Ich erzähle euch nichts Neues, wenn ich schreibe, dass viele Bücher aufgrund der Eindrücke anderer Blogger bei mir eingezogen sind. Nach sieben Jahren im Bloggeruniversum möchte ich daher gerne einen kleinen Rückblick wagen und euch fünf Titel vorstellen, die mir nicht nur außerordentlich gut gefallen haben, sondern bei denen ich mit Sicherheit sagen kann, dass ich sie ohne Blogger entweder nie oder erst viel später für mich entdeckt hätte. In diesem Sinne: Vielen Dank an euch alle da draußen!
Siegfried Lenz: „So zärtlich war Suleyken“
Siegried Lenz gehörte immer zu jenen Autoren, deren Namen mir zwar regelmäßig begegneten, aber auf deren Werke ich nie sonderlich neugierig war. Das änderte sich, als Tanja vergangenes Jahr auf ihrem Blog Lese-Leuchtturm die Kurzgeschichtensammlung „So zärtlich war Suleyken“ vorstellte. Aus Tanjas Zeilen las ich pure Euphorie, Lesegenuss und die Aussicht auf lebendige Erzählungen voller Charme und Humor. Es dauerte keinen Monat, bis auch ich mich diesem Kurzgeschichtenband annahm – und mich ebenso in ihn verliebte wie zuvor Tanja! Ich habe viel gelacht und kleine Reisen in eine Region unternommen, in der die Zeit scheinbar langsamer vergeht und die Einwohner so manche Eigenarten aufweisen. Auf jeder Seite spürte ich die Natur, wurde tiefer in den dörflichen Klatsch und Tratsch hineingezogen und wurde regelrecht verzaubert. Am Ende war ich von Lenz‘ Erzählkraft derart begeistert, dass ich mir vor wenigen Monaten spontan „Der Überläufer“ kaufte – entgegen meiner Gewohnheit ohne es angelesen zu haben oder zu wissen, worum es überhaupt geht.
D. H. Lawrence: „Der Mann, der Inseln liebte“
Mit seiner wunderschönen Aufmachung weckte „Der Mann, der Inseln liebte“ ursprünglich schon in einer Buchhandlung meine Aufmerksamkeit. Doch hatte ich zunächst Zweifel und fürchtete, das Buch wäre womöglich nicht viel mehr als ein mittelmäßiger Text in einer hübschen Verpackung. Mareike vom (leider nicht mehr bestehenden) Blog Seitengeraschel schaffte es dann, mich vom Gegenteil zu überzeugen und beim nächsten Besuch in der Buchhandlung schlenderte ich mit dem Buch sofort zur Kasse. Am Ende entpuppte sich „Der Mann, der Inseln liebte“ als kleiner Schatz. Zwar erhielt ich eine Geschichte, die anders war, als ich erwartete, doch schafft es D. H. Lawrence, auf weniger als 80 Seiten pointiert von dem Mann zu erzählen, dem jede noch so kleine Insel zu groß und zu belebt erscheint, der sich zunehmend von der Gesellschaft abkapselt und der uns in Frage stellen lässt, was uns eigentlich glücklich macht und ob unsere Träume wirklich immer so gut sind, wie wir sie uns gerne in unserer Fantasie ausmalen. Ein wahrlich feines Buch, um sich auf das Wesentliche zu besinnen – und dank des schmalen Umfangs ideal, um auch im stressigsten Alltag darin zu versinken.
Antonia Michaelis: „Solange die Nachtigall singt“
In meinen ersten Bloggerjahren war „Solange die Nachtigall singt“ eines jener Bücher, die man über Monate hinweg auf unzähligen Blogs finden konnte. Normalerweise führt so etwas dazu, dass ich jegliches Interesse an einem Buch verliere. In diesem Fall war es jedoch anders, denn zum einen faszinierte mich die Geschichte an sich zu sehr und zum anderen spaltete Antonia Michaelis Roman damals die Leserschaft. Für mich gehört „Solange die Nachtigall singt“ mittlerweile zu den besten Jugendbüchern überhaupt. Die Geschichte um Jari, der nach Ende seiner Tischlerlehre auf Wanderschaft geht, doch dann bei drei Mädchen im sächsischen Wald „hängen bleibt“ und dabei so manche verwirrende, merkwürdige, auch lebensbedrohliche Erfahrung macht, ist überaus klug erzählt. Darüber hinaus ist sie atmosphärisch dicht, düster und geheimnisvoll – nichts ist hier so, wie es zunächst scheint. Immer wieder werden Jaris und ich als Leserin auf neue, falsche Fährten gelockt und verwirrt. Antonia Michaelis spielt mit mir als Leserin auf die gleiche Weise, wie die drei Mädchen mit Protagonist Jari spielen. Was ist real, was Trugbild? Was ist Traum, was Wirklichkeit? Das alles in Kombination mit viel Erotik, Brutalität, gelegentlichem Drogenrausch und einem mysteriösen Mordfall, erzählt vor einer malerischen, magisch erscheinenden Kulisse. Ein Buch, in dem ich mich buchstäblich verlieren konnte und das mich auch Jahre nach der Lektüre nicht losgelassen hat.
