogenabhängig, promiskuitiv, untreu und selbstzentriert. Bei Emma meldet er sich oftmals nur dann, wenn er sich einsam fühlt oder gerade beruflich oder privat Ablehnung erfahren hat. Emma wiederum steht nahezu immer sofort zur Stelle, lässt für Dexter alles stehen und liegen und tut alles für ihn. Nein, das ist nicht romantisch, das ist toxisch und absolut nichts, was man als Romantik oder gesunde Beziehung verkaufen sollte. Wie oft habe ich beim Lesen geflucht und entnervt gestöhnt, gehofft, dass die Geschichte bald ihr Ende erreicht. Als es dann zu einem gravierenden Ereignis kommt, wäre an dieser Stelle ein passender Schluss gewesen. Doch David Nicholls schleift uns noch etliche Kapitel weiter; Kapitel, die uns nichts Neues, Überraschendes oder Relevantes präsentieren, sondern nur wiederholen, was wir während des Romans schon mehrfach erlebten. Rückblickend staune ich über mich selbst, dass ich überhaupt durchhielt, dieses Buch bis zum letzten Satz zu lesen.
Neben dem Lesen und Hören von Büchern brachte der Herbst auch literarische Veranstaltungen mit sich – und damit meine ich nicht die Frankfurter Buchmesse. Im Theodor-Heuss-Haus in Stuttgart trafen am 08. Oktober Comic, Musik, Ausstellung, Politik und Geschichte aufeinander: Im Rahmen der Reihe „Theo jazzt“ lud das Theodor-Heuss-Haus nicht nur zu einem musikalischen Abend mit dem Sophisticated Orchestra ein, sondern auch zur Vernissage der Ausstellung „100 Köpfe der Demokratie“ und zum Book Release von Simon Schwartz‘ gleichnamigem Buch. Die Ausstellung widmet sich 100 Personen, die den Weg zu unserer heutigen Demokratie mitprägten. Dabei geht es weniger um die großen politischen Entscheidungsträger, sondern vor allem auch um Menschen, die sich im Alltag und im Rahmen ihrer Möglichkeiten auf verschiedenste Weise engagierten wie zum Beispiel Jurist*innen und Demonstrierende. Das visuelle Design der Ausstellung stammt von Simon Schwartz und so war es naheliegend, diese 100 Persönlichkeiten auch in einem Buch festzuhalten. Wichtig war bei der Gestaltung der Ausstellung und dem Buch, Vielfalt darzustellen – nicht nur in Bezug auf Hautfarbe, Alter und soziale Situation, sondern auch in Bezug auf die Ansichten und Aktionen. So finden sich in der Kollektion auch Personen, die teils widersprüchliche Ansichten vertraten oder Ansichten hatten, die wir heute anders beurteilen würden, die aber zum damaligen Zeitpunkt einen wichtigen Beitrag leisteten, um die heutige Demokratie herauszubilden. Mir persönlich kam der Part rund um Ausstellung und Buch im Rahmen der Veranstaltung jedoch zu kurz: Es gab ein kurzes Gespräch zwischen Simon Schwartz und Dr. Jan Ruhkopf von der Stiftung Bundespräsident-Theodor-Heuss-Haus, aber das war zeitlich eng bemessen und Fragen aus dem Publikum waren nicht möglich. Danach gab es die Möglichkeit parallel zum Auftritt des Sophisticated Orchestra durch die Ausstellung zu gehen, sich Simon Schwartz‘ Buch zu kaufen und signieren zu lassen und Snacks und Getränke zu genießen. Dadurch hat sich an dem Abend alles schnell verlaufen und aus meiner Sicht bekamen die Ausstellung und das Buch dadurch nicht gänzlich die Aufmerksamkeit, die sie verdient hätten.
