Es scheint, als sei es Jahrzehnte her, seit ich das letzte Mal einen Beitrag in der Kategorie „Bücherschatztruhe“ veröffentlichte. Ihr erinnert euch vielleicht noch: Im Rahmen meiner Bücherschatztruhe stelle ich euch Bücher vor, die (für mich) etwas Besonderes sind, zum Beispiel aufgrund ihrer Gestaltung oder weil ich damit irgendetwas Bestimmtes verbinde. Seit über einem Jahr nun erschien kein Beitrag dieser Art mehr – allerdings nicht wegen mangelnder Buchauswahl, schließlich ist in den letzten 12 Monaten so manche Kostbarkeit bei mir eingezogen, sondern vielmehr aus Zeitmangel. Nun möchte ich meine kleine Truhe nicht länger vernachlässigen. Also habe ich sie fix entstaubt und neu bestückt. Womit? Natürlich mit einem Buch des in meinen Augen besten Künstlers der Gegenwart, Benjamin Lacombe.

Im Rahmen der Bücherschatztruhenrubrik habe ich euch schon das ein oder andere Buch des französischen Künstlers präsentiert. Heute nun möchte ich euch ein Buch vorstellen, das erschien, bevor Lacombe irgendeinem deutschen Leser ein Begriff war und das wohl zum Besten zählt, was er je kreiert hat:

„Il était une fois …“

Lacombe_Il etait une fois

„Il était une fois …“ (franz.: „Es war einmal …“) ist das erste und einzige Pop-Up-Buch von Benjamin Lacombe und beim Durchblättern bekomme ich jedes Mal das Gefühl, regelrecht ins Buch hineingezogen zu werden. Dabei gibt es keine Geschichte und die Seitenanzahl ist sehr stark begrenzt: In „Il était une fois …“ bannt Lacombe acht Märchen und Kinderbuchklassiker auf jeweils eine Doppelseite und erweckt sie durch Dreidimensionalität zum Leben. Wir fliegen mit Peter Pan über die Dächer Londons, kapitulieren mit Alice vor den Karten, landen mit Rotkäppchen im Schlund des Wolfes und schlafen 100 Jahre mit Dornröschen. Benjamin Lacombe hat mit diesem Pop-Up eine wundervolle Hommage an die Geschichten unserer Kindheit geschaffen, zugleich aber auch den Grundstein für zukünftige Arbeiten wie „Madame Butterfly“ gelegt.

„Il était une fois …“ ist jene Art Buch, das man nicht einfach mal eben durchblättert und dann im Regal anstauben lässt. Vielmehr ist es eines jener Buchschätze, denen man in der heimischen Bibliothek einen ganz besonderen Platz einräumt, das man wieder und wieder zur Hand nimmt, dabei mit einem Seufzer der Entzückung in die beeindruckenden Bilderwelten eintaucht, und welches man nicht mal seinen besten Freunden verleihen würde, aus Angst, sie könnten es in einem nicht mehr tadellosen Zustand zurückgeben.

Zugegeben, für den ein oder anderen mag der Preis von rund 25 € für ein 20-Seiten-Buch vielleicht unerhört erscheinen, doch wer gute (Buch-)Kunst zu schätzen weiß, ein Herz für Märchen und Kinderbücher hat, genauso süchtig nach Lacombes Büchern ist wie ich oder einfach nur die kleinen Wunder im Alltag sucht und liebt, der weiß, dass für ein solch außergewöhnliches Buch jeder einzelne Cent mehr als gerechtfertig ist. Und so kann ich nur abschließend sagen:

Gönnt euch „Il était une fois …“ und verliert euch in der zauberhaften Welt eurer Kindheit!

PS: „Il était une fois …“ ist nicht auf Deutsch oder Englisch erhältlich. Wer – wie ich – kein Französisch beherrscht, kann dennoch sorglos zum Buch greifen: Benjamin Lacombe lässt allein seine Bilder sprechen und die einzigen Sätze stehen in dem zweiseitigen Nachwort.


Benjamin Lacombe: „Il était une fois …“, Seuil Jeunesse 2010, ISBN: 978-2-02-102754-9

Pop-Up Book - Il était une fois...