Becky Albertalli: „Simon vs. the Homo Sapiens Agenda“
Seit einiger Zeit kommt man an „Simon vs. the Homo Sapiens Agenda“ kaum noch vorbei. Bereits lange vor dem Hype zeigte sich Ute auf buchstapelweise begeistert und verleitete mich sofort zum Hörbuchdownload. Am Ende wurde „Simon vs. the Homo Sapiens Agenda“ zu einem meiner Lieblingshörbücher, denn hier stimmt einfach alles: Die Story ist spannend erzählt, die eingebundenen E-Mails zwischen Simon und Blue sind wahre Highlights, die Charaktere habe ich sofort ins Herz geschlossen und Sprecher Michael Crouch ist mit seiner jugendlichen Stimme einfach die perfekte Besetzung. Beim Hören habe ich mich in dieser Geschichte die ganze Zeit über irgendwie „zu Hause“ gefühlt und hättet ihr mich beobachtet, ihr hättet ein Dauergrinsen auf meinem Gesicht gesehen.
Keigo Higashino: „Verdächtige Geliebte“
Hotaru von Hitodama hatte in den vergangenen Jahren des Öfteren lobende Worte für die Bücher von Keigo Higashino gefunden und mich damit Stück für Stück neugieriger auf die Werke des japanischen Autors gemacht. Obwohl ich mit Krimis für gewöhnlich wenig bis gar nichts anfangen kann, meinte irgendwann auch der Audible-Algorithmus, dass Higashinos „Verdächtige Geliebte“ meinen Geschmack treffen könnte. Was soll ich sagen: Der Algorithmus und Hotaru hatten recht – ich war gebannt von der Umsetzung der Geschichte! Denn im Gegensatz zu den meisten anderen Krimis erlebt man die Geschichte hier vorrangig aus Sicht der Täterin und ihres Verbündeten. Und weil ich die Umstände der Tat und die Situation der Täterin von Anfang an kannte, bangte ich mit ihnen und hoffte, dass die Wahrheit nicht ans Licht kommen möge. Fasziniert verfolgte ich dabei die „Spielchen“, die mit der Polizei gespielt wurden und die in extremer Weitsicht sehr genial konstruiert worden. Ein überaus cleverer Roman, erzählt aus einer äußerst spannenden Perspektive und im Hörbuch hervorragend von Olaf Baden zum Leben erweckt.
Welches Buchentdeckungen habt ihr Bloggern zu verdanken? Gibt es Blogger, die besonders stark zu eurer Hausbibliothek beigetragen haben?
Das freut mich immer noch, dass dich „Verdächtige Geliebte“ so sehr begeistert hat und vor allem, dass das Hörbuch offenbar auch gelungen ist. :)
Oh ja, Olaf Baden liest toll und hat eine sehr angenehme Stimme – das ergänzt den Krimi perfekt. Und die Herangehensweise von Higashino fand ich einfach außergewöhnlich. Momentan grübel ich immer, welches mein nächster Higashino werden soll, da alle so interessant klingen… :D
Ja, „Simon“ war damals hierzulande noch nicht bekannt, und jetzt gehört es auch hier – zurecht – auf jede YA LGBT-Empfehlungsliste. Schön, dass ich dich mit dem englischen Hörbuch anstecken konnte! :-)
Ich kann das ein Stück weit zurückgeben. Ohne die liebe Ute @_Liedie und dich hätte ich mich niemals an Tolstois „Krieg und Frieden“ gewagt. Gemeinsam hat das dann im #TeamTolstoi so gut geklappt, und ich hoffe sehr, wir wiederholen das mit einem anderen Klassiker.
Eine andere Bloggerin, die mich auf ein wundervolles Buch gebracht hat, ist die Elke @sunsy37w. Die hat mir so lange von Stephen King’s „Es“, als Hörbuch gelesen von David Nathan, vorgeschwärmt, bis ich meine jahrelange King-Aversion links liegen und einfach losgehört habe. Seitdem sehe ich Stephen King mit anderen Augen und kann mit „Es“ mein bisher längstes Hörbuch von über 50 Stunden verbuchen.
Es gäbe noch etliche weitere Beispiele, aber die Familie sitzt mir im Nacken und möchte endlich Bratkartoffeln haben…
LG,
Ute
Hallo Ute,
ich bin auch sehr froh, dass ich durch dich schon früher auf Simon aufmerksam wurde. Mich halten Hypes ja immer vom Lesen eines Buches ab und in diesem Fall wäre mir eines der wundervollsten YA-Bücher aller Zeiten entgangen, hätte ich mich nicht (wieder ;) ) auf dein Urteil verlassen. :D
Tolstoi war wundervoll! Bei mir lag „Krieg und Frieden“ damals ja schon seit Jahren auf dem Kindle und ich hab mich nur nie daran gewagt. Das Lesen mit euch beiden hat da perfekt gepasst und für mich sind die Erinnerungen ans Buch auch ganz eng mit den einzelnen Tweets verknüpft – manche Szenen und die Kommentare dazu haben sich ganz tief in mein Gedächtnis gegraben und bringen mich heute noch zum Schmunzeln.
Du hattest tatsächlich mal eine King-Aversion? Das kann ich mir gerade gar nicht vorstellen. Zum Glück wurdest du dann doch noch neugierig. „Es“ liegt in meinem Fall noch ungelesen im Regal, aber das wird sich im Juli oder August ändern. Meine Erwartungen daran sind, ehrlich gesagt, sehr hoch und ich hoffe, nicht enttäuscht zu werden.
Liebe Grüße und einen guten Start in ein hoffentlich entspanntes Wochenende!
Kathrin