Bei kiyaliest entdeckte ich vor kurzem einen Tag, den ich ganz wunderbar fand und der hervorragend zu meinen diesjährigen Leseplänen passt – es geht nämlich um Klassiker. Während ich also gerade die letzten Kapitel von „Krieg und Frieden“ in mich aufsauge (es ist SO spannend!), möchte ich mittels dieses Tags noch einmal etwas genauer meine Beziehung zu Klassikern beleuchten.
- Ein überbewerteter Klassiker, der dir nicht gefallen hat
Der erste Klassiker, der für mich eher mit Frustration verbunden war, ist Goethes „Faust“ (sowohl Teil 1 als auch Teil 2). Während ich die Werke von Johann Wolfgangs bestem Kumpel Friedrich Schiller stets mochte, fand ich zu Goethe nie einen Zugang; keines seiner Werke hat mich begeistern können. „Faust“ fand ich dabei von allen Titeln am schlimmsten. Zwar mag ich die zugrundeliegende Idee und ich habe auch die ein oder andere gelungene Adaption gesehen (z.B. eine Inszenierung des Neuen Theaters in Halle/ Saale vor ca. 8 Jahren), aber die Charaktere gingen/gehen mir durchweg auf die Nerven – so etwas ist für mich immer ein K.O.-Kriterium. Dass „Faust 1“ und „Faust 2“ vom 7. bis zum 13. Schuljahr jährlich auf dem Stundenplan standen, der Osterspaziergang und die Walpurgisnacht dabei wieder und wieder bis zum letzten Komma durchinterpretiert wurden, war dann natürlich nicht gerade vorteilhaft.
Beim zweiten, mich enttäuschenden Klassiker handelt es sich um „The Great Gatsby“. Auch hier fand ich die Figuren durchweg unerträglich, ihre „Probleme“ banal und die Story insgesamt eher ermüdend.
- Epoche, über die du am liebsten liest
Ich lese sehr gerne Klassiker aus dem 19. Jahrhundert – die Werke Jules Vernes, Alexandre Dumas‘, Lew Tolstois, Edgar Allan Poes oder Victor Hugos haben es mir besonders angetan, weil sie so viel mehr als nur die Kernhandlung umfassen, sondern fast immer auch ein extrem detailliertes Gesellschaftsbild wiedergeben und zeitlose Themen aufgreifen.
- Lieblingsmärchen
… war schon immer „Schneewittchen“ – und seit es die wunderbare, von Benjamin Lacombe illustrierte Ausgabe gibt, bin ich erst recht verliebt in dieses Märchen.
Auf Platz 2 meiner Lieblingsmärchen liegt „Dornröschen“. Rosen, viel Schlaf – ich finde, dass das sehr gemütlich klingt!
- Welchen Klassiker schämst du dich am meisten, bisher nicht gelesen zu haben
Schämen? Für keinen. Aber natürlich gibt es so manche Klassiker, die ich gerne noch lesen möchte. Das geht bei dem ein oder anderen Shakespeare-Stück los, gefolgt von „Moby Dick“ bis hin zu „1984“. Ich staune immer, wenn ich erfahre, was andere für spannende Klassiker in der Schule gelesen haben! Meine Deutschlehrer konzentrierten sich leider nur auf die deutschen Autoren (vor allem Goethe – womit wir wieder bei Punkt 1 wären …). Und im Englischunterricht standen bis auf ein paar Gedichte nur moderne Texte auf dem Programm.
- Top 5 Klassiker, die du (bald) lesen willst
„Les Misérables“, „1984“, „Brave New World“, „Moby Dick“ und „To Kill a Mockingbird” liegen (neben anderen Klassikern von Verne, Zola, Hugo und Shakespeare) bereits auf dem SUB und wollen noch im laufenden Jahr gelesen werden… Mal schauen, ob das klappt. ;)
- Liebstes Buch, das auf einem Klassiker basiert
Ich bin absolut kein Fan von Neuinterpretationen oder Adaptionen klassischer Texte und lasse für gewöhnlich die Finger von solchen Büchern. Zwei Ausnahmen, die in diesen Bereich fallen und mich begeisterten, sind jedoch die Graphic Novel-Version von „Don Quijote“ (Flix) und „Wicked“ von Gregory Maguire als Vorgeschichte zum „Zauberer von Oz“.