Ein weiteres Event war das erste Jubiläum des Stuttgarter Silent Book Clubs im Café Luv. Anlässlich der Feier wurde an diesem Novemberabend nicht nur gelesen: Es gab eine kleine Verlosung, Beutel und Goodies konnten gekauft werden und Spoken Word Artist Jasmin Brückner las aus ihrem am nächsten Tag erschienenen Buch „Kontur“. Das Café Luv war an diesem Abend so voll wie noch nie zum Silent Book Club, man spürte die Leidenschaft des Silent-Book-Club-Teams und in manchen von Jasmin Brückners Texten konnte ich eigene Erfahrungen und Gedanken wiederfinden, insbesondere in jenen, in denen es um die uns verbindende ostdeutsche Heimat ging. In erster Linie habe ich aber genossen, wie gut der Silent Book Club weiterhin angenommen wird und wieder einmal gemerkt, wie angenehm diese Abende für mich sind und wie gut sie mir und meiner Leseroutine tun.






Liebe Kathrin,
erst mal danke für die Verlinkung :-) Ich kann gut verstehen, dass du ein bisschen blogmüde bist. Gerade wenn man beruflich viel Stress hat, ist es sicher schwierig, noch die Zeit und die Motivation zum Bloggen zu finden. Ich hoffe, du bleibst uns trotzdem erhalten. Setz dich einfach nicht unter Druck, wenn nicht viele Artikel kommen, kommen halt nicht viele, aber ich freue mich immer, wenn dann doch mal wieder was kommt! Ich selbst muss ja manchmal, obwohl ich die Zeit dazu hätte, kämpfen, mich wirklich an eine Rezension zu setzen, dennoch möchte ich den Blog nicht missen, weil er für mich auch ein Lesetagebuch ist und ich wirklich froh bin, zuverlässig jederzeit wenigstens auf Wochen- und Monatsrückblicke zurückgreifen zu können. Meine größten Zweifel hinsichtlich des Bloggens liegen immer noch bei der DSGVO und der Angst, diesbezüglich was falsch zu machen und dann abgemahnt zu werden. Deshalb spiele ich immer mal wieder mit dem Gedanken, den Blog privatzustellen. Hätte dann aber Angst, dass viele dann nicht um das Passwort bitten, sondern einfach wegbleiben. Seufz. Aber zurück zu dir, wie gesagt, ich hoffe, du bleibst uns erhalten! :-)
Mein Kopf hat ja bei deiner Reflektion zum Bloggen schon Pläne geschmiedet wie man dich und den Blog mit Aufmerksamkeit überhäuft und das Feuer wieder entfacht, Bloggen ist geil, Blogs are back, baby! Aber ich realisiere auch anhand der Dinge, die du geschrieben hast, dass es am Ende ja Spaß machen soll. Und sich in digitalen Welten rumtreiben, während das Leben da draußen stattfindet und die Bildschirmzeit schon lange genug ist und den Rücken krummer macht, dann hilft selbst der beste Motivationskomplott nicht. Es muss dir gut gehen und der Blog dein Leben besser machen als ohne. Ich würde mich natürlich riesig freuen, wenn sich herausstellt, dass wir nach all den Jahren die Blogs nun auch nicht mehr brauchen, um in Kontakt zu bleiben. Das trieb mir schon etwas das Wässerchen in die Augen, was du oben geschrieben hast. Fühl dich gedrückt. Ansonsten halte ich es wie Anette da oben: hoffentlich bleibst du trotzdem den Eckchen hier im Netz erhalten, die sich über deine Ansichten zu Themen freuen.
Aaaaaaber: was ich ja schon recht hilfreich finde ist wie ein Blog so das Leben im Rückblick darstellen kann. Ich habe da schon öfter im Nachhinein nachgeschaut, was denn im Jahr x so war. Oder wie ich Buch y eigentlich fand. Das kann natürlich auch Instagram, die Camera Roll oder das gute alte analoge Tagebuch leisten. Ich hoffe in jedem Fall, dass du einen Weg findest und finde es sehr smart, dass du 2026 als Maß nutzt.
Das war ja ein bewegtes Jahr! Die Veranstaltungen, die du besucht hast, klingen wahnsinnig spannend. Auch wenn einige davon vielleicht noch Luft nach oben hatten. Stuttgart hat dahingehend offenbar einiges zu bieten. Magdeburg eigentlich auch wie ich neulich gelernt habe. Leider habe ich es immer noch nicht zum Silent Book Club geschafft…