- Liebste Film-/TV-Adaption eines Klassikers
Als Fan von Musicals und französischer Literatur des 19. Jahrhunderts, nenne ich hier wenig überraschend den Musicalfilm „Les Misérables“ – tolle Besetzung (immerhin sind auch ausgebildete Musicaldarsteller darunter), getreue Umsetzung des Bühnenstücks und mit drei Stunden, die fast nur von live am Set aufgenommenen Gesang erfüllt sind, war der Film ein Wagnis, das sich einzugehen aber wahrlich lohnte.
Sehr weit oben auf meiner Favoritenliste steht allerdings auch die „Much Ado About Nothing“-Verfilmung von Joss Whedon aus dem Jahr 2012. Gehalten in Schwarz-Weiß, hervorragende Besetzung, Original-Dialoge, aber die Story spielt in der heutigen Zeit. Dabei schafft es der Film, modern und zugleich zeitlos zu sein. Hochzeitsfotos und Beweise werden zum Beispiel mit dem Smartphone aufgenommen, doch insgesamt halten sich die modernen Elemente sehr in Grenzen und sind sehr dezent eingesetzt, sodass es nie aufgesetzt wirkt.
- Schlechteste Adaption
Bisher habe ich keine Klassikerverfilmung gesehen, die ich richtig grauenvoll fand. Allerdings konnte mich bislang noch keine Verfilmung von Tolstois „Anna Karenina“ überzeugen, da in jeder Adaption einfach zu viele wichtige Bestandteile des Buches rausgestrichen wurden (die Geschichte von Kitty und Lewin wurde in manchen Verfilmungen beispielsweise gar nicht aufgegriffen).
- Lieblingsausgaben, die du sammeln willst
Da gäbe es einige! Grundsätzlich bin ich ein Penguin-Fan und der Verlag bietet gleich mehrere Sammlereditionen an, die mir gefallen, wie zum Beispiel die Clothbound Classics, aus der auch mein Exemplar von „Les Misérables“ stammt. Abgesehen davon mag ich die ledergebundenen Barnes&Noble Collectible Editions (die in vielen Fällen leider schon vergriffen sind). Innerhalb der deutschen Verlagsszene finde ich die Ausgaben von Fischer Klassik sehr gelungen.
- Ein zu wenig bekannter Klassiker, den du allen empfiehlst
Da ich mich aus den in Punkt 4 genannten Gründen erst noch durch so manchen bekannten Klassiker wälzen muss, bin ich bisher noch über keinen wenig bekannten Klassiker gestolpert. Grundsätzlich habe ich jedoch den Eindruck, dass gerade Klassiker französischer Autoren und Kinderbuchklassiker aus dem englischsprachigen Raum in Deutschland zwar durch Verfilmungen etc. bekannt sind, aber nur selten auch gelesen werden – so zum Beispiel „Der Wind in den Weiden“.
Welche Klassiker haben bei euch einen besonderen Platz im Leserherz und im Regal? Welche werden überbewertet? Habt ihr einen Geheimtipp?
Das ist ein schöner Tag, der wird geklaut. :D
Bücher aus dem 19. Jahrhundert lese ich auch ziemlich gerne. Edgar Allan Poe… hach :)
Übrigens habe ich gar nichts von Dickens in deinem Eintrag gelesen, also würde ich ihn dir sehr gerne nahe legen. :)
Klauen ist in dem Fall nicht nur erlaubt, sondern auch ausdrücklich gewünscht :D
Von Dickens habe ich bisher nur die Weihnachtserzählungen gelesen. Die waren nett, aber nicht atemberaubend. Auf dem SUB liegt allerdings noch „A Tale of Two Cities“ – mal schauen, ob ich mich nach der Lektüre der allgemeinen Begeisterung für Dickens anschließe. Danke für die Erinnerung – ich hatte das Buch nämlich schon wieder völlig vergessen… Welches ist deine Lieblingsgeschichte von Dickens?
„A Tale of Two Cities“ ist im englischen Original ganz schön schwierig zu lesen, weil es viel anders als seine anderen Werke ist. Aber ich liebe den ersten Satz.
It was the best of times, it was the worst of times, it was the age of wisdom, it was the age of foolishness, it was the epoch of belief, it was the epoch of incredulity, it was the season of Light, it was the season of Darkness, it was the spring of hope, it was the winter of despair, we had everything before us, we had nothing before us, we were all going direct to Heaven, we were all going direct the other way – in short, the period was so far like the present period, that some of its noisiest authorities insisted on its being received, for good or for evil, in the superlative degree of comparison only.
Ich mag am liebsten „Große Erwartungen“, die Charaktere sind da einfach herzallerliebst. :D
Da täuschte mich der erste Eindruck also nicht (sowohl hinsichtlich des ersten Satzes als auch des Lesens auf Englisch). Ich hatte „A Tale… “ vor Jahren einmal als Gratis-E-Book begonnen – wie du fand ich den ersten Satz grandios, hatte aber beim Weiterlesen das Gefühl, nur die Hälfte wirklich aufzunehmen. Daher brach ich das Buch ab. Irgendwann entdeckte ich jedoch eine Ausgabe mit Goldschnitt und konnte einfach nicht widerstehen. ;) Nach deiner Aussage bin ich nun gespannt, ob ich zur englischen Ausgabe überhaupt einen Zugang finde… Auf jeden Fall weiß ich, dass ich erst zu dem Buch greifen werde, wenn ich einen wirklich freien Kopf habe.
Und wer weiß – vielleicht lese ich vorher sogar noch „Große Erwartungen“?! ;)
Also – ich weiss nicht, ob es an mir liegt, aber ich finde „Der Fänger im Roggen“ – selbst wenn es kein „Klassiker“ im Sinne von älterer Literatur ist, für mich ziemlich überbewertet. Vielleicht bin ich auch nicht genug Zielgruppe des Romans oder hatte einfach ein schlechtes Timing…
Da liegt ja auch viel dran – an der Frage, wann und wie man ein bestimmtes Buch zu lesen beginnt.
Empfehlen kann ich „Sturmhöhe“ von Emily Bronte und „Verstand und Gefühl“ von Jane Austen.
Zum Fänger im Roggen habe ich seit deinem Artikel damals etliche unterschiedliche Meinungen gehört – da stehst du also nicht allein mit deiner Enttäuschung da. Ich hab es noch nicht gelesen – immer wenn ich es in der Buchhandlung seh, denk ich an deinen Lesefrust zurück und lass es liegen ;)
WANN man ein Buch liest, spielt wirklich eine große Rolle. Manchmal bin ich froh, dass wir in der Schule etliche Klassiker nicht gelesen haben und ich diese nun als Erwachsene entdecken kann – als Jugendliche und mit dem Wissen, dass es Schullektüre ist, hätte ich so manchen Klassiker wohl nicht zu schätzen gewusst. Vielleicht ergibt sich bei dir ja irgendwann noch einmal die Möglichkeit, den Fänger im Roggen neu zu beginnen und doch Gefallen daran zu finden – vielleicht braucht es bei dir wirklich nur einen anderen Zeitpunkt?!
Gefällt mir, daß du dich auch der Fragen angenommen hast :-)
Interessant, bei mir ist es mit Goethe und Schiller andersherum – ich bin nicht direkt ein Goethe-Fan, aber gerade Faust I + II liebe ich. An Goethe schätze ich außerdem die Bandbreite, während Schiller für mich den jugendlichen Sturm und Drang nie so recht überwunden hat.
Beim „Great Gatsby“ verstehe ich dich aber, ich war auch ein bißchen enttäuscht.
Ich stelle mir jetzt gerade „Moby Dick“ als Schullektüre vor – die Schüler würden sich bedanken ^^ Ich habe aber auch noch vor, es zu lesen…
Hallo liebe Kiya!
Lustig, dass es dir mit Goethe und Schiller genau andersrum erging. Ich mag Schiller gerade wegen dieser rebellischen Ader. Goethe war mir oft zu abschweifend und ausladend. Aber vielleicht liegt meine Antipathie auch wirklich nur darin begründet, dass Goethe in unserem Unterricht so dauerpräsent war – ab der 9. Klasse war ich da einfach vollkommen übersättigt.
Ich freu mich aber, endlich unter den Bloggern jemanden gefunden zu haben, der die Euphorie gegenüber „The Great Gatsby“ ebenso wenig nachvollziehen kann wie ich. Ich las überall sonst nur begeisterte Stimmen und viele Blogger, deren Büchergeschmack ich sonst teile, rieten mir zu Gatsby – daher war ich dann über das Buch ein wenig frustriert ;)
„Moby Dick“ als Schullektüre … ja, das wäre sicher für so manchen Schüler eine riesige Qual. Andererseits gibt es aber viele gekürzte Ausgaben und auch spezielle Versionen für Kinder/Jugendliche, bei denen ich mir den Einsatz im Unterricht durchaus vorstellen kann (zumindest vom Seitenumfang her – zur inhaltlichen Qualität kann ich nichts sagen).
Viele Grüße und ein schönes Wochenende wünscht dir
Kathrin